Lichtstrahlen für Arme: Helferin aus Leidenschaft

Redaktion am 01.02.2022

2022 01 24 pb alb antonie lindner1 Foto: privat
Der Einsatz für Frauen und Kinder liegt Antonie Lindner besonders am Herzen, denn deren Lebensumstände seien oft „absolut menschenunwürdig“.

Schritt für Schritt die Welt ein wenig besser machen: Die Rottalerin Antonie Lindner setzt sich seit vielen Jahren während ihres Urlaubs in Entwicklungsländern für benachteiligte Menschen dieser Erde ein.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ – Die­sen Satz könn­te man als das Lebens­mot­to von Anto­nie Lind­ner bezeich­nen. Die 52-jäh­ri­ge Spar­kas­sen­an­ge­stell­te aus Post­müns­ter ver­bringt seit 17 Jah­ren jähr­lich ihren Urlaub in ver­schie­de­nen Ent­wick­lungs­län­dern, um dort als Mis­sio­na­rin auf Zeit zu arbeiten.

Damals reis­te Anto­nie Lind­ner nach ihrer Aus­bil­dung zur Yoga-Leh­re­rin allei­ne mit dem Ruck­sack nach Indi­en, eigent­lich nur, um das Land ken­nen­zu­ler­nen. Doch was ich dort sah, ver­än­der­te mein Leben“, denkt sie an die­ses Schlüs­sel­er­leb­nis in den Berg­dör­fern zurück. Die extre­me Not der Men­schen habe sie sehr betrof­fen gemacht. Und so fing sie an, Jahr für Jahr Spen­den zu sam­meln und nach Indi­en zu flie­gen, um dort der not­lei­den­den Bevöl­ke­rung zu helfen. 

Nach Jah­ren wech­sel­te sie das Land, reis­te nach Afrika/​Uganda, um im Jesui­ten­klos­ter Mis­sio­na­ries of the Poor“ die Mön­che bei der Betreu­ung von körperlich/​geistig behin­der­ten Stra­ßen- und Slum­kin­dern zu unter­stüt­zen. Die dort leben­den Mön­che leis­ten eine wun­der­ba­re Arbeit für die beein­träch­tig­ten Stra­ßen- und Slum­kin­der, die sonst kei­ner­lei Über­le­bens­chan­cen hät­ten“, resü­miert Lind­ner. Zunächst habe ihr der Atem gestockt ange­sichts die­ser Her­aus­for­de­rung: In der Grö­ße einer Turn­hal­le stand ein Bett hin­ter dem ande­ren. Das lau­te Gekrei­sche der Kin­der, die­ser Anblick, wie sie mit den Köp­fen gegen das Bett­ge­stell schlu­gen, traf mich ins Mark. Blin­de, Spas­ti­ker sowie gelähm­te und völ­lig hilf­lo­se Kin­der lagen auf kaput­ten Matrat­zen oder wälz­ten sich auf dem Boden.“ Und dann wur­de sie ein­ge­wie­sen und habe eben mit­ge­hol­fen: Zum Bei­spiel bei der Mor­gen­hy­gie­ne, beim Klei­der­wech­sel, Früh­stücks­ein­ga­be, Rei­ni­gung der durch­näss­ten Matrat­zen im Frei­en sowie der Toi­let­ten und des Vor­raums auf der Ter­ras­se, Vor­be­rei­tung und Ein­ga­be des Mit­tag­essens. Oft hät­ten die Kin­der wäh­rend der Essens­ein­ga­be epi­lep­ti­sche Anfäl­le erlit­ten. Ein kno­chen­har­ter Job, den die jun­gen Mön­che Tag für Tag mit bedin­gungs­lo­ser Nächs­ten­lie­be erle­di­gen“, denkt die enga­gier­te Hel­fe­rin zurück. Und das habe sie angesteckt.

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Der Einsatz für Frauen und Kinder liegt Antonie Lindner besonders am Herzen, denn deren Lebensumstände seien oft „absolut menschenunwürdig“.

Als 2015 das ver­hee­ren­de Erd­be­ben in Nepal aus­brach, reis­te sie unver­züg­lich dort­hin, um beim Wie­der­auf­bau mit­zu­hel­fen. Und so folg­ten wei­te­re Rei­sen nach Nepal, um mit den gesam­mel­ten Spen­den den Men­schen in den Berg­dör­fern Hil­fe zur Selbst­hil­fe zu leis­ten. In all den Jah­ren habe ich bereits ganz allei­ne rund 120 000 Euro als Spen­den ein­ge­nom­men“, zieht Anto­nie Lind­ner Bilanz. Alle anfal­len­den Kos­ten für Flug und Unter­kunft zah­le ich aber aus mei­ner eige­nen Tasche, opfe­re für die Rei­se auch mei­nen Urlaub und neh­me unvor­her­ge­se­he­ne Stra­pa­zen in Kauf.“ Auf die Fra­ge, was sie in Nepals Berg­dör­fern bereits erreicht hat, zählt Anto­nie Lind­ner auf: Eine gan­ze Men­ge konn­te ich in den letz­ten Jah­ren ver­wirk­li­chen. Dazu zäh­len der Bau einer Blin­den­schu­le nach dem Erd­be­ben sowie der Bau eines Geburts­hau­ses, die Instal­la­ti­on von Solar­licht­an­la­gen. der Kauf von Zie­gen und Hüh­nern, Klei­dung und Decken, Hygie­ne- und Gesund­heits­ar­ti­keln, Arz­nei­mit­teln, Hand­werks­zeug und Win­ter­klei­dung für Schul­kin­der. Aber auch die Finan­zie­rung von zahl­rei­chen Ope­ra­tio­nen von Frau­en bezüg­lich der Gebär­mut­ter­sen­kung.“ Fünf­mal sei sie inzwi­schen in den Berg­dör­fern in Nepal gewe­sen, um vor Ort zu hel­fen, mit­zu­ar­bei­ten und auch alles zu begut­ach­ten, was mit den Spen­den­gel­dern gemacht wur­de, denn in den Berg­dör­fern ist die Armut am größten.“

Nächs­ten­lie­be ist die Essenz des Lebens.”

Antonie Lindner

Was sie dabei am meis­ten erschüt­tert hat? Anto­nie Lind­ner: Dass auf­grund einer Geis­ter­furcht in den Berg­dör­fern Nepals die Frau­en ihre Babys in einem stin­ken­den Kuh­stall oder im Wald bei eisi­ger Käl­te zur Welt brin­gen und danach noch 20 Tage drau­ßen ver­har­ren müs­sen. Dies gilt auch wäh­rend ihrer Mens­trua­ti­on. Hin­ter­grund ist, dass kein Blut im Haus sein darf, wo eine Gott­heit steht. Und in jedem Haus steht eine Gott­heit. Die Sterb­lich­keits­ra­te bei den Müt­tern und den Neu­ge­bo­re­nen ist daher sehr hoch.“ Die Frau­en und Kin­der lie­gen ihr beson­ders am Her­zen und die gegen­wär­ti­ge Situa­ti­on fin­det sie abso­lut men­schen­un­wür­dig“. Lind­ner betrof­fen: Unvor­stell­bar, dass es sowas in der heu­ti­gen Zeit noch gibt!“

Doch natür­lich gebe es auch unzäh­li­ge Glücks­mo­men­te und Erfolgs­er­leb­nis­se, meint sie – und zwar im Klei­nen wie im Gro­ßen: Mit der Instal­la­ti­on von Solar­zel­len hat­ten die Nepa­lis Licht in ihrem Haus, was für die Bewoh­ner revo­lu­tio­när war. Aber genau­so der Bau des Geburts­hau­ses, wo die Frau­en ihre Babys wür­de­voll auf die Welt brin­gen kön­nen und wäh­rend der Geburt einen siche­ren Platz haben, betreut von Heb­am­men und Ärz­ten, die aus Kath­man­du kom­men. Oder auch das Ermög­li­chen von schwer­wie­gen­den Ope­ra­tio­nen bei Kin­dern und Frau­en, die sonst kei­ne Per­spek­ti­ve im Leben hätten.“

Auf die Fra­ge, war­um sie das alles macht, ant­wor­tet die Rot­ta­le­rin: Glau­ben Sie mir, das stand vor 17 Jah­ren nicht auf mei­ner Agen­da. Der Weg führ­te von der aben­teu­er­li­chen Ruck­sack­tou­ris­tin, die allei­ne durch ganz Euro­pa reis­te, zur Ent­wick­lungs­hel­fe­rin bei den Ärms­ten der Armen. Es war ledig­lich die­ser eine Augen­blick in einem Berg­dorf in Indi­en, der mich dazu gebracht hat, wie­der zu kom­men und die­sen Men­schen zu hel­fen. Denn wer die­se Armut leib­haf­tig gese­hen hat, den las­sen die Bil­der nie wie­der los.“

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Was für ein Schatz! Wenn Antonie Lindner in Nepals Bergdörfern warme Kleidung zum Schutz vor den eisigen Temperaturen im Winter verteilt, erntet sie nicht nur bei den Kleinsten Staunen und Dankbarkeit.

