Im Jahr 2019 führte Papst Franziskus den „Sonntag des Wortes Gottes“ ein, ebenfalls am letzten Sonntag im Januar. Die Deutsche Bischofskonferenz hat daraufhin beschlossen, beide Initiativen zusammenzufassen und den „Sonntag des Wortes Gottes“ mit dem ökumenischen Bibelsonntag zu verbinden. Das ist in diesem Jahr 2022 zum zweiten Mal der Fall.
Papst Franziskus schreibt in seinem Motu proprio Aperuit illis, dieser Sonntag solle beitragen, den Christen einen tieferen Zugang zur Heiligen Schrift zu eröffnen. Der Titel seines Schreibens, „Aperuit illis“, stammt aus dem lateinischen Text von Lk 24,45, wo es heißt: „Darauf öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften“, auf Lateinisch: Tunc aperuit illis sensum ut intellegerent scripturas.
Der Papst weist auch auf die ökumenische Dimension der Bibel hin, wenn er schreibt: „Die Bibel ist das Buch des Gottesvolkes, das im Hören auf die Schrift aus der Zerstreuung und Spaltung zur Einheit gelangt. Das Wort Gottes vereint die Gläubigen und macht sie zu einem Volk.“
Als Motto für den Gottesdienst am 30. Januar wurde ein Satz aus dem alttestamentlichen Buch Daniel gewählt: „Gepriesen bist du, Gott, der in die Tiefen schaut!“ (Dan 3,54a). Dieser Vers stammt aus dem Lobgesang der drei Jünglinge im Feuerofen. In scheinbar auswegloser Gefahr vertrauen sie auf Rettung durch Gott. „Menschen brauchen Geschichten, besonders auf langen und unabsehbaren Wegen. In diesen Geschichten verändert sich die Perspektive. Gerade in der aktuellen Phase der Pandemie ermutigen mich die Erzählungen und Gebete aus dem Buch Daniel sehr. Sie stiften Hoffnung. Die frühe Kirche sah in der Rettung der jungen Männer einen Verweis auf die Auferstehung. So lese ich das Buch Daniel als Zeugnis dafür, dass wir auch in diesen oft schweren Tagen nicht verlassen sind,“ erläutert Wolfgang Baur, Beauftragter für Ökumene und stellvertretender Direktor im Katholischen Bibelwerk e. V. zum aktuellen Bibelsonntag.
Die Bibel spielt die zentrale Rolle im Leben der Kirche
Wozu aber braucht es überhaupt einen „Sonntag des Wortes Gottes“? Sollte nicht jeder Sonntag ein „Tag des Wortes Gottes“ sein? Im internationalen säkularen Kontext gibt es viele Thementage: der Bildung, der Frauen, der Mathematik, der Poesie, des Wassers, des Jazz, der Flüchtlinge usw. Alle diese Themen spielen eine mehr oder weniger zentrale Rolle im Leben von Menschen. Die Bibel spielt die zentrale Rolle im Leben der Kirche. Daran soll erinnert werden. Ebensowenig wie Geflüchteten geholfen wäre, wenn sie nur einen Gedenktag im Jahr erhielten, wäre der Bibel (und mit ihr den Christen) mit der Ausrufung eines „Bibelsonntags“ geholfen, wenn es dabei bliebe. Der Bibelsonntag 2022 möchte daher ermutigen, öfter wieder hineinzuschauen in die große Erzählung von Gott in der Geschichte Israels und der Kirche. Vielleicht lassen sich ja Spuren ausmachen, die bis in die eigene Gegenwart führen. Das Bibelreferat ist gern zur Unterstützung bereit.
Dr. Andrea Pichlmeier
Leiterin Referat Bibelpastoral und Studienleiterin von "Theologie im Fernkurs" in der Diözese Passau
Materialien und Internet-Tipps
- Der Gottesdienstentwurf zum Bibelsonntag und weitere Materialien stehen auf der Webseite des Katholischen Bibelwerks zum Download zur Verfügung: www.bibelwerk.de/verein/was-wir-bieten/oekumene
- In der Fastenzeit bietet das Referat Sakramentenpastoral in Kooperation mit dem Bibelreferat eine Reihe von Online-Bibelabenden zu den Lesungen der Osternacht an, ein Glaubenskurs in Gestalt der Geistlichen Schriftlesung: „Wasser – Licht – Leben“. Näheres dazu: https://www.bistum-passau.de/termin/1952734/wasser-licht-leben.