Die Fastenzeit beginnt – und die Fragen stehen im Raum: wie streng wollen wir uns selbst gegenüber sein? Was sagt dazu die Kirche? Vor allem aber: was ist das eigentliche Ziel für die kommenden 40 Tage? In unserem aktuellen Editorial macht sich unser Autor ein paar persönliche Gedanken ...
Doch. Ich hab’s getan. Das mit den guten Vorsätzen zum neuen Jahr: Endlich wieder mehr Sport, endlich Gewicht verlieren. Die beiden wichtigsten Tipps habe ich beherzigt: 1. Ich
habe mich positiv eingestimmt – wie gut das wäre für Körper und Geist. Ob ich mir 2. realistische Ziele gesetzt habe, werde ich in ein paar Wochen oder Monaten wissen.
Allerdings ahne ich nichts Gutes. Denn kaum wieder losgelegt mit Morgengymnastik und zwei festen Tagen fürs Fitness-Studio, hat mich mein kaputtes Knie gleich wieder eingebremst. Dabei wollte ich es doch im wahrsten Wortsinn entlasten, von den zu vielen Pfunden, die es tragen muss. Puh … das mit der positiven Einstimmung wird nicht leichter so – Durchhalten ist angesagt.
Und jetzt kommt auch noch die Fastenzeit. Eigentlich passt das ja ganz gut zu meinen Neujahrsvorsätzen. ABER … Noch mehr Druck? Wo es doch eh schon nur so lala läuft mit der Selbstkasteiung (obschon zum eigenen Wohle)?
Zum Glück kommt mir hier die offizielle Regelung der Kirche entgegen. Die Fastenordnung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil schreibt den Gläubigen nämlich nur zwei strenge Fast- und Abstinenztage vor: Aschermittwoch zu Beginn der Fastenzeit und an ihrem Ende den Karfreitag. An diesen Tagen sind eine einmalige Mahlzeit am Tag („einfach, aber sättigend“) sowie zwei kleine Zwischenmahlzeiten (z. B. Obst oder Brot) erlaubt. Verboten hingegen ist der Verzehr von Fleisch an diesen Tagen (Abstinenzgebot). Die Fastenordnung verpflichtet alle erwachsenen Katholiken vom vollendeten 18. Lebensjahr bis zum Beginn des 60. Lebensjahres am Aschermittwoch und Karfreitag zu fasten. Von Fasten und Abstinenz entschuldigt sind die Personen, die durch Krankheit, schwere körperliche Arbeit oder Armut verhindert sind, sich auf Reisen befinden oder das Essen an einem fremden Tisch einnehmen.
Hm … Die 60 habe ich noch nicht erreicht, so krank bin ich nicht und das Schreiben dieses Artikels geht wohl kaum als schwere körperliche Arbeit durch. Einfach sechs Wochen verreisen oder mich jeden Tag bei Freunden zum Essen einladen („fremder Tisch“), ist eher keine brauchbare Lösung. Was also tun mit und in der Fastenzeit?
Vielleicht hilft ein kleiner Perspektivenwechsel vom Verzicht zum Gewinn. Ohnehin sollte die christliche Fastenzeit kein Neustart für nicht eingehaltene Neujahrsvorsätze sein. Der Verzicht in den sechs Wochen vor Karfreitag soll vielmehr den Blick nach innen richten, frei machen für das Wesentliche: Tod und Auferstehung Christi. Der Verzicht soll Raum geben für die eigene Einstellung zum Erlösungsgeschehen, zur Heilszusage Gottes.
Und schließlich: Wenn Jesus selbst vom Heiligen Geist 40 Tage zur Buße in die Wüste geführt wurde und dort mit Gottes Hilfe der Versuchung durch den Teufel widerstehen konnte – dann darf ich ebenso darauf vertrauen, dass Gott in der Fastenzeit bei mir ist. Und im Fitness-Studio. Auf geht’s, blicken wir nach Innen und nach vorne!
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter