Diese Welt bietet ja viel Kurioses und ich mag Überraschungen. Und auch diese Idee gefällt mir: am ersten Sonntag im Mai – heuer am 1. Mai – findet der Weltlachtag statt. Offenbar gibt es eine in Indien gegründete Yoga-Lachbewegung mit rund 6.000 Lachclubs weltweit, die diesen Feiertag ins Leben gerufen hat. Um Punkt 14 Uhr am 1. Mai ist auch ganz Europa aufgerufen, für eine Minute mitzulachen. Weil’s Freunde schafft und den Frieden fördert. In Zürich findet angeblich sogar eine Lachparade statt. Und dagegen ist ja erstmal wenig einzuwenden. „Lachen ist gesund“, weiß der Volksmund ebenso wie die Wissenschaft. Humor fördert die Resilienz – wer lacht, bleibt widerstandsfähig.
Dann berührt diese Idee ganz Grundsätzliches: laut Aristoteles ist erst Mensch, wer auch lachen kann: „Von den Lebewesen lacht allein der Mensch“, sagte so oder ähnlich der große griechische Philosoph. Der bayerische Kabarettist Gerhard Polt drückte es etwas anders aus: „Der Mensch ist ein Viech, was lacht.“ So gesehen macht die Yoga-Lachbewegung also alles richtig.
Nur wenn’s um die praktische Umsetzung geht, stelle ich mir dieses Projekt ziemlich schwierig vor. Auf Kommando lachen klappt ungefähr genauso schlecht wie auf Kommando weinen oder auf Kommando wütend sein, oder … Und dann soll ja nicht nur einer lachen, sondern möglichst alle, weltweit. Ich stelle mir gerade ein paar Dutzend Yogameister vor, die sich darüber streiten, wie sie all die Leute zum Lachen animieren … oder sich darüber ärgern, dass da einige partout nicht mitlachen können. Ein hübsches Durcheinander.
„Vielleicht gibt es am Ende nur eines zu tun, wenn man die Menschen liebt: sie über die Wahrheit zum Lachen bringen, die Wahrheit zum Lachen bringen.”
Als Katholik muss ich an dieser Stelle allerdings vorsichtig sein. Der Kirche heftet ja immer noch das Klischee an, recht humorlos zu sein. Tatsächlich gab es in der Kirche eine lange philosophische Auseinandersetzung über heiligen Ernst und Humor, die wohl kaum einer so gut beschrieben hat wie Umberto Eco in seinem Bestseller „Der Name der Rose“. Darin streitet der ebenso gelehrte wie bodenständige Franziskanermönch William von Baskerville mit seinem grimmigen Gegenspieler, dem blinden und greisen Bibliothekar Jorge von Burgos; letzterer warnt davor, dass das Lachen von der Philosophie zu einer „Kunst der Vernichtung der Angst“ erhoben wird – wer glaubt noch, wenn er Gott nicht fürchtet? Von William hingegen stammt das schöne Resümee: „Vielleicht gibt es am Ende nur eines zu tun, wenn man die Menschen liebt: sie über die Wahrheit zum Lachen bringen, die Wahrheit zum Lachen bringen.“
Jenseits dieser schweren philosophischen Gedanken ist die Kirche jedenfalls lange nicht so humorbefreit wie viele vermuten. Der „lachende Heilige“ Philipp Neri ist da ein schönes Beispiel, oder Johannes Don Bosco. Viele humorvolle Anekdoten gibt es. Als etwa der hl. Franz von Sales gefragt wurde, was er machen würde, wenn ihm einer eine Watschn auf die rechte Wange verpasst, antwortete dieser: „Mein Freund, ich weiß, was ich tun sollte, nicht, was ich tun würde.“ Oder der hl. Johannes XXIII.: als sich ihm eine Schwester als „Oberin der heiligen Dreifaltigkeit“ vorstellte, soll der Papst geantwortet haben: „Ich bin nur der Stellvertreter vom Sohn!“
Jetzt kann ich freilich nur schwer nachprüfen, ob Sie, liebe Leserinnen und Leser, darüber auch lachen können. Humor ist halt doch eine sehr persönliche Sache. Aber die Kirche wäre nicht Kirche, wenn sie da keinen Ausweg wüsste. Im Zweifel sei das „Gebet um Humor“ des hl. Thomas Morus (1478−1535) empfohlen: „… Und lass nicht zu, dass ich mir zu viele Sorgen mache, um dieses sich breitmachende Etwas, das sich ‚Ich’ nennt. Herr, schenke mir Sinn für Humor, gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile.“
Michael Glaß
Readkteur