Es ist wieder soweit: Am 9. Juni dürfen alle mindestens 16-Jährigen hierzulande die Mitglieder des Europäischen Parlamentes mitbestimmen. Dabei bereitet die Vorstellung der Wahl manch einem jetzt schon Qual. Ob jung oder alt – kaum jemand durchschaut die Brüsseler Strukturen und viele misstrauen ihnen. Seien wir ehrlich, zum miesen Image haben die EU-Institutionen selbst großzügig beigetragen – mit Undurchsichtigkeit und manch sinnfreier Regelungswut. Unvergessen ist beispielsweise die „Gurkenverordnung“ von 1988, mit der die maximal zulässige Krümmung der Pflanzen penibel vorgeschrieben wurde, damit sie sich zur höchsten Güteklasse zählen durften. Geschenkt, dass nach Abschaffung der Regelung 2009 Politiker aus etlichen Ländern, darunter auch Deutschland, protestierten. Sie hatten sich wohl zu sehr an geradliniges Salatgemüse gewöhnt.
Trotz aller Schwächen – unsere heutige Demokratie ist die beste Staatsform, die wir jemals hatten, unser Europa seit vielen Jahrzehnten ein Garant von Frieden und Wohlstand. Darum ist es wichtiger denn je, dass möglichst viele Menschen im Juni von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Denn überall ist die Demokratie von meist rechtslastigen extremistischen Parteien und Strömungen bedroht. Sitzen deren Vertreter erst einmal an den Schalthebeln der Macht, wird unsere Gesellschaft bald eine andere sein: unfrei, ausgrenzend, isoliert. Wer garantiert dann den Schutz der Schwachen, von Minderheiten? Wer die Religions- und Meinungsfreiheit?
Ein schönes Beispiel, um für die Idee eines demokratischen Europas zu werben, ist die aktuelle Kampagne der katholischen Verbände im Bistum Passau. In Videostatements erzählen darin bis zum Wahltermin jede Woche Menschen, warum ihnen Europa wichtig ist. Vielleicht holen sich die Verbände ja noch zusätzlich musikalische Unterstützung von ungewohnter Seite. Die Punkrockband „Die Ärzte“ hat angesichts der demokratiefeindlichen Tendenzen gerade ein Lied von 2021 neu als Single herausgebracht – darin die schönen Zeilen:
Demokratie ist kein Fußballspiel
bei dem du nur Zuschauer bist.
Ihre Feinde machen überall mobil.
Ich hoffe, dass du nicht vergisst:
Freiheit ist keine App aus dem
World Wide Web.
Und falls du dich jetzt fragst,
wie man die Welt verbessern kann:
Wie wär‘s mit Wählen geh‘n?
Dein Kreuz gegen Hakenkreuze,
damit fängt es an dem Hass
zu widersteh‘n.
Und du weißt hoffentlich,
es geht nicht ohne dich,
so funktioniert das nicht.
Liebe Leserinnen und Leser, informieren Sie sich im bevorstehenden EU-Wahlkampf, wer ihnen was aus welchen Motiven verspricht. Sie haben eine Stimme und diese kann entscheidend sein. Ich jedenfalls möchte nicht in Angst, Enge und Unfreiheit leben. Darum werde ich wählen gehen.
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter