Die Seite „glauben – fragen – entdecken“ versteht sich u.a. auch als interaktive Seite, das heißt Ihre Fragen rund um Religion und Glaube haben einen festen Platz. Es haben uns schon einige Anfragen aus der Reihe der Leserinnen und Leser erreicht. Eine davon lautet: Was ist eigentlich gemeint mit dem Ausdruck „Herr der Heere“?
Heilig bist du großer Gott, heilig Herr Gott Zebaot“ – das gleichnamige Lied aus dem Gotteslob (Nr. 198) gehört zu den meistgesungenen (Sanctus-)Liedern in unseren Gottesdiensten. Vermutlich haben Sie die passende Melodie gerade in Ihrem Kopf.
Aber was ist mit „Zebaot“ gemeint? Der Begriff „Zebaot“ kommt aus dem Althebräischen und ist die Mehrzahl von „zaba“ (Schar, Heer). Zebaot heißt zunächst nichts anderes als „Heerscharen“ oder „Heere“, und zwar in einem militärischen bzw. kriegerischen Sinn.
In unserem Lied ist der Begriff Zebaot jedoch mit zwei anderen Wörtern verbunden: „Herr“ und „Gott“. „Herr“ umschreibt den hebräischen Gottesnamen JHWH und „Gott“ ist die Übersetzung der Gottesbezeichnung Elohim: JHWH Elohim Zebaot heißt auf Deutsch „Herr Gott Zebaot“, „Herr Gott der Heerscharen“. Aber wie ist das zu verstehen? Wird im Sanctus regelmäßig ein Kriegsgott besungen? Einer, der dreinschlägt und für Ordnung sorgt? Der Gott, wie das Alte Testament ihn kennt?
Ein Blick in das Alte Testament gibt dazu folgende Auskunft: Im Alten Testament kommt der Begriff JHWH Zebaot 285 Mal vor. Auffällig dabei ist, dass er in den Büchern Genesis bis einschließlich Josua kein einziges Mal verwendet wird, sondern v.a. bei den Propheten Jesaja (68 Mal) und Jeremia (82 Mal) sowie im Buch der Psalmen begegnet.
Gott hat nur einen Namen: JHWH. Ihn hat Gott dem Mose am Dornbusch geoffenbart (Ex 3) und damit auch sich selbst. JHWH drückt nicht nur den Namen Gottes aus, sondern zugleich sein Wesen und seine Beziehung zum Volk Israel.
Kein Mensch kann wissen, wie Gott ist. Menschen können Gott aber auf vielerlei Weise erfahren: Sein Schöpfen und Gestalten, seine Zuwendung und Nähe, Hilfe und Unterstützung, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, Dasein und Abwesenheit. Das Volk Israel hat seine Erfahrungen und Vorstellungen von Gott in sprachliche Bilder gefasst und die Erweiterung des Gottesnamens JHWH um „Zebaot“ ist ein Ergebnis davon.
JHWH ist der Herr über sie alle. Seine Macht ist universal.
JHWH Zebaot oder „Herr der Heerscharen“ kann durchaus militärisch verstanden werden, so z.B. in der Geschichte von David und Goliath (1Sam 17,45), aber das greift von der Bedeutung her viel zu kurz. „Heerscharen“ meint mehr als Kriegstruppen: die Mächte der Natur, die Gestirne und alle denkbaren irdischen und himmlischen Mächte sind damit gemeint. JHWH ist der Herr über sie alle. Seine Macht ist universal. Es gibt keinen Bereich, der seiner Macht entzogen ist. Mit dem Namenszusatz „Zebaot“ wird die Allmacht JHWHs betont, seine irdische und himmlische Herrschaft. Er ist der universale König (vgl. 1Sam 4,4; 2Sam 6,2; 2Kön 19,15; Ps 80,2; 99,1), den der Prophet Jesaja in einer Vision auf dem Thron sitzen sieht bzw. den Saum des Gewandes JHWHs (Jes 6). Währenddessen singen die Flügel- und Feuerwesen: „Heilig, heilig, heilig ist der Heer der Heerscharen. Erfüllt sind Himmel und Erde von seiner Herrlichkeit.“ (Jes 6,3)
In den Psalmen wird Gott immer wieder als König gepriesen. Als König, dessen Macht und Größe nicht nur ohne Grenzen sind, sondern der als Helfer und Retter für jeden einzelnen Menschen, der sich an ihn wendet, da ist (z.B. Ps 46,8.12; 69.7; 80; 89,9). Gott übersteigt das menschliche Denk- und Vorstellungsvermögen und ist uns zugleich so nahe wie kein anderer Mensch. JHWH Zebaot, Herr der Heerscharen oder Herr der Heere – das ist die stammelnde Antwort des Menschen auf dieses Geheimnis.
Wenn wir uns zum Gottesdienst versammeln und singend das Sanctus beten, tun wir nichts anderes als unseren Glauben an den einen Gott zu bekennen, ihm zu danken und ihn dafür zu preisen, dass er jetzt da ist und eines Tages wiederkommen wird.
Übrigens: Die genannten Stellen der Heiligen Schrift bilden die wesentliche Grundlage für die Bezeichnung Gottes als „Allmächtiger“, vom apostolischen Glaubensbekenntnis („Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen …“) bis hin zu den dogmatischen Erörterungen über die Allmacht Gottes. Aber das ist ein anderes Thema.
Dr. Anton Cuffari
Stabsstelle für Qualifizierung Ehrenamtlicher für Pastorale Grundaufgaben
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