So eine Bundestagswahl im Winter hat doch auch was. Der Merz … Verzeihung … der März ist da: endlich Frühling! In der Natur merkt man es längst. Die ersten Leberblümchen sprenkelten schon vor Wochen bunte Farbtupfer zwischen dürres Gras, die Krokusse und Schneeglöckchen blühen bereits, der Bärlauch sprießt. Und auch die Pollen von Erle und Hasel werden schon von sanften Winden in die Nasen und Augen allergiegeplagter Mitmenschen geweht. Alles viel zu früh eigentlich – Klimawandel in Politik und Umwelt.
Und doch: Die wärmende Sonne, die erwachende Natur, sie tun uns Menschen gut. Frische Luft schnappen macht nun viel mehr Spaß als im graukalten Winterwetter, die Vitamin-D-Depots werden langsam wieder aufgefüllt, die Laune steigt, die Tatkraft folgt. Hoffentlich auch bei den Politikern, denn die Herausforderungen unserer Zeit bergen genug Verdruss.
Eben weil die Herausforderungen so gewaltig sind, ist es bei allem notwendigen Tatendrang klug, vor jeder Entscheidung noch mal etwas in sich zu gehen. Erst recht, wenn es um weitreichende Beschlüsse und Weichenstellungen geht, die unser ganzes Land betreffen. Aber ein kurzes Innehalten vor der nächsten Lebensentscheidung oder auch nur vor einer unbedachten Mitteilung in den Online-Medien schadet niemandem. Es bewahrt vor mancher Dummheit und dient dem sozialen Frieden.
Hier bietet uns die Kirche ein vorzügliches Instrument an: die Fastenzeit. Wir müssen ja nicht gleich für 40 Tage in die Wüste gehen wie Jesus, nach dessen Vorbild sich dann der Zeitraum der Vorbereitung auf das Osterfest bestimmte. Obwohl … ein wenig ist es vielleicht doch so – denn lauert nicht in den meisten von uns eine innere Wüste, in der wir uns erst einmal wieder zurechtfinden müssen: Was ist uns eigentlich wirklich wichtig im Leben? Was gibt uns Orientierung? Woran glauben wir?

„Des braucht’s wirklich! Hoffnung – Macht – Zuversicht?“ Unter diesem Motto steht die diesjährige Klimafastenaktion, die von Aschermittwoch bis Ostersonntag läuft mit dem Ziel, ein aktives Zeichen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu setzen.
Wenn uns dabei ein wenig Verzicht auf die Sprünge hilft, umso besser – sei es für unsere Gesundheit, unser Wunschgewicht oder sogar das Klima. Das geht allein in aller Stille genauso wie gemeinsam mit anderen. Im Bistum Passau beispielsweise gibt es seit 2017 die „Klimafastenaktion“, bei der die Organisatoren mit zahlreichen Aktionen bis Ostersonntag ein aktives Zeichen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz setzen wollen. Mitmachen kann jeder (siehe Link oben). Dabei können wir sogar das Fundament stärken, auf dem wir stehen: unseren Glauben.
Das kann viel Freude bereiten, ganz ohne schlechtes Gewissen. Schließlich heißt der vierte Fastensonntag – heuer der 30. März – auch „Freudensonntag“ (Lätare = freue dich). Denn mit jedem Tag der Fastenzeit rückt das Osterfest näher, das uns Christen Erlösung und Neubeginn verspricht: Die Liebe Gottes ist stärker als der Tod. Und so passen der Frühling mit seiner lustvollen Aufbruchsstimmung und die Fastenzeit mit ihrer asketischen Innerlichkeit ganz wunderbar zusammen.

Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter