Glaube und Gemeinschaft

Ein Fest aus den Zeiten der Pest

Redaktion am 13.01.2025

2025 01 13 pb alb sebastianibruderschaft1 Foto: Steffi Waas
Zu Ehren des Pestheiligen: Mitglieder der Sebastiani-Bruderschaft Burghausen, darunter Hauptorganisator Bernhard Waas (vorne rechts) mit einer Tragefigur des heiligen Sebastian während der Kirchenprozession am Hauptfest 2024.

Die Sebastiani-Bruderschaft Burghausen feiert am 19. Januar ihr 425. Hauptfest.

Die Anfän­ge der Gemein­schaft zu Ehren des hei­li­gen Sebas­ti­an rei­chen aller­dings in Burg­hau­sen viel wei­ter zurück als 1600. Bereits im Jahr 1466 wird die Sebas­tia­ni­bru­der­schafts-Kapel­le an der St. Jakobs-Pfarr­kir­che ein­ge­weiht. Die Bru­der­schaft bestand ursprüng­lich aus den Zünf­ten der Schrei­ner, Schlos­ser, Bin­der, Drechs­ler und Sieb­ler; sie betei­lig­te sich 1512 an den Kos­ten für die Wei­he der Pfarr- und der Spi­tal­kir­che. Für das Jahr 1601 ist eine Bru­der­schafts-Ord­nung über­lie­fert. Neben den zunft­mä­ßi­gen gab es damals schon wei­te­re in- und aus­län­di­sche Mitglieder. 

Es folg­te aller­dings bald danach ein gewis­ser Nie­der­gang; 1638 wur­de eine neue Ord­nung ver­fasst, da die alte in Unord­nung khom­men‘ und die Mit­glie­der nicht mehr zu den Got­tes­diens­ten, Kar­frei­tags- und Cor­po­ris-Chris­ti-Pro­zes­sio­nen und Begräb­nis­sen erschie­nen oder Buben als Stell­ver­tre­ter schick­ten“, wie das Bru­der­schafts­buch aus dem 18. Jahr­hun­dert berichtet.

2025 01 13 pb alb sebastianialtar Foto: Bernhard Waas
Zeuge einer langen Tradition: Die Figur des hl. Sebastian von Johann Georg Lindt (1759) in der Burghauser Pfarrkirche St. Jakob.

Das Wie­der­auf­le­ben der Pest nach dem Ende des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges 1648 führ­te aber zur Neu­erste­hung der Bru­der­schaft – im Pest­jahr 1649“ wur­den nicht nur die Kapu­zi­ner zur Pfle­ge der Kran­ken in die Stadt beru­fen, son­dern auch die Sebas­tia­ni-Pro­zes­si­on ein­ge­führt. 1759 dann wird in der Sebas­tia­ni-Kapel­le an der Jakobs­kir­che ein neu­er Altar errich­tet mit einer Figur des hl. Sebas­ti­an; die­se Plas­tik des Burg­hau­ser Bild­hau­ers Johann Georg Lindt ziert noch heu­te den rech­ten Sei­ten­al­tar von St. Jakob und ist das ein­zig ver­blie­be­ne Werk aus der ursprüng­li­chen Stadtpfarrkirche. 

Für das 19. Jahr­hun­dert berich­tet der Chro­nist vom regel­mä­ßi­gen Abhal­ten des Titu­lar­fes­tes am Sonn­tag vor dem Namens­tag des Hei­li­gen (20. Janu­ar) mit Ves­per, Beich­te, Hoch­amt, Rosen­kranz sowie gro­ßer Pro­zes­si­on und Reli­qui­en­ver­eh­rung. Im Grun­de läuft es noch heu­te so, aller­dings ohne die Ves­per am Vor­abend und ohne die Pro­zes­si­on auf dem Stadtplatz.

Zu letz­te­rer berich­ten die von Bern­hard Waas zusam­men­ge­tra­ge­nen alten Auf­zeich­nun­gen wie folgt:

Nach­mit­tags ca. gegen 13.30÷14 Uhr fei­er­li­che Pro­zes­si­on auf dem Stadt­platz, bei wel­cher nach den 4 Him­mels­ge­gen­den mit dem Aller­hei­ligs­ten der Segen gege­ben wird. (In der Mit­te des Stadt­plat­zes gegen Wes­ten; wo sich die Pro­zes­si­on wen­det gegen die St. Josephs­kir­che; bei dem Gäß­chen nach Öster­reich gegen Osten; am obe­ren Brun­nen gegen Süden.); wie­der Ein­zug in die Kir­che; fei­er­li­che Ves­per; Rosen­kranz; sodann wird die Reli­quie des hl. Sebas­ti­an den Ver­eh­rern, wel­che am Speis­git­ter knien, zum Kuße gereicht.“

Waas, der sich heu­te feder­füh­rend um die Bru­der­schaft küm­mert – eine fes­te Orga­ni­sa­ti­ons­form gibt es nicht mehr – erscheint eine sol­che öffent­li­che Pro­zes­si­on nicht mehr zeit­ge­mäß, zumal die Sebas­tia­ni-Gemein­schaft der­zeit nur noch 46 Mit­glie­der umfasst (in der ers­ten Hälf­te des 18. Jahr­hun­derts sind noch jähr­lich etwa 15 Neu­auf­nah­men ver­zeich­net). Eine klei­ne Pro­zes­si­on immer­hin führt aber durch die Gän­ge der Pfarrkirche.

Hei­li­ger Sebas­ti­an, Patron unse­rer Bru­der­schaft, durch dein muti­ges Ein­tre­ten hast du ein Bei­spiel für dei­nen gro­ßen und star­ken Glau­ben gege­ben. Sei du auch wei­ter­hin unser Für­spre­cher in unse­ren Anlie­gen. Bewah­re uns auch wei­ter­hin vor unheil­ba­rer Krank­heit. Schen­ke uns auch wei­ter­hin Schutz und Hil­fe für eine gute Ster­be­stun­de und unter­stüt­ze uns im Ein­ste­hen für unse­ren Glau­ben. Amen.”

Gebet zum heiligen Sebastian – Aus einem Flyer, herausgegeben von der Sebastiani-Bruderschaft Burghausen am Fest des heiligen Sebastian, 20. Januar 2013.

Der Auf­nah­me­zet­tel aus einem Anfang des 20. Jahr­hun­derts aus­ge­stell­ten Mit­glieds­buchs hielt den Zweck der Bru­der­schaft fest: Abwen­dung von gefähr­li­cher Krank­heit und eines unvor­her­ge­se­he­nen Todes. Dazu möge jedes Mit­glied wöchent­lich einer hl. Mes­se bei­woh­nen, 7 Vater unser, Gegrü­ßet und Glau­be an Gott beten.“ Auch wenn es heu­te kei­ne fes­ten oder schrift­lich fixier­ten Regu­la­ri­en mehr gibt, ist der Kern­ge­dan­ke für Bern­hard Waas heu­te so aktu­ell wie damals: Das Gebet um eine gute Ster­be­stun­de. Und“, ergänzt der Kir­chen­pfle­ger von St. Jakob, wir ver­su­chen uns wei­ter gegen­sei­tig umein­an­der zu küm­mern, aber durch Spen­den auch ande­ren vor Ort Gutes zu tun“. Dass das noch lan­ge mög­lich sein wird, indem sich viel­leicht neue Mit­glie­der für die Sebas­tia­ni-Bru­der­schaft begeis­tern kön­nen, erhofft sich der ehren­amt­lich viel­fäl­tig Enga­gier­te – und natür­lich ein gelun­ge­nes Haupt­fest am 19. Janu­ar mit vie­len Besu­chern des Fest­got­tes­diens­tes um 9 Uhr in der Jakobs­kir­che. Zur Fei­er des 425-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums wird übri­gens die oben erwähn­te Sebas­tia­ni-Figur nach gründ­li­cher Rei­ni­gung in neu­em Glanz erstrahlen.

Wolfgang Terhoerst

Wolfgang Terhörst

Redaktionsleiter

Festablauf

Sonn­tag, 19. Janu­ar 2025, St. Jakob Burg­hau­sen: 8.30 Uhr Beicht­ge­le­gen­heit, 9 Uhr Fest­got­tes­dienst unter der Lei­tung von Msgr. Josef Fischer mit musi­ka­li­scher Gestal­tung durch den Kir­chen­chor St. Jakob (hl. Amt für die leben­den und ver­stor­be­nen Mit­glie­der der Bru­der­schaft und anschlie­ßen­de Andacht mit Reli­qui­en­ver­eh­rung und Neu­auf­nah­me. Mög­lich­keit zum Sebas­tia­ni-Opfer). Abschlie­ßend gemüt­li­ches Bei­sam­men­sein im Hotel Baye­ri­scher Hof am Stadtplatz.

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