Seit Jahrzehnten besteht zwischen dem Bistum Passau und der rumänischen Diözese Satu Mare, die direkt an die Ukraine angrenzt, eine freundschaftliche Verbindung. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit besuchte nun Bischof Stefan Oster SDB das Bistum. Die Delegation kehrte mit vielfältigen Eindrücken zurück in die Heimat.
Satu Mare liegt eine Tagesreise entfernt. Doch die Voraussetzungen für die Einwohner des Bistums unterscheiden sich sehr von denen in Niederbayern: Vielen Menschen fehlt es an dem Nötigsten. Katholiken sind in der Minderheit. Durch die Verschiebung der Grenzen nach dem Krieg ist das Gebiet ungarisch geprägt und die Einwohner identifizieren sich mit Ungarn, sind jedoch geografisch in Rumänien. Schon seit Jahrzehnten unterstützt die Diözese Passau daher das rumänische Bistum mit Hilfsprojekten auf verschiedenen Ebenen. Bischof Stefan Oster und die Gruppe aus Niederbayern sowie der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler, dessen Bistum sich ebenfalls dort engagiert, nutzten die Reise, um die unterschiedlichen Einrichtungen und Projekte zu besuchen.
Auch die Situation der katholischen Minderheit ist prägend für das Wirken der Kirche vor Ort. In seiner Predigt am Dienstagabend sagte Bischof Stefan über die „lange, sehr wechselhafte und eindrucksvolle Geschichte der Diözese“, dass er sehr viel lernen durfte, wie die Menschen im Bistum trotz Unterdrückung mit ihrem Glauben stets weitergegangen seien, „mit vielen Verbindungen in andere Länder, auch zu uns“. Der Zusammenhalt auch der Minderheiten und die pastorale Arbeit seien eindrucksvoll.
Eine der ersten Stationen der Rumänienreise waren zwei kirchliche Reha-Zentren in Satu Mare: das Caritas-Reha Zentrum und das Reha-Zentrum Janos Scheffler. In beiden Zentren werden Kinder ab der Geburt bis zu einem Alter von sieben, im zweitgenannten sogar bis 18 Jahren ambulant gefördert und therapeutisch versorgt, die unter Entwicklungs- und Aufmerksamkeitsstörungen leiden. Vor allem Kinder mit Autismus gebe es viele, wie der Leiter der Einrichtung berichtete. Gerade nach der Corona-Pandemie sei die Situation vieler sozial schwächerer Familien enorm angespannt gewesen. Nun wurde die Situation durch den Kriegsausbruch im Nachbarland Ukraine erneut verschärft. „Die Kosten für diese Versorgung werden von rumänischen Krankenkassen nur zu ca. einem Drittel übernommen, die Caritas vor Ort muss den Rest der Kosten selbst tragen“, erklärt Caritasvorstand Konrad Niederländer. „Deshalb unterstützt die Diözesan-Caritas Passau das Zentrum seit vielen Jahren in seiner Arbeit.“
In einer gemeinsamen Hl. Messe überreichte der Bischof Jenö Schönberger im Namen der Diözese Satu Mare den Bischöfen Stefan Oster und Hermann Glettler die Silbermedaille Seliger Johannes Scheffler als Dank für die langjährige Unterstützung der pastoralen Programme und der karitativen Hilfe aus Passau.
Im Bistum Satu Mare leben viele Roma-Familien. Sie wohnen großenteils in ärmlichen Verhältnissen, haben nur wenig Perspektiven, sind teils nicht alphabetisiert und oft fehlt es ihnen am Alltäglichen. Vor allem Kinder sind betroffen. Die Caritas Satu Mare und andere Sozialeinrichtungen des Bistums kümmern sich um diese Familien in verschiedenen Einrichtungen, die durch das Bistum und die Caritas Passau unterstützt werden. So hospitierten Bischof Stefan und die Passauer Gruppe in einigen dieser Häuser, wie das „Haus der Freundschaft“ (Tagesstätte), die Don-Bosco-Kindertagesstätte und das Integrationszentrum Stella Maris. Kinder werden dort betreut, können spielen, bekommen regelmäßige Mahlzeiten, lernen alltägliche Dinge wie Körperhygiene, Sprechen, Lesen, Schreiben und vieles mehr. Und vor allem tragen die Einrichtungen dazu bei, dass die Kinder gut und sicher aufwachsen – und einfach Kinder sein dürfen.
Am Mittwoch stand ein besonderes Ziel auf dem Programm: das Caritas-Zentrum in Máramarossziget in der Stadt Sighetu Marmatiei, das direkt an der Grenze zur Ukraine liegt. Dort werden einerseits vor Ort in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Flüchtlinge aus der Ukraine versorgt, aber andererseits auch von dort aus eine Partnerstadt in der Ukraine unterstützt, welche Zufluchtsstätte vieler Flüchtlinge ist, die innerhalb des Landes geflohen sind. „Christen verschiedener Konfessionen, Ärzte, NGOs wie Caritas und die Fundatia Hans Lindner Stiftung arbeiten hier für ein Ziel: Not lindern, Menschen helfen. Egal, ob es Kriegsflüchtlinge sind oder Menschen, die hier schon vor dem Krieg dringend medizinische Betreuung benötigten. Diese Mobilmachung und Bündelung von Kräften beeindruckten mich zutiefst“, betont Bischof Stefan. „Ich bin froh und dankbar, dass Kirche auch hier im wahrsten Sinne des Wortes an die Grenzen geht.“
Angesichts des Kriegsausbruchs in der Ukraine hatte diese Reise eine „neue Dimension erhalten“, so der Bischof, der dort auch dabei sein konnte, als ein Lkw bestückt mit 40 Tonnen Hilfsgütern aus dem Bistum Passau im Warenlager der Caritas in Satu Mare angekommen ist. Die insgesamt 36 Paletten mit Waren – haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel für Kinder und Senioren sowie Arzneimittel – für die Ukraine übergaben Bischof Stefan Oster, Generalvikar Josef Ederer und Caritasvorstand Konrad Niederländer der Caritas Satu Mare. Dort werden die Waren umgeladen, um weiter in die Regionen gebracht zu werden, wo sie dringend benötigt werden. „Nach einer sehr intensiven Woche bin ich sehr beeindruckt von der Logistik hier, wie geplant wird, wo die Hilfsgüter von hier aus dorthin in die Ukraine gebracht werden, wo die Not am größten ist“, so Bischof Oster.
In einer gemeinsamen Aktion haben der Diözesancaritasverband und das Bistum Passau mit der Fundatia Hans Lindner Stiftung den Transport auf die Beine gestellt. Großer Dank gilt auch den Spenderinnen und Spendern im Bistum Passau, die die Beschaffung der Hilfsgüter mit über 20.000 Euro unterstützt haben.
Für die Gruppe aus Passau war das der Abschluss einer einwöchigen Besuchsreise nach Satu Mare. Am Ende der Reise betonte Bischof Stefan: „Wir sind eine Familie auf der Welt, wir sind Glaubensgeschwister, es ist unsere Pflicht denjenigen zu helfen, die nichts haben.“
Susanne Schmidt
Bischöfliche Pressesprecherin
Monika Zieringer
Leitung Pressestelle Bistum Passau