Der Herbst kann in Umfragen nicht im Entferntesten mit Frühling und Sommer mithalten. Ich kann das absolut nachvollziehen. Natürlich gibt es auch die goldenen Tage, an denen Himmel, Bäume, Sonne, Felder, Flüsse und Seen uns in einer Farbenpracht schwelgen lassen, dass einem fast die Luft wegbleibt. Doch viel häufiger ist es regenschaurig und die Kälte kriecht durch alle Fasern. Und der Alltag für uns Erwerbstätigen sieht so aus: Es ist dämmrig, wenn wir morgens die Nase bei der Haustür rausstrecken, es ist finster, wenn wir abends heimkommen. Zumindest bei mir will da keine rechte Vorfreude aufkommen, wenn ich abends die Straßenschuhe ausziehe und in die Filzpantoffeln schlüpfe.
Nur gut, dass wir den alten Goethe haben. Ihm werden folgende Zeilen zugeschrieben: „Auch das ist Kunst, ist Gottes Gabe, aus ein paar sonnenhellen Tagen sich so viel Licht ins Herz zu tragen, dass, wenn der Sommer längst verweht, das Leuchten immer noch besteht.“
Das ist vermutlich wirklich eines der besten Rezepte, um die dämmrig-trüben Tage gut zu überstehen. Deshalb sind auch kleine Mitbringsel aus dem Sommerurlaub so wichtig. Sie helfen den Gedanken auf die Sprünge und verleihen neuen Träumen Flügel. Unvergessen sind etwa die Scherenschnitte, die ein lustiger Lebenskünstler vor vielen, vielen Jahren in Kroatien von meiner Frau und mir anfertigte. Er schnippelte ein, zwei Minuten, drückte uns die beiden Blätter in die Hand, nannte uns den Preis, nahm das Geld und weg war er. Es hat eine Weile gedauert, bis wir umgerechnet hatten, dass wir für das Geld auch ein richtig schönes Abendessen zu zweit bekommen hätten. In großen Erinnerungskisten lagern noch die Kapitänsmützen, Holzschwerter und Plastikmesser, in die unsere Kinder ihr Urlaubsgeld investierten. Und dann gibt‘s da noch den Klassiker, den Artikel, der ein Hauptgrund dafür ist, dass es in Thessaloniki stolze 2,8 Souvenirshops pro Quadratkilometer gibt – die alle ein Auskommen haben: Magnete, verziert mit mehr oder weniger geschmackvollen Motiven der jeweiligen Region. Wir haben dafür eigens schmale Stahlschienen über dem Küchenofen angebracht. Ein Blick genügt, um gedanklich abzutauchen in nahe oder ferne Urlaubsparadiese.
Ich selber nehme von jedem Ort, wo es erlaubt ist, auch noch einen besonders geformten oder interessant gefärbten kleinen Stein mit. Ein kleiner Gegenstand aus der Natur, der mir auf dem Weg zu Füßen lag und mir besonders ins Auge stach. Wieder daheim, lege ich diese „Randerscheinung“ in unserer kleinen Hauskapelle ab, verbunden mit einem Dankgebet: für all das Schöne, das wir erleben durften, für die neuen Erfahrungen, für die wohlbehaltene Heimkehr.
Wenn ich jetzt noch die vielen Urlaubsbilder dazurechne, kommt unterm Strich doch ganz schön viel zusammen, was das Licht des Sommers in den Herbst und ins Herz trägt. Es wird schon reichen, bis die ersten Schwalben uns die Wärme und den Frühling wiederbringen.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur