Olympische Augenblicke

Redaktion am 13.08.2024

2024 08 12 pb alb radfahren Foto: Maria Weishäupl

Die Olympischen Spiele in Paris sind vorbei – doch der Olympische Geist weht weiter, wie unser Autor im Editorial der aktuellen Ausgabe (34-2024) feststellt.

Ken­nen Sie die­se Sym­pto­me: Lust­lo­ses Schlur­fen durch das Haus, lee­rer Blick, die Hand noch leicht zur Sie­ges­faust geballt? Wenn ja, dann hat es Sie auch erwischt: Olympia-Entzugserscheinungen.

Trotz aller Skan­da­le die­ses kor­rup­ten Hau­fens namens IOC, der Mil­li­ar­den kas­siert und die eigent­li­chen Hel­den des Sports mit But­ter­bro­ten abspeist, zieht mich die­ses Spek­ta­kel alle vier Jah­re in sei­nen Bann. Zwei Wochen lang lümm­le ich jede freie Minu­te auf der Couch, bejub­le die Sie­ger, heu­le mit den Ver­lie­rern, stau­ne über über­mensch­li­che Leis­tun­gen, freue mich, wie leicht und freud­voll das Leben auch sein kann.

Paris war ein fan­tas­ti­scher Gast­ge­ber. Per­fekt setz­ten die Macher der Spie­le die groß­ar­ti­ge Stadt in Sze­ne. Nicht sel­ten muss­ten sich die Ath­le­ten mäch­tig ins Zeug legen, um die Mil­lio­nen Bli­cke ganz auf sich zu len­ken – zu spek­ta­ku­lär waren die Sport­stät­ten oder die Bau­ten dahin­ter: Eif­fel­turm, Inva­li­den­dom, Place de la Con­cor­de oder Grand Palais, um nur ein paar zu nen­nen. Wenn an sol­chen Orten über Tri­umph und Nie­der­la­ge ent­schie­den wird, wenn hier Schweiß und Trä­nen inein­an­der­flie­ßen, wird man als Zuschau­er gleich­sam mit­ge­tra­gen im Sog der Lei­den­schaft und Emotionen.

Ich habe ein­fach so eine unfass­ba­re Ruhe in dem Moment ver­spürt, die nicht von die­ser Erde ist. Ich bin in den Ring gegan­gen, habe mei­ne Hän­de erho­ben und gesagt: Gott, das ist ein Moment, den du mir ver­spro­chen hast.”

Die deutsche Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye (25) hat in Paris die Goldmedaille geholt und danach in einem ZDF-Interview betont, wie viel Kraft ihr der christliche Glaube gibt.

Was den Reiz bei Olym­pi­schen Spie­len auch aus­macht: Unter den rund 340 Wett­be­wer­ben sind vie­le fas­zi­nie­ren­de Rand­sport­ar­ten dabei. Wann bekommt man sonst bei uns Rug­by, Feld­ho­ckey, Syn­chron­schwim­men oder Kunst­tur­nen zu sehen? Und dann gibt es noch die­se magi­schen Momen­te, die nur so ein welt­um­span­nen­des Megae­vent her­vor­brin­gen kann. Ich den­ke etwa an die Nie­der­la­ge von Ange­li­que Ker­ber im Duell mit der Chi­ne­sin Zheng Qin­wen: Nach drei Stun­den ende­te Ker­bers Traum von einer olym­pi­schen Medail­le und auch ihre sport­li­che Kar­rie­re – und sie ver­ab­schie­det sich mit Trä­nen in den Augen vom Publi­kum. Auf­se­hen­er­re­gend war auch die Sze­ne, als der süd­ko­rea­ni­sche Tisch­ten­nis­spie­ler Lim Jongho­on bei der Sie­ger­eh­rung ein Sel­fie mit den Kon­tra­hen­ten aus Nord­ko­rea und Chi­na schoss. Nir­gends sonst wäre die­ser Augen­blick des Lächelns und der Har­mo­nie zwi­schen Akteu­ren ver­fein­de­ter Natio­nen mög­lich gewesen.

Einen wahr­haft olym­pi­schen Moment durf­te ich frei­lich eine Woche vor Beginn der eigent­li­chen Spie­le in Paris in unmit­tel­ba­rer Nähe selbst mit­er­le­ben. Sport­art: Moun­tain­bike-Berg­ren­nen, Sport­stät­te: Dreisessel-Regi­on, Ereig­nis: Tag des Sports in Neu­rei­chen­au. Unser Sohn Linus war flott unter­wegs, hol­te alles aus sich her­aus, um mit einer rich­tig guten Zeit auf dem Gip­fel anzu­kom­men. Und dann das: ein Plat­ten, zwei Kilo­me­ter vor dem Ziel. Aus und vor­bei. Wäre da nicht ein unbe­tei­lig­ter Ruck­sack-Rad­ler des Wegs gekom­men. Er sah das Mal­heur, stieg ab, gab unse­rem Sohn sein eige­nes Rad in die Hand, schick­te ihn mit ein paar auf­mun­tern­den Wor­ten los und schob des­sen Rad den Berg hin­auf. Olym­pi­scher geht’s nicht. Ein paar mehr sol­cher Momen­te im Leben – und ich werd‘ über mei­ne Ent­zugs­er­schei­nun­gen hin­weg kom­men. Bis Los Ange­les 2028.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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