Mariakirchen. Den Dom des Kollbachtals, wie die Einheimischen stolz ihr reich ausstaffiertes und überraschend geräumiges Rokoko-Gotteshaus nennen, zieren neuerdings Aufkleber an den Kirchenbänken, um – in Verbindung mit originellen Sinnsprüchen – auf die Abstandsregeln hinzuweisen. „Beten – mit Abstand die beste Lösung“ ist auf einem der „Papperl“ zu lesen.
Im Glauben, die im Frühjahr verhängten Einschränkungen als Folge der Virus-Pandemie wären nur von kurzer Dauer, hatten die beiden Mesnerinnen Sieglinde Salzberger und Marianne Hartl, Haushälterin des in Mariakirchen lebenden Ruhestandsgeistlichen Gottfried Werndle, die Sitzordnung zur Verringerung des Infektionsrisikos eher provisorisch mit Abschnitten eines Kreppbandes markiert. Als dann die Nachholung eines wegen Corona verschobenen Requiems mit Gästen von auswärts anstand, machten Bedenken die Runde. „Da müssen wir uns schämen“, beschreibt Sieglinde Salzberger die damalige Stimmungslage. Hinzu kam vor allem bei Kirchenverwaltungsmitglied Christian Schwarz die Angst, der Klebstoff der Krepp-Hinweise lasse sich später nicht mehr rückstandslos vom altehrwürdigen Holz des Gestühls entfernen.
Mit seiner im benachbarten Arnstorf ansässigen Werbefirma konzipierte Schwarz sodann spezielle Aufkleber in Pfeilform, um die mit dem nötigen Abstand zu besetzenden Plätze im Kirchenschiff zu kennzeichnen. Die für ihre Kreativität bekannte Mesnerin, seit nahezu 13 Jahren in Diensten der Pfarrei, ließ sich die Sprüche dafür einfallen. „Wer glaubt, ist nie allein“, nennt Sieglinde Salzberger den ersten Entwurf, dem rasch weitere folgten. „Abstand zum Nächsten, aber dem Herrn ganz nah“ ist auf der Rolle mit den Klebepfeilen ebenso zu lesen wie die Ermunterung zum „Beten Besinnen und Kraft tanken“ oder die Freude über die Anwesenheit Gläubiger, ausgedrückt mit einem „Schee dasd do bist“ im Dialekt. Nicht fehlen darf natürlich der mit am häufigsten geäußerte Wunsch in diesen wirren Corona-Zeiten „Gsund bleim“, hier ebenso in Mundart formuliert.
Im Herbst hat das eifrige Team die Aufkleber an den historischen Kirchenbänken – sie verfügen seit jeher über Platznummern – in dem Bau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts angebracht, der aus Infektionsschutzgründen gegenwärtig nicht beheizt werden darf.
Mit Schmunzeln quittieren die Kirchgänger die Sprüchlein, die den Ernst der durchaus gefährlichen Infektionslage für kurze Augenblicke vergessen lassen und das wohltuende, erwärmende Gefühl vermitteln, in der Kirche und beim Herrn immer willkommen zu sein. Schließlich heißt es auf einem Pfeil:
„Dieser Platz ist für dich”
Alle verbindet zusammen mit Pfarrer Bernhard Saliter freilich die große Hoffnung, dass die geistreich gestalteten Platzanweiser, so schön und originell sie auch sind, schon in wenigen Monaten überflüssig sein werden.
Text und Foto: Bernhard Brunner