Das Altöttinger Marienwerk, 1946 gegründet, ist eine Gemeinschaft, die der Verehrung der Muttergottes dient und die Wallfahrt zu ihrem Heiligtum fördert. Rund 50.000 Mitglieder sind zu betreuen – auch in der Zeit von Corona bedeutete das reichlich Arbeit. An anderer Stelle aber blieb es zuletzt ruhig: Wie alle Museen landauf, landab litt auch die Dioramenschau, die im Gebäude des Marienwerks untergebracht ist, unter der Pandemie.
Damit es künftig umso besser läuft, haben die Verantwortlichen um Vorsitzenden Msgr. Josef Fischer und Geschäftsführer Josef Herrmann dafür gesorgt, dass aufgerüstet werden kann. Das Marienwerk klinkte sich in das Bundesförderprogramm „Neustart Kultur“, das eine Förderung von 90 Prozent gewährt, ein. Konkret wurden drei Vorhaben, deren Erledigung ohnehin anstand, umgesetzt: Der Eingangsbereich wurde einladend und offen gestaltet; Zutritt hat man nun, ohne vorher klingeln zu müssen. Zudem wurde das marode WC im Untergeschoss grundlegend erneuert. Der Hauptpunkt aber war ein anderer: Ein Audioguide für die Dioramenschau wurde erstellt.
Die Initiative ging von Josef Herrmann aus. Zusammen mit Jörg Zellner, dem Sohn des Erbauers des Dioramas, und dessen Frau Christine Meinecke sowie zahlreichen weiteren Helfern, darunter auch Probehörer und Probeleser, wurde das Projekt umgesetzt und von einer Fachfirma aus München, deren Angebot bei der Ausschreibung den Zuschlag erhielt, produziert. Inzwischen hat der Audioguide den Praxistest bestanden – und zwar in beiden Versionen. Die mit knapp 30 Minuten etwas längere, die sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch verfügbar ist, richtet sich an Erwachsene, die etwas kürzere und einfachere an Kinder. Hörgeschädigte können die Texte mitlesen.
Geräte, auf denen man den Audioguide abspielen kann, sind am Empfang zu haben. Zehn Stück sind dort vorrätig. Dass diese alle benötigt werden, steht indes nicht zu erwarten, denn abrufbar ist der Audioguide auch auf eine viel herkömmlichere Art: über Smartphones.
Besucher können sich nun dank des Guides auch mit einer akustischen Anleitung auf den Weg durch die Schau, die an sich auf die Optik setzt, machen. „Ein völlig neues Erleben der dreidimensionalen LED-beleuchteten Schaukästen ist nun möglich“, sagt Geschäftsführer Herrmann.
Die zentrale Rolle spielt beim Guide zwar die Beschreibung der Szenen, die in den Dioramen dargestellt sind, samt den geschichtlichen Begebenheiten und Hintergründen, die Information reicht aber weit darüber hinaus. Ergänzend gibt es beispielsweise Auskunft über Entstehung und Bauweise der Dioramen. Und Anekdoten werden ebenfalls vermittelt – das alles begleitet von Musik und Soundeffekten, was die akustische Führung auflockert.
Allein mit der Schau hat es nicht sein Bewenden. Zusätzlich wurden zwei Stationen geschaffen. Die eine, welche die Entstehung der Hand modellierten Figuren beschreibt sowie die Schöpfer der Schau vorstellt, passiert man vor dem Betreten der Schau; an der anderen, die das in der Dioramenschau dargestellte Geschehen in die Zeitachse einordnet, kommt man vorbei, wenn man die Schau verlässt.
Und noch viele andere Fragen werden beantwortet: Was hat es mit dem Gnadenbildkuss auf sich? Was mit dem Silberprinzen? Und was mit der Stürmerin, wie die große Glocke heißt, die in der Vorhalle der Stiftspfarrkirche steht? Warum gibt es einen Nachtwächter in der Gnadenkapelle? Und warum ist die Altöttinger Muttergottes eine Schwarze Madonna?
Auch wenn der Audioguide schon im Einsatz ist – offiziell präsentiert worden ist er noch nicht. Das soll aber auf jeden Fall noch nachgeholt werden, wie Josef Herrmann sagt.
Text: Stephan Hölzlwimmer
Einzigartige Kunstwerke: Dioramen und Marienfilme – Als „Heimatschatz Bayern“ gewürdigt
In insgesamt 22 komplexen, raffiniert ausgeleuchteten Raumbildern verschmelzen mehr als 5000 zum Teil von Hand modellierte Figuren, Gebäudemodelle, plastisch gestaltete Landschaften und Malereien zu lebendigen Einheiten und stellen so historische Ereignisse aus der 500-jährigen Altöttinger Wallfahrtsgeschichte dar. Geschaffen haben die Dioramenschau der Maler und Bildhauer Reinhold Zellner mit seiner Frau Dora, der akademische Kunstmaler Hans List und Handwerker Josef Schacherbauer in den Jahren 1957 bis 1959.
Seit dem Jahr 2018 beherbergt das Altöttinger Marienwerk auch einen der „100 Heimatschätze Bayerns“: Der historische Marienfilm mit dem ersten Altöttinger Wunder aus dem Jahr 1489 als Hauptszene erhielt diese Auszeichnung durch den Freistaat Bayern. Dieser Schwarz-Weiß-Film wurde im Jahr 1950 gedreht und ist eine absolute Rarität im deutschen Filmwesen. Regie und Produktion übernahm Anton Kutter, einer der renommiertesten deutschen Filmpioniere vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Ergänzt wird das Filmangebot mit einem weiteren historischen Spielfilm aus dem Jahr 1977 (in Farbe) mit den Ursprüngen der Wallfahrt nach Altötting und dem zweiten Marienwunder, das sich ebenfalls im Jahr 1489 zugetragen hat. Ein Film über das Leben und Wirken des Hl. Bruder Konrad sowie eine spezielle Verfilmung der Dioramenschau Altötting aus dem Jahr 2019 bereichern darüber hinaus das Angebot. Die Filme werden im Filmsaal des Marienwerks gezeigt.