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Teilhabe ist mehr als ein Schlagwort

Redaktion am 24.03.2025

2025 03 24 pb alb caritas fachtagung behinderung Foto: Kilian Seiberl / can
Gerhard Krinninger (v.l.) wurde als Einrichtungs- und Fachbereichsleiter Frühförderung Passau verabschiedet. Petra Haderer-Moser ist neue Leiterin des Caritas-Frühförderungsdienstes Passau. Mit ihnen freuen sich Diözesan-Caritasdirektorin Andrea Anderlik, Martin Gallitzendörfer, Referatsleiter in der Sozialverwaltung des Bezirks Niederbayern, Alban Westenberger, Fachanwalt für Sozial- und Versicherungsrecht, Thomas Bannasch, Geschäftsführer der LAG-Selbsthilfe Bayern, Sabine Wolf und Dr. med. Gerhard Herrmann, von der Geschäftsführung der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern, Bertin Abbenhues, Abteilungsleiter bei der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg, und Cornelia Wasner-Sommer, stellvertretende Landrätin, Bezirksrätin und 1. Vorsitzende des Fördervereins des Frühförderungsdienstes.

Fachtag der Caritas Passau vermittelt ein neues Verständnis von Behinderung

Ein Kind ist nicht behin­dert oder von einer Behin­de­rung bedroht – es wird behin­dert.“ Mit die­sen Wor­ten hat Petra Hade­rer-Moser, neue Lei­te­rin des Cari­tas-Früh­för­de­rungs­diens­tes Pas­sau, am Ende eines bewe­gen­den Tages einen zen­tra­len Gedan­ken in den Raum gestellt. Beim Fach­tag Stär­kung von Teil­ha­be und Selbst­be­stim­mung“ im Valen­tins­saal Pas­sau dis­ku­tier­ten Fach­leu­te, Betrof­fe­ne und Entscheidungsträger:innen über einen Para­dig­men­wech­sel im Umgang mit Behin­de­rung: weg von einem defi­zit­ori­en­tier­ten Blick, hin zu einer Betrach­tung im Kon­text der Lebensumstände.

Pas­saus Cari­tas-Direk­to­rin Andrea Ander­lik eröff­ne­te die Ver­an­stal­tung mit einem kla­ren Appell für mehr Selbst­be­stim­mung und Inklu­si­on. Teil­ha­be und Selbst­be­stim­mung sind nicht nur Schlag­wor­te, son­dern die Grund­pfei­ler unse­rer Gesell­schaft. Men­schen mit Beein­träch­ti­gung sol­len von Anfang an die Mög­lich­keit haben, aktiv am gesell­schaft­li­chen Leben teil­zu­neh­men“, beton­te sie.

Die Ver­an­stal­tung mode­rier­te Ber­tin Abben­hues, Abtei­lungs­lei­ter Teil­ha­be­leis­tung für Kin­der und Jugend­li­che der Katho­li­schen Jugend­für­sor­ge der Diö­ze­se Regens­burg e. V., wäh­rend Expert:innen aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven die Umset­zung die­ses neu­en Ver­ständ­nis­ses beleuch­te­ten. Den recht­li­chen Rah­men erläu­ter­te Fach­an­walt Alban Wes­ten­ber­ger. Er appel­lier­te: Weg vom Schub­la­den­den­ken hin zur indi­vi­du­el­len, bedarfs­ge­rech­ten Hilfeleistung.“

Ein wei­te­rer Blick­win­kel kam von Tho­mas Ban­n­asch, selbst Roll­stuhl­fah­rer und Geschäfts­füh­rer der LAG- Selbst­hil­fe Bay­ern, der die Sicht­wei­se von Men­schen mit Behin­de­rung ver­trat. Er mach­te auf die gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen durch Fremd­be­stim­mung und feh­len­de Res­sour­cen auf­merk­sam. Wir brau­chen eine Bewusst­seins­än­de­rung in der Gesell­schaft und auch bei den Trä­gern.“ Trä­ger wie der Bezirk Nie­der­bay­ern sind für die Kos­ten­über­nah­me von Leis­tun­gen für Men­schen mit Behin­de­rung zustän­dig. Eine gro­ße Her­aus­for­de­rung sei es, mög­lichst pass­ge­nau Leis­tun­gen zu fin­den und auch zu gewäh­ren, erklär­te Mar­tin Gal­lit­zen­dör­fer, Refe­rats­lei­ter in der Sozi­al­ver­wal­tung des Bezirks Nie­der­bay­ern. Die Kos­ten sei­en seit 2018 um 40 Pro­zent angestiegen.

Teil­ha­be und Selbst­be­stim­mung sind nicht nur Schlag­wor­te, son­dern die Grund­pfei­ler unse­rer Gesell­schaft. Men­schen mit Beein­träch­ti­gung sol­len von Anfang an die Mög­lich­keit haben, aktiv am gesell­schaft­li­chen Leben teilzunehmen.”

Petra Haderer-Moser, Leiterin des Caritas-Frühförderungsdienstes Passau

Für eine spie­le­ri­sche Abwechs­lung sorg­ten Sabi­ne Wolf und Dr. Ger­hard Herr­mann, Geschäfts­füh­run­gen der Arbeits­stel­le Früh­för­de­rung Bay­ern. In Form eines fik­ti­ven Inter­views zwi­schen einem Jour­na­lis­ten und einer Ein­rich­tungs­lei­te­rin stell­ten sie die Her­aus­for­de­run­gen eines Kin­des mit För­der­be­darf im Kin­der­gar­ten dar. Die­se begin­nen bereits bei der Reiz­über­flu­tung an der Gar­de­ro­be und enden bei der Inter­ak­ti­on mit ande­ren Kin­dern. Man müs­se dem Kind Ent­wick­lungs­räu­me und Wachs­tums­be­din­gun­gen ermög­li­chen, um Teil­ha­be zu för­dern“.
Den Abschluss des Fach­tags bil­de­te eine leb­haf­te Dis­kus­si­ons­run­de, bei der deut­lich wur­de: Ein grund­le­gen­der Per­spek­tiv­wech­sel ist nötig, um Bar­rie­ren in der Gesell­schaft abzubauen.

Nach dem Fach­tag folg­te ein fei­er­li­cher Moment: die Ver­ab­schie­dung von Ger­hard Krin­nin­ger in den Ruhe­stand. Er hat­te über 31 Jah­re mit gro­ßem Enga­ge­ment für die Früh­för­de­rung gear­bei­tet, davon über 20 Jah­re als Einrichtungsleitung.

Ihr Blick auf das Wohl der Kin­der, Ihr Ein­füh­lungs­ver­mö­gen für die Sor­gen der Eltern und Ihre wert­schät­zen­de Art gegen­über Ihrem Team haben Sie zu einer geschätz­ten Füh­rungs­per­sön­lich­keit gemacht“, so Cari­tas-Direk­to­rin Andrea Ander­lik. Auch Ober­bür­ger­meis­ter Jür­gen Dup­per, Mit­glied des För­der­ver­eins, hob Krin­nin­gers beein­dru­cken­den beruf­li­chen Wer­de­gang hervor.

Cor­ne­lia Was­ner-Som­mer, stv. Land­rä­tin, Bezirks­rä­tin und 1. Vor­sit­zen­de des För­der­ver­eins des Früh­för­de­rungs­diens­tes, unter­strich die enge und gute Zusam­men­ar­beit: Wir ver­ab­schie­den dich mit einem lachen­den und einem wei­nen­den Auge.“ Weh­mut und Dank­bar­keit schwang auch bei Regi­na Schön, Vor­sit­zen­de der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung des Cari­tas-Früh­för­de­rungs­diens­tes, mit: Dank dir sind wir nicht nur als Team gewach­sen, son­dern auch als Individuen.“

Ire­ne Ber­ner, 1. Vor­sit­zen­de der Ver­ei­ni­gung für Inter­dis­zi­pli­nä­re Früh­för­de­rung, wür­dig­te Ger­hard Krin­nin­ger für sei­ne stets gute Art und ver­ab­schie­de­te ihn mit den Wor­ten: Du warst und bist ein Eck­pfei­ler für die Viff – sowohl nach innen als auch nach außen.“

Ger­hard Krin­nin­ger selbst blick­te dank­bar auf sei­ne Zeit bei der Cari­tas Pas­sau zurück: Mit Leib und See­le war ich Früh­för­de­rer und Füh­rungs­kraft der Cari­tas Pas­sau. Nun gebe ich die Lei­tungs­ver­ant­wor­tung in gro­ßer Dank­bar­keit ab.“ Sei­ne Nach­fol­ge­rin wird Petra Haderer-Moser.

Zum Abschluss des Tages setz­te die neue Ein­rich­tungs­lei­tung Petra Hade­rer-Moser einen star­ken Impuls für die Zukunft. Eine dro­hen­de Behin­de­rung wird nicht mehr als Eigen­schaft oder Defi­zit eines Kin­des betrach­tet, son­dern als Zusam­men­spiel diver­ser Fak­to­ren. Es wird behin­dert – in sei­nem Recht auf Selbst­be­stim­mung und gleich­be­rech­tig­te Teil­ha­be“, erklär­te sie. Ihr Appell an die Anwe­sen­den war unmiss­ver­ständ­lich: Tra­gen Sie die­ses neue Ver­ständ­nis von Behin­de­rung hin­aus in Ihre Lebens­wel­ten. Erzäh­len Sie davon. Streu­en Sie die­se Bot­schaft aus wie einen Samen. Nur wenn wir als Fach­kräf­te und Ver­ant­wort­li­che die­ses neue Den­ken wei­ter­ge­ben, kann sich etwas für Kin­der und Men­schen wirk­lich ändern.“

Text und Foto: Kili­an Sei­berl / can 

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