Für Erzbischof Georg Gänswein war es fast ein Heimspiel: Bei der Vorstellung seines Buchs „Nichts als die Wahrheit“ über sein Leben an der Seite von Papst em. Benedikt XVI./Kardinal Joseph Ratzinger im Kultur+Kongress Forum Altötting am Samstagabend, 15. April traf er in einem vollen Saal auf ein ihm wohlgesonnenes Publikum. Nach einführenden Begrüßungsworten des Veranstalters Christian Wieser von der Altöttinger Antonius-Buchhandlung nahm Gänswein auf der Bühne Platz zum Gespräch mit Verleger Manuel Herder.
Impressionen
Fotos: Wolfgang Terhörst
Dass die Verantwortlichen durchaus mit unangenehmen Zwischentönen gerechnet hatten, zeigte die deutliche Präsenz von Sicherheitspersonal im Gebäude. Davor hatten sich nämlich Mitglieder der „Initiative Sauerteig“ aus Garching an der Alz und Mitstreiter von „Wir sind Kirche“ zu einer angemeldeten Kundgebung versammelt. Sie wiesen mit Bannern und Handzetteln darauf hin, „dass Joseph Ratzingers Wissen um den Missbrauch auch zur Wahrheit gehört“. Konkret geht es um den Fall des lange in Garching eingesetzten Missbrauchsbeschuldigten Pfarrer H. Am Landgericht Traunstein ist deswegen die Feststellungsklage eines seiner Opfer gegen den mittlerweile verstorbenen Papst Benedikt XVI. weiter anhängig.
Die Sorge vor unschönen Szenen oder gar Ausschreitungen war jedoch unbegründet, die Kundgebung verlief vollkommen ruhig und friedlich. Gänswein dürften die Mahner ohnehin kaum aus der Ruhe gebracht haben. Schließlich ist der langjährige Kurienmitarbeiter und Privatsekretär Papst Benedikts gestählt durch viele Herausforderungen im Umgang mit Presse und Kirchenkritikern während seiner langen Dienstzeit. Im Gespräch mit Manuel Herder jedenfalls war Gänswein keinerlei Anspannung anzumerken. Gut gelaunt und leutselig antwortete er auf die Fragen Herders – etwa: Wie funktioniert eigentlich dieser Vatikan? Naja, so der Erzbischof schmunzelnd, „je höher man kommt, desto länger werden die Kleider – nur die Farben wechseln dann manchmal“. Mit einigen Anekdoten unterhielt er das Publikum, mit dem er immer wieder Blickkontakt suchte. So habe er beispielsweise trotz Intervention nicht verhindern können, dass Joseph Ratzinger unmittelbar nach seiner Wahl zum Papst mit dem bei kühleren Temperaturen geschätzten schwarzen Pullover unter dem erstmals angelegten Papstgewandt die Menge auf dem Petersplatz begrüßte. Später einmal habe er das Kirchenoberhaupt gefragt: „Heiliger Vater, sind Sie Deutscher oder Bayer?“ Darauf Benedikt: „Warum stellen Sie die Frage so kompliziert? Ich komme aus Bayern!“
Nach dem launigen Gespräch verabschiedete das Publikum den Ehrengast mit viel Applaus von der Bühne – nur um ihn dann im Foyer als Buchautor zur Signierstunde wiederzutreffen. Erzbischof Gänswein erfüllte die zahlreichen Wünsche um Unterschriften in sein Buch oder schnelle gemeinsame Fotos geduldig und gern. So wohl dürfte er sich in jüngster Zeit nicht immer gefühlt haben: Die Ankündigung des Buches unmittelbar nach dem Tod Joseph Ratzingers sorgte für viel Kritik und massive Verärgerung bei Papst Franziskus. Dieser hat über eine „Anschlussverwendung“ Gänsweins noch immer nicht entschieden.
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter
Erzbischof Georg Gänswein in Marktl
Mit Beifall begrüßten gut hundert Leute Erzbischof Georg Gänswein im Geburtshaus Joeph Ratzingers/Benedikt XVI. in Marktl/Inn. Zunächst führte der theologische Leiter des Hauses, Dr. Franz Haringer, den Ehrengast und eine kleinere Gruppe durch die Räume der Begegnungsstätte. Anschließend warteten schon wohlgesinnte Menschen in einer langen Schlange im und vor dem Filmsaal und ließen sich vom Erzbischof sein neues Buch signieren. Geduldig posierte er auch für die Handyfotos und wechselte mit jedem ein paar Worte. Die Besucher waren sehr angetan und freuten sich mit dem Ehrengast, dass er gerade am Geburts- und Tauftag des verstorbenen Papstes zugegen war.
Zur Geburtsstunde Joseph Ratzingers hatte schon am frühen Morgen um 4.15 Uhr in seinem Geburtszimmer eine Morgenandacht stattgefunden. Danach versammelten sich die gut 30 Gläubigen in der Papsttaufkirche zu einer Tauferinnerung.
Text und Foto: Monika Kleiner