Nach jeder Rei­se kom­me sie inner­lich rei­cher zurück und das macht schon was mit einem, ist Anto­nie Lind­ner über­zeugt. Die Katho­li­kin ist sehr dank­bar für die­se Erfah­run­gen, sich für Arme und Benach­tei­lig­te ein­set­zen zu kön­nen. Und so freut sie sich, wenn es wie­der los­geht mit der nächs­ten Rei­se nach Nepal. Geplant ist das für Novem­ber 2022. Vor­ge­nom­men hat sie sich dafür den Bau eines wei­te­ren Geburts­hau­ses in dem Berg­dorf Mugu in Zusam­men­ar­beit mit der Orga­ni­sa­ti­on Back-to-Life e.V.“

Die Pan­de­mie hat auch Lind­ner einen Strich durch die Rech­nung gemacht, denn sie konn­te nicht wie geplant nach Nepal flie­gen. Auch der Vor­trag mit dem Extrem­sport­ler Alex­an­der Huber wur­de abge­sagt, der sie bei ihren Pro­jekt­ar­bei­ten unter­stüt­zen woll­te. Aber von die­sen Schwie­rig­kei­ten will sie sich nicht aus­brem­sen las­sen, denn gera­de die Ärms­ten der Armen lei­den unter den Aus­wir­kun­gen der Pan­de­mie beson­ders stark, berich­tet Anto­nie Lind­ner: Natür­lich hel­fe ich wei­ter­hin unab­hän­gig von der Situa­ti­on dort im Land und samm­le Spen­den. Und so geht mein Ein­satz für die Ärms­ten der Armen wei­ter, egal ob ich vor Ort bin oder nicht. Vor allem letz­tes Jahr mit dem Lock­down konn­ten wir mit den gesam­mel­ten Spen­den den Bau von Gewächs­häu­sern oder der Was­ser­ver­sor­gung als Hil­fe zur Selbst­hil­fe beisteuern.“ 

Ob sie nicht ein­mal Lust ver­spürt, einen ganz nor­ma­len Erho­lungs-Urlaub am Meer oder in den Ber­gen zu ver­brin­gen? Da winkt Anto­nie Lind­ner ab: Nein, das ver­spü­re ich nicht. Ich habe das Pri­vi­leg, sehr länd­lich zu woh­nen, da kann ich mich gut erho­len und auf­tan­ken. Ansons­ten mache ich Städ­te­tou­ren, Spa­zier­gän­ge, mag gute Gesprä­che in net­ter Run­de, medi­tie­re oder trei­be Sport. Genau­so genie­ße ich auch Ruhe und freie Zeit für mich.“ 

Anto­nie Lind­ner betont: Ich möch­te immer Neu­es ken­nen­ler­nen, bin neu­gie­rig dar­auf. Ein­mal sag­te ein Pater zu mir: Das Leben ist wie ein gemisch­ter Salat, den man rich­tig zube­rei­ten und wür­zen muss!“ 

Für die Zukunft wünscht sich Anto­nie Lind­ner natür­lich Gesund­heit. Aber auch wei­ter­hin den Mut und die Ener­gie für diver­se Pro­jek­te bei den Ärms­ten der Armen, egal, wo auch immer auf die­ser Welt! Und dass ich immer wie­der gesund nach Hau­se komme.“

Uschi Friedenberger

Ursula Friedenberger

Projekt 2022: Weiteres Geburtshaus – Antonie Lindner sammelt dafür Spenden

Eigent­lich soll­ten wir Men­schen uns fra­gen: Was habe ich für ande­re, wirk­lich bit­ter­ar­me Men­schen getan“, über­legt Anto­nie Lind­ner. Sie hat schon eine Men­ge getan – und will wei­ter hel­fen. Ihr Pro­jekt für 2022 ist ein wei­te­res Geburts­haus in dem Berg­dorf Mugu in Nepal in Zusam­men­ar­beit mit der Orga­ni­sa­ti­on Back-to-Life e.V.“ Bis­her ist es so, dass auf­grund einer Geis­ter­furcht die Frau­en dort ihre Babys in einem Kuh­stall oder im Wald bei eisi­ger Käl­te zur Welt brin­gen müs­sen. Die Sterb­lich­keits­ra­te bei Müt­tern und Neu­ge­bo­ren ist daher sehr hoch. Ein Geburts­haus soll Abhil­fe schaf­fen. Spen­den und Anto­nie Lind­ner bei ihrer Arbeit unter­stüt­zen kann man auf das Kon­to DE75 7435 1430 0010 4202 22, Spar­kas­se Rot­tal-Inn, unter dem Ver­wen­dungs­zweck Geburts­haus in Nepal“. (Wich­tig: Bit­te Adres­se wegen der Spen­den­quit­tung bei Ver­wen­dungs­zweck ange­ben). Kon­takt unter antonielindner@​gmx.​de

Die Ent­wick­lungs­hel­fe­rin aus Post­müns­ter hofft: Für mei­ne Arbeit wün­sche ich mir, dass mit unse­rer Unter­stüt­zung bei den Pro­jek­ten sich die Ärms­ten der Armen selbst hel­fen können.“

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