Woran liegt es, dass der Einzelne sich nicht wohl fühlt, obwohl es uns allen so gut geht? Die Frage ist nicht so alt wie die Menschheit, aber ein paar Jahrzehnte hat sie schon auf dem Buckel. Maximilian „Maxi“ Glanz, verkörpert von Towje Kleiner, wollte darüber ein ganzes Buch schreiben. Die Essenz dessen, womit er als Kummerkasten-Autor bei der Beantwortung von Leserbriefen befasst war. Das war die Ausgangssituation in der Helmut-Dietl-Serie „Der ganz normale Wahnsinn“ Anfang der 80er-Jahre.
Die Frage ist offensichtlich zeitlos und nicht auf eine Fernsehserie beschränkt. Auch 40 Jahre später fühlen sich viele Menschen in unserem nach wie vor recht reichen und sicheren Land unwohl – auch solche, denen es augenscheinlich an wenigem fehlt. Zumindest materiell. Vielleicht gehört der Krisenmodus doch ein wenig zum deutschen Kulturgut. Vielleicht wappnen wir uns damit gegen den Neid der anderen. Wenn wir jammern, kommt niemand auf die Idee, wir könnten gar das Leben genießen.
Die Medien tun ein Übriges: Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten im Sinne der Quote. Die „sozialen“ Medien legen dann gerne noch nach und würzen das Übel mit Bösartigkeit und Niedertracht.
Höchste Zeit zum Gegensteuern. An dieser Stelle ein paar Lichtblicke aus dem ersten Vierteljahr 2024, gesammelt von der Katholischen Nachrichtenagentur.
- Gewalt nimmt beständig ab – viele Menschen schildern den Eindruck, es gäbe immer mehr Gewalt. Aus Sicht eines Kriminologen ist das Gegenteil der Fall. Die Gesellschaft sei aber „wesentlich sensibler geworden, was Gewalt angeht“, sagte der Kriminologe Tobias Singelnstein der „Süddeutschen Zeitung“.
- Weniger Menschen müssen wegen Krebs ins Krankenhaus – Fachleute führen diese Entwicklung auf Vorbeugung und bessere Behandlungsmethoden zurück. Auch der Anteil derjenigen, die an Krebs sterben, ist gesunken: von 25 Prozent im Jahr 2022 auf aktuell 22 Prozent.
- Erstmals stammt der Hauptteil des Stroms, der erzeugt und ins deutsche Netz eingespeist wird, aus Erneuerbaren Energien. Dieser Anteil liegt laut Statistischem Bundesamt inzwischen bei 56 Prozent; im Vorjahr waren es noch 46,3 Prozent.
Das sind jetzt nur drei Beispiele von vielen. Da war noch gar nicht die Rede davon, dass die Bayerische Kurzohrmaus (Microtus bavaricus), eine der seltensten Säugetierarten weltweit, im Alpenraum wieder aufgetaucht ist. Oder dass mir die Sonne heuer immerhin schon so oft ins Gesicht schien, dass mich der Eisverkäufer als Stammgast schon von Weitem grüßt. Ich bleib dabei: Wir sollten drauf schauen, was in der Welt passiert.
Aber niemand hat etwas davon, wenn wir uns runterziehen lassen. Denn mit gesenktem Haupt verlieren wir auch das aus dem Blick, was wir vielleicht durch unser Zutun zum Besseren wenden können.
Ja, ich wage es zu sagen: Das Leben ist schön! Trotz allem.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur