Wenn nahe Angehörige verstorben sind, empfinden Menschen das oft, als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen. Es fehlen die Worte. Wie aber sollen erst Kinder es schaffen, über das Unaussprechliche zu reden? In einer Trauergruppe am Hospiz Niederalteich lernen Kinder ab vier Jahren und Jugendliche, mit einem solchen Verlust umzugehen. „Unsere Gruppe gibt es jetzt seit bald drei Jahren und sie gehört zum Hospizverein Deggendorf“, erklärt Tanja Heining, die zusammen mit Claudia Sebralla die Gruppe leitet. Kinder kämen mit Fragen wie:
„Warum weint die Mama immer wieder?“ – „Was bedeutet Sterben müssen?“ – „Was kann ich dagegen tun, dass ich jetzt immer so wütend werde?”
Eins ist Tanja Heining dabei besonders wichtig: „Wir reden Klartext mit den Kindern, sprechen ganz offen darüber, wer gestorben ist oder zu Hause so schwer krank ist!“ Dem Kind werde ehrlich und altersgerecht geantwortet: „Ehrlichkeit ist unser erstes und oberstes Gebot. Wir wollen die jungen Menschen zur Trauer hinbegleiten und durch die Trauer durchbegleiten.“
Dass Kinder offen über den Verlust eines geliebten Menschen reden, sei aber nicht selbstverständlich, so Tanja Heining: „Die kommen ja nicht und sagen wie Erwachsene ‚Ich habe dieses Problem und verstehe das und jenes nicht‘“!
Um sie aus der Reserve zu locken und zum Reden über ihren Schmerz zu bringen, gebe es einen vierbeinigen Mitarbeiter in der Gruppe: Beppo. Das ist der dreijährige Hund von Tanja Heining, ein Cavalier-King Charles-Spaniel. Beppo ist bei „normalen“ Treffen im Gruppenraum im Keller des Hospizes mit dabei und hat schon oft das Eis gebrochen und Brücken zu den Buben und Mädchen geschlagen. Die Kinder dürfen ihn zur Begrüßung, in den Pausen und bei Spaziergängen an die Leine nehmen, streicheln und füttern. „Wir lassen die Kinder auch künstlerisch tätig werden“, erzählt Tanja Heining. Zu welchen Farben die Kinder bei ihren Malarbeiten greifen, sage viel darüber, wie es tief drinnen in ihnen aussieht. Für Auflockerung sorge aber immer wieder Vierbeiner Beppo. Und so seien die Treffen oft fröhlich und aufheiternd. Acht bis zehn Treffen dauert ein Zyklus, der komplett kostenfrei ist.
Aber was ist schon „normal“ in Corona-Zeiten? Gespräche finden jetzt telefonisch statt oder per Hausbesuch. „Die Nachfrage nach Einzelberatungen privat zu Hause ist jetzt wesentlich höher“, erzählt Tanja Heining, die wie alle im 7‑köpfigen Team dabei sehr genau auf die Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften achtet. Unabhängig von Corona gehe der Trend generell weg von der Begleitung in der Gruppe hin zur Einzelbetreuung, berichtet sie. Dies könne privat zu Hause stattfinden oder in einem schön gestalteten freundlichen Raum im Hospiz.
Gerade sei man dabei auszutüfteln, ob Beratungen auch online über die Bühne gehen. Auch hier könnten sich die Verantwortlichen vorstellen, dass Hund Beppo bei der Begrüßung auf dem Schoß von Frauchen Tanja sitzt und am Bildschirm erscheint, um so die Aufmerksamkeit der Kinder einzufangen. Damit die kleinen Trauernden es auch online schaffen, das Unsagbare in Worte zu fassen.