Simon Konrad Landersdorfer war von 1936 bis 1968 der 81. Bischof von Passau. Unterstützt von Generalvikar Franz Seraph Riemer steuerte er das Bistum durch die Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit. Vor anderen Bischöfen förderte er die liturgische Erneuerung, die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils betrachtete Landersdorfer als Krönung seines Lebenswerks. Zum 50. Todestag (21. Juli) blicken Archivdirektorin Prof. Dr. Hannelore Putz und Seelsorgeamtsleiter Domdekan Dr. Hans Bauernfeind auf Leben und Werk des Benediktiners.
Am 3. September 1939 notierte Bischof Simon Konrad Landersdorfer in sein Tagebuch: „Gotte rette uns! […] Seit heute 11 Uhr mittags stehen wir mit England im Krieg. Damit beginnt der neue Weltkrieg sich zu entwickeln.“
Der Passauer Bischof kannte den Krieg. Er war knapp 34 Jahre alt gewesen, als 1914 der Erste Weltkrieg begonnen hatte und gehörte damit zu jener Generation von Deutschen, die nun schon zum zweiten Mal im Krieg standen. Doch auch wenn die Not, die Trauer und der große Schmerz, den die Menschen aushalten mussten, aus diesem ersten großen Krieg des 20. Jahrhunderts bekannt gewesen sind, so war es doch unvorstellbar, wie grausam Menschen in diesem Zweiten Weltkrieg verfolgt, misshandelt und getötet wurden.
„Gotte rette uns! […] Seit heute 11 Uhr mittags stehen wir mit England im Krieg. Damit beginnt der neue Weltkrieg sich zu entwickeln.”
Der 1922 zum Abt des Benediktiner-klosters Scheyern gewählte Pater Simon Landersdorfer war, wie so viele Deutsche, von der Niederlage im Ersten Weltkrieg und den folgenden Jahren der Revolution, den wirtschaftlichen Krisen und schließlich der sich nur langsam stabilisierenden Weimarer Republik sehr geprägt worden. Er dachte national und war doch zutiefst Gegner des Nationalsozialismus, auch wenn er, ebenfalls wie so viele, im Sowjet-Kommunismus zunächst die größere Gefahr zu erkennen glaubte.
Als der Zweite Weltkrieg begann, war Landersdorfer bereits seit drei Jahren Bischof von Passau. Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus hatte vom ersten Tag an sein Wirken in Passau bestimmt. Die Partei griff mit jedem Jahr mehr auf die Jugend, auf die jungen Erwachsenen, auf die Familien zu – kurz: auf die Katholikinnen und Katholiken seines Bistums.
Diejenigen, die treu zur Kirche standen, wurden systematisch benachteiligt und Priester immer häufiger verbal und tätlich angegriffen. Fehlverhalten von Geistlichen wurde medial ausgeschlachtet, die vielen aufrechten Priester mit immer neuen Schmutzkampagnen überzogen. Die Luft für die Kirche wurde spürbar dünner und mit jedem Jahr die Bedrohung größer; jeder Akt öffentlicher Auflehnung hatte immer härtere Repressionen des Regimes zur Folge. Nichtsdestoweniger verlas Bischof Simon Konrad am Palmsonntag 1937 selbst die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ und verfasste 1941 ein Hirtenwort gegen die Euthanasie. Von allen Kanzeln der Kirchen im Bistum herab geißelte er die Euthanasie unumwunden als Mord. Priester des Bistums wurden verhaftet, ins KZ gebracht. Der Tod des Landauer Stadtpfarrers Johann Baptist Huber 1942, der im KZ Dachau interniert gewesen war, ragt hier sicherlich in besonderer Weise hervor. Von den knapp 800 Priestern der Diözese wurden etwa 250 bedrängt und verfolgt. Nur ganz wenige sympathisierten mit dem Nationalsozialismus oder traten Parteigliederungen bei. 1945 endete mit der bedingungslosen Kapitulation auch die nationalsozialistische Herrschaft, Deutschland wurde besetzt und hörte auf, souveräner Staat zu sein.
Bischof Simon Konrad war es in nationalsozialistischer Zeit nicht nur gelungen, den institutionellen Bestand der Kirche zu wahren. Vielmehr waren aus der Bedrohung neue, richtungsweisende Wege entstanden: das Bischöfliche Jugendamt mit einer ganz bewusst dezentral organisierten Jugendseelsorge beispielsweise.
„Und doch, meine lieben Freunde, es ist nicht so, daß ich zittere, daß ich fürchte für die Kirche Gottes, für ihren Bestand, für ihre Existenz … Ein gesunder Optimismus ist ein wesentlicher Bestandteil für eine echt christliche Haltung, die felsenfest und unerschütterlich vertraut auf die Verheißung des Herrn, daß die Pforten der Hölle seine Kirche nicht überwältigen werden.”
Nach den Jahren der Verfolgung gestaltete die Kirche die Nachkriegszeit mit, sie unterstützte die gesellschaftlichen Kräfte, demokratische und stabile Strukturen zu etablieren. Die Erfolgsgeschichte der jungen Bundesrepublik, das Wirtschaftswunder und das Zweite Vatikanum mit der von Bischof Simon Konrad Landersdorfer maßgeblich mitgestalteten Liturgischen Konstitution stimmten den Passauer Bischof am Ende seines Lebens für die Zukunft sehr zuversichtlich. In seiner Predigt zum 90. Geburtstag 1970 appellierte der damals seit zwei Jahren emeritierte Bischof an die Gläubigen: „Und doch, meine lieben Freunde, es ist nicht so, daß ich zittere, daß ich fürchte für die Kirche Gottes, für ihren Bestand, für ihre Existenz … Ein gesunder Optimismus ist ein wesentlicher Bestandteil für eine echt christliche Haltung, die felsenfest und unerschütterlich vertraut auf die Verheißung des Herrn, daß die Pforten der Hölle seine Kirche nicht überwältigen werden.“
Prof. Dr. Hannelore Putz
Archivdirektorin