Manchmal geht es ganz schnell, dass eine Familie in eine große Notlage gerät. Im Fall der Familie Hofbauer (Namen von der Redaktion geändert) war es so, dass Papa Markus die niederschmetternde Diagnose einer schweren Krankheit erhielt. Wer sollte sich nun in der Zeit, in der die Mama halbtags arbeitet, um die drei Kinder (1, 4 und 7 Jahre) kümmern? Der Papa kam quasi liegend aus dem Krankenhaus, hat immer noch viele Behandlungen, ist aber Gott sei Dank auf dem Weg der Besserung. Den kleinen eineinhalbjährigen Julian darf er aber immer noch nicht heben. Ab Herbst hofft der selbstständig arbeitende Familienvater, die Kinder wieder selbst versorgen zu können, wenn seine Frau arbeitet.
Wenn eine Familie eine solch schwierige Phase durchläuft, braucht sie Hilfe. Bei Familie Hofbauer ist Familienpflegerin Alexandra Pfaffinger (45) der Rettungsanker in dieser Notlage. Montagmorgen um 8 Uhr: Die Familienpflegerin kommt gut gelaunt in das gemütliche Heim der Familie. Sofort beginnt sie mit Aufräumarbeiten. Denn die Spülmaschine ist gerade fertig. Küche und Esstisch stehen noch voll mit Frühstücksgeschirr. Der Kleine weint, weil die Mama jetzt zur Arbeit geht und muss abgelenkt werden.
„Das ist sehr wichtig, dass die Kinder gern bei mir bleiben, damit die Mama den Kopf frei hat für die Arbeit. Wo sind eure Kappen und die Sonnencreme?”
Weil Alexandra Pfaffinger nun schon drei Monate in dieser Familie ist, hat sich der Jüngste in der Familie inzwischen an sie gewöhnt, ist auffallend anhänglich. Liebevoll hält sie den kleinen Blondschopf im Arm. „Das ist sehr wichtig, dass die Kinder gern bei mir bleiben, damit die Mama den Kopf frei hat für die Arbeit“, stellt Alexandra Pfaffinger fest. „Wo sind eure Kappen und die Sonnencreme?“ fragt die Familienpflegerin in die Runde. Denn gleich geht es an diesem schönen Sommertag auf den nahegelegenen Spielplatz, zum Auspowern. Der vierjährige Florian geht zur Zeit nicht in den Kindergarten, um während der Genesungszeit des Vaters keine Krankheitserreger mit heim zu bringen. Auf dem Weg zum Spielplatz sucht der Vierjährige am Wegesrand vierblättrige Kleeblätter, balanciert Mauern entlang und natürlich hat er Alexandra Pfaffinger viel zu erzählen. Eine Stunde und viele lustige Schaukel- und Klettereinheiten später geht‘s zurück nach Hause.
Die vier Einsatzstationen im Bistum Passau sind:
- Landkreis Passau
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Judith Zimmermann, Tel. 08573/9687715
- Landkreis Freyung-Grafenau
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Irmgard Weinrauch, Tel. 08555/4075673
- Landkreis Rottal-Inn
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Ingrid Noneder, Tel. 0176/70058907
- Landkreis Altötting
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Franziska Rauschecker, Tel. 08671/884887
Dort kann Alexandra Pfaffinger ihre Aufgaben wie Waschen, Saugen, Wischen noch fertig machen und das Mittagessen kochen. Inzwischen ist auch der Papa von einer Behandlung heim gekommen und betont die Bedeutung der Familienpflegerin: „Ohne diese Hilfe wär‘s zur Zeit unmöglich. Ich darf ja noch nicht mal den Kleinen hochheben. Nach dieser unglaublich niederschmetternden Diagnose und vielen Behandlungen mit Chemotherapie, die sich niemand wünscht, läuft es jetzt aber schon sehr gut. Ich habe einen Plan und werde im Herbst dann hoffentlich wieder alle versorgen können.“
„Ohne diese Hilfe wär‘s zur Zeit unmöglich. Ich darf ja noch nicht mal den Kleinen hochheben. Nach dieser unglaublich niederschmetternden Diagnose und vielen Behandlungen mit Chemotherapie, die sich niemand wünscht, läuft es jetzt aber schon sehr gut. Ich habe einen Plan und werde im Herbst dann hoffentlich wieder alle versorgen können.”
Nach dem Vormittag in dieser Familie geht es für Alexandra Pfaffinger im orangen Familienpflegewerk-T-Shirt weiter zum nächsten Einsatz, eine syrische Familie. Zur Zeit kümmert sich die Familienpflegerin zudem um eine ältere Dame, die sich die Hüfte gebrochen hat und ebenfalls Hilfe im Haushalt braucht. An anderen Tagen ist sie bei einer Familie mit fünf Kindern, wo der Papa psychisch krank ist und die Mama und die Kinder schwer traumatisiert für 13 Wochen in eine Klinik kamen. „Jetzt sind sie wieder zu Hause und benötigen einfach noch Unterstützung im Alltag“, erklärt Alexandra Pfaffinger. „Die Kinder brauchen eine Person, die ihnen Halt und Zuverlässigkeit gibt. Die Mutter bekommt Unterstützung im Haushalt und jemand zum Reden, der ihr Hoffnung schenkt und den Glauben, dass es irgendwann auch wieder besser wird. Dort hole ich meistens zweimal pro Woche die Kinder vom Kindergarten und bleibe bis etwa 19 Uhr, bis die Kleinen bettfertig sind.“
Die Arbeit der Familienpflegerinnen ist also ein weites Feld. Sie erleben in den Familien schwere Krankheiten, Konflikte, Suchtprobleme, Überforderung, Verwahrlosung. Die Einsätze sind sehr unterschiedlich, die Aufgaben vielfältig.
Doch wer oder was verbirgt sich hinter dieser wichtigen Einrichtung, die Familien in Notlagen aus der Patsche hilft? „Das Familienpflegewerk im Katholischen Deutschen Frauenbund ist der größte Anbieter von Familienpflege in Bayern mit 22 Stationen. Seit 1950 engagieren wir uns für Familien in besonderen Belastungssituationen. Unsere Mitarbeiterinnen für pädagogische, hauswirtschaftliche und pflegerische Aufgaben sind qualifizierte Fachkräfte, die regelmäßig an Fortbildungen und Supervisionen teilnehmen“, erklärt Judith Zimmermann, die Einsatzleitung der Station für Stadt und Landkreis Passau. „Familienpflege und Haushaltshilfe sind gesetzlich geregelte Leistungen, die von Krankenkassen, Jugendämtern, Sozialämtern sowie Rentenversicherungen getragen werden. Leider sind die Sätze der Krankenkassen nicht kostendeckend und das Familienpflegewerk ist somit auf Spenden und Zuschüsse angewiesen.“
Dieses mobile Einsatzkommando für in Not geratene Familien braucht also selbst immer wieder Hilfe, um notwendige Einsätze durchführen zu können. Denn rund um die Einsätze stellt sich oft die Frage: Wer übernimmt die Kosten? Wer stopft die finanziellen Löcher, wenn die Kosten für den Einsatz nicht oder nur zum Teil übernommen werden?
So war es zum Beispiel im Jahr 2020 eine riesige Erleichterung, als durch den Bischof-Eder-Fonds zusätzliche 1000 Einsatzstunden finanziert wurden. Eine solche Zuwendung gebe erstmal Planungssicherheit, betont Alexandra Pfaffinger. Und gerade in Corona-Zeiten seien Familien oft an ihre Grenzen gestoßen. Auffallend sei, dass Familien sich zunehmend trauen, selbst aktiv um Hilfe zu bitten, wenn sie merken, dass sie es vorübergehend aus eigener Kraft nicht mehr schaffen, den Alltag zu meistern. Dann sei das Team vom Familienpflegewerk froh, wenn man diese Hilfe schnell geben könne. Doch das sei bei der massiven Unterfinanzierung von Familienpflege im Sozialsystem oft gar nicht so einfach.
„Es ist mir ein wichtiges Anliegen, in versteckter Not, Bedürftigkeit und Überforderung den Familien helfen zu können, denn in unserer Gesellschaft wird das oft tabuisiert. Gut, dass Frauen im Familienpflegewerk diese Not sehen und etwas dagegen unternehmen!”
Wer bekommt Hilfe und wie?
Hilfe über den Bischof-Eder-Fonds
Über den „Bischof-Eder-Fonds“, der vom Diözesan-Caritasverband verwaltet wird, konnten Familien zusätzlich unterstützt werden; gerade wenn die Familien über andere Wege nicht gefördert werden konnten und sie durch das Raster gefallen wären. Für diese Familien ist es wirklich ein Lichtblick im Dunkeln. Welche Familien im Einzelfall Unterstützung erhalten, entscheiden die Einsatzleitungen des Familienpflegewerkes. Wichtig ist, dass hier sehr schnell und unkompliziert Hilfe erfolgt.
So konnten allein 2020 insgesamt 32 besonders belastete Familien in Notlagen und außergewöhnlichen Situationen unterstützt werden. Das waren Familien, die durch Mehrlings-Geburten sehr belastet waren, Familien mit Suchterkrankungen oder psychischen Belastungen. Auch bei schweren Erkrankungen oder in Pflege-Notsituationen halfen die Einsatzstationen aus. Die Corona-Pandemie mit den Lockdowns in Kitas, Schulen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung belastete viele Familien noch zusätzlich. Für 2021 wird die Hilfe über den „Bischof-Eder-Fonds“ fortgesetzt. Erneut sind 40.000 Euro zur Verfügung gestellt worden, um weitere 1000 Einsatzstunden zu finanzieren.
Die Kirche von Passau will hier an der Seite der Familien sein. Auch in diesem Jahr finanziert der Bischof-Eder-Fonds wieder 1000 zusätzliche Einsatzstunden für das Familienpflegewerk. Dieser Fonds wurde im Jahr 2000 von Bischof Franz Xaver Eder gegründet, um in Not geratenen Müttern, Kindern und Familien schnell und unbürokratisch helfen zu können. Bis zu seinem Tod am 20. Juni 2013 begleitete Bischof Eder die Geschicke des Fonds mit hohem Einsatz persönlich. Seit seinem Ableben wird diese Arbeit unter der Obhut des Diözesan-Caritasverbandes fortgesetzt. Durch die enge Zusammenarbeit mit Pfarreien und Verbänden im Bistum kann Familien schnell und unbürokratisch geholfen werden.
Bischof Dr. Stefan Oster liegt diese Hilfe für Familien sehr am Herzen. Deshalb stockte er den Bischof-Eder-Fonds im Jahr 2020 derart auf, dass dem Familienpflegewerk 1000 zusätzliche Einsatzstunden finanziert werden konnten. Und auch in diesem Jahr 2021 wird derselbe Betrag (40.000 Euro) beziehungsweise wieder 1000 Einsatzstunden vom Bistum zur Verfügung gestellt, um die Folgen der Pandemie in den Familien abfedern zu können. Bischof Oster betont: „Es ist mir ein wichtiges Anliegen, in versteckter Not, Bedürftigkeit und Überforderung den Familien helfen zu können, denn in unserer Gesellschaft wird das oft tabuisiert. Gut, dass Frauen im Familienpflegewerk diese Not sehen und etwas dagegen unternehmen!“