
Anlässlich des 80. Jahrestages der Hinrichtung von Dietrich Bonhoeffer macht sich der Autor unseres aktuellen Editorials der Ausgabe 13-2025 Gedanken über ein Vermächtnis, das uns verpflichtet.
Mehr als 10.000 Seiten, 16 Bände, umfasst die historisch-kritische Ausgabe der Werke Dietrich Bonhoeffers. Was für ein Nachlass! Doch unsterblich gemacht hat sich der evangelische Theologe, Widerstandskämpfer und Märtyrer mit einigen wenigen Zeilen: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag…“. – Dieses Gedicht an seine Braut, geschrieben in der Verlorenheit einer Gefängniszelle der Nazis, ist eines der ergreifendsten Gebete der Christenheit.
Rückblende: April 1945 in Schönberg im Bayerischen Wald. 70 prominente Häftlinge aus Buchenwald werden in den beiden Schulhäusern des Ortes „zwischengelagert“, Geiseln der SS, die in der „Alpenfestung“ das Überleben sichern sollten. Die Befreiung scheint nah. Doch als Pastor Dietrich Bonhoeffer und General Friedrich von Rabenau am 8. April von der Gestapo abgeholt werden, wissen sie, was ihnen bevorsteht. Einem Mitgefangenen sagt Bonhoeffer: „Das ist das Ende. Für mich der Beginn des Lebens.“ Die letzten Worte, die von ihm überliefert sind. Am Morgen des nächsten Tages wird er in Flossenbürg erhängt.
„Schweigen im Angesicht des Bösen ist selbst böse.”
Engagierte Menschen in Schönberg sorgen dafür, dass dieser Mann und diese Zeit auch in unserem Bistum nicht in Vergessenheit geraten (siehe auch die Seiten 7 und 12). Wertvoller kann Erinnerungskultur nicht sein. Gerade in einer Zeit, in der menschenverachtende Ideologien die Welt vergiften. In einer Zeit, in der radikale evangelikale Nationalisten in den USA nicht einmal davor zurückschrecken, Bonhoeffers Vermächtnis zu besudeln, in dem sie seinen Namen für militante Aktionen zu Gunsten von Donald Trump missbrauchen. Dabei werden liberale Politiker und die Demokratische Partei mit den Nationalsozialisten gleichgesetzt. Fake-News oder die komplette Verdrehung der Wahrheit in einer neuen, perversen Qualität.
Das macht freilich um so mehr deutlich: Dietrich Bonhoeffer bleibt eine wichtige Stimme für Zivilcourage und christliche Verantwortung in Zeiten der Bedrängnis. Seine Haltung gegenüber der nationalsozialistischen Diktatur, sein kompromissloses Eintreten für Verfolgte und sein tiefes theologisches Denken machen ihn zu einer Inspirationsquelle für Menschen weit über die Grenzen der Kirche hinaus. Sein Leben und Wirken fordern uns auf, uns gegen Unrecht zu stellen, aus unserem Glauben heraus Verantwortung zu übernehmen. Bonhoeffers mahnende Worte sind eindeutig: „Schweigen im Angesicht des Bösen ist selbst böse.“ Wer sich an Bonhoeffer orientiert, wird erkennen, dass Christsein untrennbar mit Einsatz für andere verbunden ist. Dietrich Bonhoeffer war ein Mann, der nicht nur predigte, sondern lebte, was er lehrte. Sein Mut, sein Glaube und seine Liebe zur Wahrheit sind ein Vermächtnis, das uns verpflichtet. Denn, um es mit Bonhoeffers eigenen Worten zu sagen: „Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen – vorher aber nicht.“

Wolfgang Krinninger
Chefredakteur
Zum Gedenken an Dietrich Bonhoeffer
Schönberg erinnert zum 80. Jahrestag der Hinrichtung an den Widerstandskämpfer
Anlässlich des 80. Jahrestages der Hinrichtung von Diet-rich Bonhoeffer und der Zerstörung Schönbergs im April 1945 laden der Markt Schönberg, das Kulturforum Schönberg und die Evangelische Kirche Grafenau vom 6. bis 25. April zu zwei Gedenkwochen ein.Das Programm umfasst folgende Veranstalltungen:
- Sonntag, 6. April: 10 Uhr Gottesdienst mit Gedenken an Dietrich Bonhoeffer und die Sippen- und Sonderhäftlinge in der Pfarrkirche St. Margareta; im Anschluss in der Pfarrkirche Eröffnung der Ausstellung „Rückkehr ins Leben“.
- Dienstag, 8. April: 10 Uhr Pfarrkirche St. Margareta: Ökumenische Andacht mit Texten aus Dietrich Bonhoeffers letzter Andacht in Schönberg am 8. April 1945 mit Reverend Dr. John McCabe aus England und dessen Pilgergruppe. Um 19 Uhr im KuK Schönberg Power-Point-Vortrag von Bernd Bachhuber (Kulturbeauftragter Markt Schönberg): „Mutige Taten in schweren Zeiten – wie Schönberger Bürger/innen den Sippen- und Sonderhäftlingen im April 1945 geholfen haben“. Im Anschluss Vorführung des Fernsehfilms „Wir Geiseln der SS“ (Teil 2).
- Mittwoch, 9. April: 18.30 Uhr Treffen an der evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Kirche und Zug zur katholischen Pfarrkirche zu einer ökumenischen Andacht aus Anlass des 80. Todestages von Dietrich Bonhoeffer mit Domkapitular Gerhard Auer, dem ev. Dekan Jochen Wilde, Pfarrerin Sonja Schuster (Grafenau) und Pfarrer Simon Steinbauer (Schönberg).
- Freitag, 11. April: 19 Uhr in der ev. Bonhoeffer-Kirche Vortrag von Pfarrer Martin Dubberke (Garmisch-Partenkirchen): „Dietrich Bonhoeffer: Kollege, Heiliger, Märtyrer, Zeitgenosse“. Pfarrer Dubberke war Geschäftsführer der Berliner Erinnerungs- und Begegnungsstätte „Bonhoeffer-Haus“.
- Dienstag, 22. April: 19 Uhr in der ev. Bonhoeffer-Kirche, Vortrag ev. Pfarrer Dr. Jonathan Steensen, Hauzenberg: „Die Ethik Bonhoeffers – ein Buch, das nie fertig werden sollte“.
- Freitag, 25. April: 19 Uhr Gedenk- und Dankgottesdienst in der kath. Pfarrkirche St. Margareta anlässlich der Zerstörung Schönbergs am 25. April 1945.
- Samstag, 26. April: 19 Uhr im KuK Schönberg: Vorstellung aus dem Kapitel 13 über die Tage im April 1945 durch Bernd Bachhuber aus dem neuen Schönberger Heimatbuch.
Text: red