„Grüß Gott, Auer Karl, Rotthalmünster!“ Wenn ich das früher im Radio hörte, schaltete ich sofort weg. Klar waren die Telefonscherze von Karl Auer alias Markus Walsch gelegentlich lustig, aber mir taten die Leute am anderen Ende der Leitung leid. Denn die Angerufenen wussten ja lange nicht, dass sie via „Bayern 3“ grad im ganzen Land zu hören waren – und sich verzweifelt abmühten, auf eine völlig absurde Frage eine Antwort zu finden. Ich litt vor allem auch deswegen mit, weil ich selber extrem gefährdet gewesen wäre, darauf hereinzufallen. Ironie zu erkennen gehört nicht zu meinen Stärken.
Bei den meisten Telefongesprächen im Bistumsblatt ist das gottlob kein Thema. Wir haben eine unglaublich freundliche Leserschaft. Überwiegend sind es Frauen, die bei uns anrufen. Oft teilen sie uns einfach mit, dass sie sich freuen, dass es die Zeitung gibt. Manchmal ernten wir natürlich auch Kritik, was ebenso wichtig ist, um besser zu werden. Hin und wieder braucht jemand ein Gegenüber zum Reden – und leider auch nicht so selten teilt uns ein Angehöriger mit, dass eine Abonnentin oder ein Abonnent verstorben ist.
Und dennoch: An jenem Dienstag im April war ich anfangs verunsichert: Werde ich vielleicht grad Opfer eines Telefonstreichs? Die Dame am anderen Ende der Leitung hatte einen ausländischen Akzent, aber sie beherrschte unsere Sprache gut. Was mich verunsicherte, war ihre Frage: Sie wollte von mir wissen, was sie mit dem Grab ihres verstorbenen Mannes tun sollte. Wäre ein Grabstein die beste Lösung oder doch einfach ein Kreuz? Wäre vielleicht eine Darstellung der Schwarzen Madonna von Altötting passend, nachdem ihr Mann häufig in den Gnadenort gepilgert war, oder eine Maria mit Kind? Sie komme aus einem völlig anderen Kulturkreis und habe davon keine Ahnung. Die Gespräche mit einem Bestatter und einem Grabsteinhersteller hätten sie noch nicht überzeugt.
Nachdem ich meine Bedenken abgelegt hatte, ergab sich ein längeres, intensives Gespräch. Die Dame erzählte aus ihrem Leben, und wir sprachen über den Tod und unseren Glauben an die Auferstehung.
Ich erklärte ihr meine Sicht der Dinge: Dass sie mit einem Kreuz nichts verkehrt machen könne und dass Maria immer zu Jesus hinführe und deshalb auch als Darstellung auf dem Grabstein passend wäre. Noch besser geeignet wäre vielleicht ein Pietà, die Schmerzensmutter mit dem Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Jesus Christus. Aber letztlich solle sie ihrem Herzen folgen.
Ob ich ihr wirklich weiterhelfen konnte, weiß ich nicht. Am Ende unseres Gesprächs stellte die Dame noch eine letzte Frage: „Bekommt mein Mann mit, wie sehr ich mich darum kümmere, dass sein Grab schön wird?“ Ich zögerte kurz und sagte dann: „Ja, bestimmt!“ Und still für mich dachte ich, dass dieses Kümmern, diese Art des Abschiednehmens auch ein guter Weg ist, um zurück ins Leben zu finden.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur