Sie reisen aus ganz Europa an. Sie frieren sich die Fingern halb ab, lassen sich weder von Defekten noch von Schneetreiben aufhalten und kommen – oft erst nach einigen Tagen auf der Straße – zerzaust und mit freudestrahlenden Augen im Bayerischen Wald an. Dieses Wochenende ist es wieder so weit: Tausende verrückte Motorradfahrer treffen sich zum 67. Elefantentreffen im Hexenkessel von Loh. Beim Ratschen, Feiern, Zelten, Fachsimpeln gibt es keine Abschottung, keine Sprachbarriere, die sich nicht mit Händen und Füßen überwinden ließe, und Beruf, Alter oder Herkunft spielen keine Rolle. Es geht einzig und allein darum, miteinander Spaß zu haben in Kälte und Schnee.
Vom Typ her gut zu den „Elefantentreibern“ passen würde Pater Daniel Hörnemann, den wir auf Seite 22 zu Wort kommen lassen. Der Mönch ist glücklich, wenn es dampft und qualmt um ihn herum, wenn er massig Kohlen ins Feuer schaufeln kann und sich die uralte tonnenschwere Dampflok zischend in Bewegung setzt. „Wenn durch die gemeinsame Arbeit aus Schrott wieder eine fahrende Maschine wird, das macht alle zufrieden“, sagt er. Durch diese Leidenschaft treffe er auf viele Menschen, die er im kirchlichen Kontext nie sehen würde. Sein Fazit: Mönchsein sei keine Schmalspur-Existenz, sondern immer ein Dasein mit Horizonterweiterung, nicht nur religiös-spirituell-theologisch, sondern durchaus auch in gepflegter Muße in Auseinandersetzung mit den „Dingen dieser Welt“.
Daniel Hörnemann aus der Abtei Gerleve ist promovierter Theologe – und hat einen dicken Wälzer über eine einzige Bahnstrecke geschrieben. Warum, das erzählt er im Interview in der aktuellen Ausgabe 5 – 2025 des Passauer Bistumsblatts vereint mit dem Altöttinger Liebfrauenboten. Das Buch „Die Dortmund-Gronau-Enscheder Eisenbahngesellschaft“ (ISBN 9783759735355) ist auch über die Kunst- und Buchhandlung der Abtei Gerleve beziehbar: kbh@abtei-gerleve.de; Tel.: 02541/800130.
Auch in Rom gibt es (mindestens) einen, der hin und wieder ausbricht, der starre Regeln gern über Bord wirft und immer für Überraschungen gut ist: Papst Franziskus höchstselbst. Er macht gern mal einen spontanen Ausflug aus dem Vatikan, besucht unangemeldet alte Bekannte, stöbert in einem Plattenladen oder genießt in einer Kaffeebar in der Innenstadt seinen Espresso und plaudert mit dem Barista und anderen Gästen.
„Lasst es uns niemals an eurem guten Lärm fehlen, an eurem Antrieb – wie bei einem sauberen und agilen Motor –, an eurer originellen Art zu leben und die Freude des auferstandenen Jesus zu verkünden!”
Franziskus lebt das vor, wozu er die Gläubigen und vor allem die Jugend immer wieder auffordert: Habt keine Angst, hört nie auf zu träumen, zieht mit Jesus im Herzen hinaus in die Welt, werdet Botschafter des Friedens, der Gerechtigkeit und des gelebten Miteinanders, schwimmt gegen den Strom, lasst euch nicht von Konsum und Kapitalismus in die maßlose Spirale der Mittelmäßigkeit hineinziehen. Oder wörtlich: „Lasst es uns niemals an eurem guten Lärm fehlen, an eurem Antrieb – wie bei einem sauberen und agilen Motor –, an eurer originellen Art zu leben und die Freude des auferstandenen Jesus zu verkünden!“
Vermutlich werden nicht alle Biker auf dem Elefantentreffen den aufernstandenen Jesus im Sinn haben, doch ansonsten könnten sie mit dieser Papstbotschaft wohl gut leben. Ganz im Sinne von George Bernhard Shaw: „Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur