Am 22. Juli 1993 wurden vom damaligen Passauer Bischof Franz Eder in feierlichen Aussendungsfeiern in der Wallfahrtskirche Gartlberg und zwei Tage später in Untergriesbach die ersten 69 Wortgottesdienstleiterinnen und ‑leiter offiziell mit ihrem Dienst beauftragt. „Diese Frauen und Männer (…) bringen die Urberufung des Christen zum Klingen, in jeder Weise auf Gott zu hören und sie führen zum Dank und Lobpreis Gottes“, äußerte der damalige Bischof Franz Eder gegenüber dem Bistumsblatt vom 1. August 1993.
Die Einführung von Wortgottesdienstleitern war eine Reaktion auf die veränderten pastoralen Anforderungen und den zunehmenden Priestermangel im Bistum. „Nie darf die fehlende Eucharistiefeier Anlass dafür sein, dass eine Gemeinde sich nicht zusammenfände“, betonte der damalige Bischof. Der neu eingerichtete Dienst sollte ein Weg sein, die Gemeinde zusammenzuführen, um das Wort Gottes zu hören, es kennen und schätzen zu lernen. Diese habe durch das zweite Vatikanische Konzil eine neue Blüte erfahren.
Einer der Beauftragten ist der heute 69-jähige Hans Pammersperger aus Unterzeitlarn. Er erinnert sich gerne noch an seine Aussendung vor 30 Jahren in der bis auf den letzten Platz gefüllten Gartlbergkirche zurück: „Als erste Generation von Wortgottesdienstleiten ausgesandt zu werden, war doch ein mulmiges Gefühl. Man wusste ja gar nicht, was da auf einen zukommt und wie man in der Gemeinde ankommt.“ Der Tag selbst sei ein großes Ereignis gewesen, berichtet Pammersperger: „Natürlich war auch eine Freude und ein gewisser Stolz vorhanden, bei den ersten, die ja doch mit fast 50 Personen eine große Gemeinschaft waren, dabei zu sein. Auch die Aussendung jedes einzelnen Teilnehmers durch Bischof Eder persönlich hat uns schon sehr gefreut.“
Die Wortgottesdienstleiterinnen und ‑leiter erhielten eine umfassende Ausbildung und wurden ein Jahr auf ihre neue Rolle vorbereitet. Dies half ihnen, Sicherheit für die kommende Aufgabe zu gewinnen, berichtet Pammersperger: „Da wir eine sehr gute Ausbildung durch Domkapitular Max Huber, Pfarrer Hauner, damals Johanniskirchen, und Pfarrer Werndle, damals Münchsdorf, genossen haben, war doch eine gewisse Sicherheit vorhanden.“ Seitdem haben einige eine Vielzahl von Aufgaben in ihren jeweiligen Gemeinden übernommen, wie die Leitung von Wortgottesdiensten, das Vorbereiten von Gläubigen auf die Sakramente und die Unterstützung in der Katechese.
Der Passauer Domdekan Dr. Hans Bauernfeind, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge und Evangelisierung, betont: „Viele Männer und Frauen leisten in unserem Bistum eine wertvolle Arbeit. Besonders in den Krankenhäusern, Altenheimen und bei vielen anderen Gelegenheiten sind bei uns seit Jahren die Wortgottesdienstfeiern etabliert. Wir sind sehr dankbar für diesen Dienst.“
Hans Pammersperger selbst blickt stolz auf die letzten drei Jahrzehnte zurück: „Wortgottesdienstleiter zu sein bedeutet für mich konkret, den Glauben in unserer Expositur zu stärken und Wortgottesdienste so zu gestalten, dass diese auch die Gottesdienstbesucher ansprechen und von diesen positiv aufgenommen werden. Ich sehe es schon als Pflicht eines katholischen Christen an, sein Möglichstes in der Gemeinde zu tun und nicht den Pfarrer oder die sonstigen Hauptamtlichen allein zu lassen.“ Seine Tätigkeit als Wortgottesdienstleiter mache er nach wie vor sehr gerne. Sehr gefreut habe er sich, dass seine Expositur seit vorigem Jahr wieder eine Verstärkung erhalten habe. „Man wird ja auch älter“, fügt Hans Pammersperger hinzu.
„Ein Zerstreuen der örtlichen Kirchengemeinde muss gebremst werden”
Die Einführung der Wortgottesdienstleiter vor 30 Jahren hat das Gesicht der pastoralen Arbeit im Bistum Passau bereichert. Auch wenn der Weg nicht immer einfach war, ist für Pammersperger die damalige Grundlage für die Einführung der Wortgottesdienste wichtig: „Wortgottesdienstleiter wurden ausgebildet, damit bei dem damals schon absehbaren Priestermangel sich die Gemeinde am Sonntag trotzdem versammelt und nicht auseinanderbricht. Dies empfinde ich nach wie vor als äußerst wichtig, wenn auch die Besucherzahl sowohl bei Eucharistiefeiern wie auch Wortgottesdiensten zurückgeht. Ein Zerstreuen der örtlichen Kirchengemeinde muss, soweit möglich, gebremst werden. Wenn es nicht möglich ist, eine Eucharistiefeier zu halten, ist für mich der Wortgottesdienst unverzichtbar.“
Die Eucharistiefeier ist „Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens“ und wichtig für alle Katholikinnen und Katholiken. Dies zu erfahren, wird in unserer Zeit immer schwieriger. Das sieht auch Hans Bauernfeind so: „Wir stehen vor großen Herausforderungen in den kommenden Jahren. Die Gesellschaft verändert sich und eine kirchliche Sozialisation ist nicht mehr selbstverständlich. Daher sehe ich in den Wortgottesdiensten eine Chance, dem Wort Gottes als Wegweisung für die Kirche neue Räume der Begegnung zu erschließen.“ So könne es eine Hilfe im persönlichen Glaubensweg sein: „Wir denken bei Wortgottesdiensten oft an einen Ersatz für die Sonntagsmesse. Doch vielleicht können gerade Wortgottesdienste, die unter der Woche stattfinden, den Gläubigen helfen, sich persönlich mit ihrem Glauben auseinander zu setzen und ihnen mehr und mehr helfen, das Geheimnis des Glaubens zu erfassen, was wie von selbst zur Mitfeier der Messe führen kann.“
Susanne Schmidt