Bereits Thales von Milet (625−545 v.Chr.), einer der „Sieben Weisen“, erkennt im Wasser das „Prinzip aller Dinge.“ „Aus Wasser ist alles, und ins Wasser kehrt alles wieder zurück“, schrieb er. Sein philosophischer Kollege Heraklit (520−460 v.Chr.) sieht später in einer wichtigen Eigenschaft des Wassers ebenfalls ein Lebensprinzip, wenn er sagt: „Alles fließt.“
Was wäre eigentlich unsere Welt ohne Wasser? Unvorstellbar! Ohne Wasser kein Leben, zumindest kein Leben, so wie wir es kennen. Aus dem Wasser, der „Ursuppe“, ist unser Leben in all seiner Einmaligkeit, Kostbarkeit und Mannigfaltigkeit entstanden. Der Mensch selbst besteht zu 50 bis 70 Prozent aus Wasser. Innerhalb von 24 Stunden fließen 1400 Liter Wasser durch unser Gehirn und unsere Nieren werden von ca. 2000 Litern Wasser durchströmt. Neben dem Sauerstoff, den wir atmen, ist Wasser also das wichtigste Element für unseren Körper.

„Wasser bricht Stein“
Wasser kann mit seiner Kraft Gesteine sprengen, kann in seiner unglaublichen Geduld und Beharrlichkeit harte Kieselsteine schleifen, es kann Böden aushöhlen und auswaschen, ganze Gebirge abtragen und in Tropfsteinhöhlen neue Steinlandschaften erschaffen. Es kann tiefe Täler einschneiden oder überfüllen, kann ein Land überschwemmen und somit Not und Elend über die Menschen bringen, aber es kann auch ein Land fruchtbar machen. Regen und Schnee, Nebel und Reif sind allbekannte Wasser- und Wetterphänomene.
„Gottes Geist schwebte über dem Wasser“
So ist es auch kein Wunder, dass das Naturphänomen „Wasser“ eines der wichtigsten und aussagekräftigsten Symbole unseres Glaubens darstellt und eine zentrale Bedeutung in den biblischen Schriften gewinnt. Es schlägt einen hohen Bogen durch die gesamte Bibel. Schon gleich am Anfang heißt es: „Und die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“ (Gen 1,1−2).
Selbstaussage Jesu: „Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.“ (Joh 4,14) Bei seinem letzten Laubhüttenfest in Jerusalem stellte sich Jesus hin und rief: „Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt!“ (Joh 7,37−38) Das Wasser, das die Samariterin am Brunnen trinkt, wird somit zum Symbol für das ewige Leben in seiner ganzen Bedeutung und Fülle – zum „lebendigen Wasser“ (Joh 4,10).
Als Symbol der Klarheit, Reinheit und der Reinigung taucht es auch in der christlichen Liturgie der Taufe auf. Als ein Sakrament der Aufnahme in die christliche Kirche ist sie untrennbar mit Wasser verbunden. In der ursprünglichen Form der Taufe bedeutet das Eintauchen in das Wasser die Teilhabe am Tod Christi, der all unsere Schuld abwäscht und das Auftauchen für die Teilhabe an seiner Auferstehung.
„Wasser, ein Menschenrecht“
Die UN-Vollversammlung erklärte am 28. Juli 2010 den Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung zu den grundlegenden „Menschenrechten“. Da jedoch Resolutionen der UN-Vollversammlung wegen fehlender realistischer Sanktionen völkerrechtlich relativ unverbindlich sind, wird es – wie Wissenschaftler immer wieder prophezeien – vielleicht schon in absehbarer Zukunft zu kriegerischen Auseinandersetzungen um das Trinkwasser kommen, wenn wir nicht allesamt sparsam und verantwortungsbewusst mit unserem Wasser umgehen.
Unsere Umweltverschmutzung führt zu einem Klimawandel, und sie führt unter anderem zu einem Anstieg des Meeresspiegels und damit zur Veränderung von Küsten- bzw. Insellandschaften und zu erheblichen Problemen für die dort lebenden Menschen.
Wasser ist und bleibt eines unserer kostbarsten Güter auf unserer Welt. Grund genug, es ganz bewusst in Dankbarkeit und Verantwortung anzunehmen, zu hegen und zu pflegen wie unseren Augapfel. Auch für uns Christen bleibt der klare und eindeutige Hinweis Jesu: „…ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben.“ (Mt 25,35)
Text: Stanislaus Klemm