Der Betroffenenbeirat im Bistum Passau bemüht sich seit 2021 in Zusammenarbeit mit der unabhängigen Aufarbeitungskommission, das Missbrauchsgeschehen innerhalb der Diözese Passau zu erfassen und die Betroffenen zu unterstützen. Das große Ziel ist, eine nachhaltige Lösung für alle Beteiligten zu finden.
Nach wie vor gibt es ein Dunkelfeld. Um dieses zu erhellen, hat der Betroffenenbeirat eigens einen Flyer in Druck gegeben. Dieser informiert über die Arbeit des Beirates und soll Betroffenen die Gelegenheit geben, sich unter Wahrung des Datenschutzes zu melden.
Die Mitglieder des Beirates haben selbst leidvolle Erfahrungen mit körperlichem oder sexuellem Missbrauch durch Priester oder Mitarbeiter der katholischen Kirche erdulden müssen. Deshalb stellen sie sich der Aufgabe, bei der Aufarbeitung des Missbrauchsgeschehens aktiv mitzuarbeiten. Sie stehen auf Wunsch für begleitende Gespräche, für Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit der Interventionsstelle des Bistums, für Hilfestellung bei der Antragstellung auf Anerkennungsleistungen des Leids, bei der Vermittlung von Gesprächen mit unabhängigen Rechtsberatern oder bei argumentativem Beistand bei Widerspruch gegen Leistungsbescheide zur Verfügung.
Zusätzlich informiert der Beirat über Sinn und Dringlichkeit eines Interviews zur Erstellung der bereits laufenden Missbrauchsstudie mit Prof. Dr. Marc von Knorring (Universität Passau).
Hier finden Sie den Informationsflyer des Betroffenenbeirats zum Download:
„Wir vermuten, dass es noch sehr viel mehr Betroffene gibt als bisher bekannt sind“, ist Siegfried Lang, der Sprecher des Betroffenenbeirats, überzeugt. Diese Personengruppe möchte er ermuntern, sich zu melden. Vor diesem Hintergrund ist Lang enttäuscht, dass die Pfarreien das Anliegen des Betroffenenbeirats kaum vorgestellt haben und oft nicht einmal den Flyer ausgelegt haben. „Viele versuchen sich immer noch wegzuducken, das trifft uns“, sagt Lang. Seines Erachtens bewegt sich auch in der Amtskirche noch viel zu wenig. Als Beispiel nennt er den nach wie vor herrschenden Klerikalismus, der sich etwa in der immer noch verwendeten Bezeichnung „Hochwürdigster Herr“ zeige. „Das passt nicht mehr, das ist eine Überhöhung des Priesteramtes. Wir müssen Priester auf eine real menschliche Ebene herunterholen“, sagt Lang. Doch mit dieser Forderung sei er bisher im Bistum noch nicht auf Gehör gestoßen. Abgeschafft oder freigestellt sollte nach Langs Auffassung auch die zölibatäre Lebensform werden. Priester sollten die Möglichkeit haben, „ihre ganze Menschlichkeit und ihre Sexualität auszuleben“.
Ein anderer Impuls aus den Reihen der Betroffenen dürfte sehr viel näher an der Umsetzung sein: ein dauerhaftes Mahnmal im Dom, das nachhaltig auf Missbrauch hinweist und die Betrachter emotional berührt. Dieses künstlerische Werk, das die Anklage der Betroffenen genauso beinhaltet wie die Anerkennung der Schuld durch die Kirche, könne dazu beitragen, verlorenes Vertrauen wiederaufzubauen. „So können wir die Kirche aus der Isolierung rausholen“, ist Lang überzeugt. Dies sei ein Impuls, der in die Gesellschaft hineinwirke. In eine ähnliche Richtung zielt der jährlicher Gebetsgottesdienst für Betroffene mit Betroffenen, der heuer zum vierten Mal stattfindet (siehe Kasten). Hier überzeugt Siegfried Lang auch die Form, wie er stattfindet – mit einem positiven Ausblick in die Zukunft. „Er soll zeigen, dass sich etwas ändert, dass Missbrauch aufgearbeitet wird und künftige Taten verhindert werden.“
„Ausschau und Lichtblick“ – Pontifikalandacht am 17. November
Mit „Ausschau und Lichtblick“ ist die Pontifikalandacht mit Bischof Stefan Oster am Sonntag, 17. November, um 16 Uhr in der Kapelle von Spectrum Kirche überschrieben. Papst Franziskus hat angeregt, jährlich einen Gebetstag für Opfer sexuellen Missbrauchs zu begehen. In Deutschland wird dieser von den Kirchengemeinden rund um den 18. November begangen, an dem zugleich der „Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ ist.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur