Am 15. und 16. April haben die Altöttinger Kapuziner das Bruder Konradfest gefeiert. Die festliche Pontifikalmesse am Sonntag zelebrierte Erzbischof Georg Gänswein. Im Mittelpunkt stand ein „kleiner Heiliger“ aus dem 19. Jahrhundert, der auch heute noch wirkt und ein „Türöffner in eine neue Zeit“ sein kann.
Der Festgottesdienst für den langjährigen Klosterpförtner in Altötting, der jedes Jahr rund um den Gedenktag des Heiligen am 21. April gefeiert wird, traf heuer auf den Tag, an dem der ehemalige Papst Benedikt XVI. (1927−2022) 96 Jahre alt geworden wäre. Dessen langjähriger Privatsekretär Georg Gänswein zitierte in seiner Predigt in der St. Anna-Basilika aus den Erinnerungen Joseph Ratzingers, der oft in Altötting war und als Siebenjähriger bei der Heiligsprechung Bruder Konrads im Jahr 1934 dabei gewesen war: „Altötting empfing gerade in jenen Jahren neuen Glanz, als der ehemalige Pförtner Bruder Konrad von Parzham selig- und dann heiliggesprochen wurde. In diesem demütigen und grundgütigen Menschen fanden wir das Beste unseres Stammes verkörpert und durch den Glauben zu seinen schönsten Möglichkeiten geführt.“
Bruder Konradfest 2023 – Impressionen
Fotos: Roswitha Dorfner
Weiter zitierte Gänswein aus den Erinnerungen des ehemaligen Papstes: „Später habe ich oft nachgedacht über diese merkwürdige Fügung, dass die Kirche im Jahrhundert des Fortschritts und der Wissenschaftsgläubigkeit sich selbst am meisten dargestellt fand in ganz einfachen Menschen, in Bernadette von Lourdes etwa oder eben in Bruder Konrad (…) Ich denke schon, dass gerade diese ‚kleinen‘ Heiligen ein großes Zeichen an unserer Zeit sind, das mich umso mehr berührt, je mehr ich mit und in ihr lebe.“
Noch eine „kleine“ Heilige, Maria Faustyna Kowalska (1905−1938), sprach der Erzbischof in seiner Predigt an. Ihr ist der „Sonntag der Barmherzigkeit“ zu verdanken, den die Kirche ebenfalls an diesem 16. April beging. Nicht umsonst habe Papst Johannes Paul II. diesen im Jahr 2000 ausgerufen, wie Gänswein erklärte, denn „Barmherzigkeit“ sollte das Leitmotiv des kommenden Jahrtausends sein. Einen „Grundbegriff des Evangeliums“ und einen „Schlüsselbegriff des christlichen Lebens“ nannte der Erzbischof die Barmherzigkeit – außerdem eine Erinnerung daran, dass der christliche Glaube nicht nur eine „Theorie oder Hypothese“ sei, sondern eine Lebenshaltung, und dass Christen ganz konkret die Aufgabe haben, „Menschen in Not nahe zu sein“; Gänswein verwies hierbei auch auf die je sieben geistlichen und tätigen Werke der Barmherzigkeit. Mit Bezug auf das Tagesevangelium (Joh 20, 19 – 31) über die Erscheinung des auferstandenen Jesus und die Zweifel seines Apostel Thomas rief Erzbischof Gänswein dazu auf, sich auf das „Wagnis des Glaubens“ einzulassen, denn: „Wir sind nicht allein. Gott begleitet uns.“
Dass Zweifel und auch Ablehnung den Glauben seit jeher begleiteten – gerade auch im 19. Jahrhundert, als der Kapuzinerbruder Konrad/Johann Birndorfer gelebt hatte – sprach auch Kapuzinerpater Br. Marinus Parzinger in seiner Predigt in der Vorabendmesse in der Basilika am 15. April an. Doch die „Frage nach dem Wozu des Lebens stellt sich immer wieder neu“, sagte er, und Br. Konrad könne gerade auch heute, da unsere Gesellschaft immer säkularer werde und die Anzahl aktiver Katholiken zurückgehe, ein „Vorbild und ein Türöffner“ zum Glauben sein. Dies vor allem deshalb, da er ein „Heiliger zum Anfassen“ war, einer der auf die Menschen zugegangen sei, ihre Sorgen, Ängste und Nöte ernst genommen habe, der selber aus einem einfachen Umfeld gekommen sei. „Er ist einer von uns“, formulierte es Br. Marinus. Br. Konrad sei nicht fehlerlos gewesen, er habe wie die allermeisten Höhen und Tiefen zu überstehen gehabt. Doch er habe es immer wieder geschafft, Gott zu suchen und zu finden, seine Sorgen bei ihm abzugeben und für andere da zu sein. Diese „richtige Balance“, Gott und die Mitmenschen im Blick zu behalten, habe Bruder Konrad ausgezeichnet und mache ihn zum Vorbild.
Zur Vorabendmesse am Samstag, die von der Altöttinger Hofmusik musikalisch gestaltet wurde, hatten die Kapuziner die Bruder Konrad-Hauptreliquie vom Bruder Konradkloster in die Basilika übertragen. Nach der Pontifikalmesse in der Basilika am Sonntag – musikalisch gestaltet von Kapellsolisten, Kapellchor und Orchester mit W.A. Mozarts Messe in D‑Dur –fand eine Reliquienprozession über den Kapellplatz statt. Anschließend trafen sich die Besucher – u.a. waren Landrat Erwin Schneider, Bürgermeister Stephan Antwerpen, einige Stadträte sowie Fahnenabordnungen der Altöttinger Vereine gekommen – zu einem Zusammensein am Vorplatz der Basilika mit „Bruder-Konrad-Weckerl“ und Freigetränken. Mittags fand in der Basilika ein weiterer Gottesdienst statt, den Kapuzinerpater Br. Andreas Kaiser zelebrierte und die Altöttinger Kapellsingknaben und Mädchenkantorei musikalisch gestalteten. Nach der feierlichen Vesper am Nachmittag – zelebriert von Kapuzinerpater Siegbert Mayer und musikalisch gestaltet von der Schola Autingensis – erteilten Kapuziner den Einzelreliquiensegen.
Michael Glaß
Readkteur