„Lage hoffnungslos – aber nicht ernst!“ heißt der Titel einer amerikanischen Kriegskomödie. Bei manchen Zeitgenossen schaut der Blick in die Zukunft zurzeit ähnlich düster aus – angesichts täglicher Hiobsbotschaften über Krieg, Krise und davongaloppierende Preise zum Beispiel für Energie und Lebensmittel. Doch man kann auch optimistisch bleiben und einfach weiter leben ...
Man kann die Entwicklung und die Sorgen natürlich nicht wegdiskutieren. Aber nur den Kopf in den Sand zu stecken bringt auch nichts. Ich habe da eine „gute alte Freundin“, die auch jetzt wieder Zuversicht versprüht. Es ist Anni Sigl, die Apfel-Expertin aus Hilgenreith bei Innernzell, die im Jahr 2012 durch das Buch „Anni und Alois. Arm sind wir nicht. Ein Bauernleben“ und viele Beiträge im Bayerischen Fernsehen weitum bekannt wurde. Auch im Bistumsblatt haben wir oft über sie berichtet.
Heute sitze ich mal wieder mit der 86-jährigen Einödbäuerin auf der Hausbank vor ihrem Anwesen. Wir sprechen wie immer über Gott und die Welt, und heute auch über die angespannte Lage in diesen schwierigen Zeiten. „Mir tut die Krise nix!“ stellt die Anni gleich klar. Von Energiepreisen ist sie ja unabhängig, denn eine Zentralheizung hat sie noch nie besessen.
Die Anni ist das bescheidene Leben gewöhnt. Sie kennt es nicht anders. Wenn angesichts der Krisenzeiten über Einschränkungen und Sparmaßnahmen diskutiert wird, ist das für die genügsame Frau nichts Ungewöhnliches. Sich einschränken – das gehört seit Kindesbeinen zu ihrem Leben. Für Anni steht fest: „Wir sind halt auch nicht aufgewachsen wie die Weicheier!“
Da könnte sie stundenlang erzählen: „Wir haben als Kinder für die Pause oft nur ein hartes Stück Brot in die Schule mitbekommen. Und das Holz und die Kohlen in der Schule haben wir Kinder selbst in den Dachboden raufgetragen und dann zum Heizen wieder runtergetragen. Dennoch ist in der Schule so sparsam geheizt worden, dass man Handschuhe gebraucht hätte!“ Ihre Erstkommunion hat die 9‑jährige Anni im April 1945 bei Fliegeralarm erlebt. Arbeiten musste sie schon als Kind. Mit 14 Jahren ist sie dann in Stellung nach München gekommen. Schwere Arbeit hat ihr ganzes Leben begleitet. „Ausg’schund’n sind wir halt heute“, stellt Anni fest. Die Generation, die Krieg und Nachkriegszeit erlebt hat, weiß, was das Wort „krisenfest“ bedeutet.
„Freilich, für die alten Leute mit einer kleinen Rente, die Miete zahlen müssen, ist es schon hart“, gibt die Bäuerin zu bedenken. Sie selbst hat auch nur eine kleine Rente und meint: „Ich komm aus. Aber wenn die Leute leben müssten so wie ich, da wär’s aus!“ Die Anni ist gesundheitlich angeschlagen. Die Bandscheibe macht ihr sehr zu schaffen und das bedeutet ständige Schmerzen. Und sie hat natürlich auch keine Patentrezepte für alle. „Aber mich hat noch niemand jammern gehört!“, betont sie und lässt voller Freude den Blick über die Fülle und Pracht in ihren zwei Gemüsegärten und im Obstgarten schweifen.
Was man von Menschen vom Schlag der Anni Sigl lernen kann? Sie ist ein Vorbild in Sachen „Krisenmanagement“, Optimismus in allen Lebenslagen und Zuversicht auch in schwierigen Zeiten. Nicht über das zu jammern, was fehlt, sondern das zu schätzen, was man hat, ist eine Lebensphilosophie, die Anni Sigl erfunden haben könnte. Und mit ihrem grünen Daumen im Garten ist die Anni für mich das Musterbeispiel für all das, was auch heute immer mehr gefragt und modern ist: Nachhaltigkeit, sparsames Wirtschaften und Leben im Einklang mit der Natur und den Jahreszeiten. Und sie ist kein Weichei!