Thyrnau. Eingeläutet wurde dieses Jubiläum mit einem Pontifikalgottesdienst in der Klosterkirche mit Abtpräses Vinzenz Wohlwend OCist von der Abtei Wettingen-Mehrau. Konzelebranten waren Abt Andreas Range OCist von der Abtei Marienstatt sowie Pfarrer i.R. Günther Sondorfer.
„„Die Sonne strahlt heute wie ein Regenbogen nach einem Regenschauer aus unseren Herzen, weil wir Gott dankbar sind, dass wir heute dieses große Jubiläum feiern können.“”
Abt Andreas Range erinnerte in seiner Predigt an die sehr bewegte Geschichte des Klosters Rathausen-Thyrnau und seiner Schwestern, die nach mehrmaliger Vertreibung 1902 im ehemaligen Jagdschloss Thyrnau endlich eine bleibende Heimat gefunden haben. „In diesem Kloster vergeht kein Tag, in dem Christus nicht angesprochen und gepriesen wird, damit leben die Schwestern ein beispiellos christliches Leben“, lobte der Prediger.
Ein treuer Begleiter durch diese bewegten Jahrhunderte des Klosters, so der Abt weiter, sei das „Rathauser Kreuz“ aus der Zeit um 1280, das all die Wirrungen und Wanderungen des Klosters treu begleitete und das, so erzählte Mutter Äbtissin Mechthild Bernart später den Gästen, eigens für dieses Fest erstmals in der Geschichte des Klosters aus der Klausur genommen und in der Klosterkirche aufgestellt wurde.
Den Rahmen dieses Gottesdienstes nutzte die Äbtissin auch, um den Unternehmer Prof. Dr. Claus Hipp als Familiaren, also als Laienmitglied, in der Klostergemeinschaft der Thyrnauer Abtei St. Josef aufzunehmen. Als Begründung dafür erinnerte sie daran, dass mit dem Ministerialen Petrus Schnyder ein Vorfahre der Familie Hipp mit dem Kauf und der Schenkung eines Landstückes in der Schweiz den Grundstein für dieses Kloster gelegt habe. Hipp betonte, dass er sich mit dieser Aufnahme als Familiare sehr geehrt fühle. „Ich hoffe, dass wir noch viele Gelegenheiten haben, diese ganz besondere Verbindung zu hegen und zu pflegen“, wünschte er sich.
„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht. Die Zisterzienserinnen des Klosters Rathausen-Thyrnau sind über die bewegten Jahrhunderte hinweg immer mit viel gottesfürchtiger Zuversicht einen sehr langen Weg gegangen, bis sie heute dieses Jubiläum feiern können“, stellte bei der Feier im Pfortenhof des Klosters Pius Bernet fest, der Direktor einer Kantonalen Sozialinstitution in der Schweiz, zu der auch das Kloster in Rathausen gehört. „Noch immer ist in Rathausen der Spirit der Zisterzienserinnen spürbar.”
„Wir im Passauer Land sehen die Zisterzienserinnen-Abtei Thyrnau als einen unverzichtbaren kulturellen und geistlichen Eckpfeiler unserer Identität, damit prägt und formt dieses Kloster das geistige Leben bis heute“, stellte Landrat Raimund Kneidinger in seinem Grußwort fest. Die Paramenten- und Fahnenwerkstatt des Klosters sei ein Aushängeschild des Kunsthandwerks im Landkreis Passau.
Norbert Sterl ging im Festvortrag auf die bewegte und wechselvolle Geschichte des Klosters Rathausen-Thyrnau ein. 1902 war das Geburtsjahr für den Standort Thyrnau. „Am 12. März bezog Äbtissin M. Juliana Füglister mit fünf Mitschwestern das Schloss. Diesen Tag legten die Schwestern als Gründungsdatum des Klosters fest. Im September 1902 war der Konvent in Thyrnau mit 20 Chorfrauen und 12 Laienschwestern wieder vollzählig versammelt“, so rundete Norbert Sterl schließlich die wechselvolle Geschichte dieses Klosters ab. Mit enormem Fleiß bauten die Schwestern in den Folgejahren das Schloss aus und errichteten auch eine neubarocke Klosterkirche.
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„Bei allen Baumaßnahmen achteten die Schwestern auf die notwendigen Abgrenzungen zur Einhaltung der Klausur im Kloster mit dem Ziel, auch baulich die Voraussetzungen zu schaffen, um wieder Abtei werden zu können“, erzählte Norbert Sterl. 1925 sei schließlich die Angliederung an die ‚Mehrerauer Kongregation‘, dem Zusammenschluss selbstständiger Klöster des Zisterzienserordens, gelungen und damit die Erhebung zur Abtei.
Nach einer prosperierenden Entwicklung brachte der Zweite Weltkrieg wieder einschneidende Veränderungen im klösterlichen Leben. Ab 1941 sei die Abtei verpflichtet worden, Wehrmachtsabzeichen zu sticken und Tausende von Socken auszubessern, von 1942 bis 1944 seien die Schwestern zu Krankenpflegediensten in Lazaretten und Krankenhäusern herangezogen worden. Bereits während des Krieges hatten immer wieder Familien auf der Flucht aus zerbombten Städten Unterkunft im Kloster Thyrnau gesucht, zu Kriegsende seien es zeitweise bis zu 100 Personen gewesen.
Nach dem Krieg nahmen die Schwestern auf der Grundlage einer gesicherten Existenz der Abtei in Thyrnau die Bauarbeiten zur Instandsetzung und zum weiteren Ausbau der Klosteranlage wieder auf. Sterl dankte in dem Zusammenhang für alle staatlichen, kirchlichen, kommunalen und privaten Zuwendungen sowie Spendenaktionen, die die jüngst durchgeführten umfangreichen Sanierungsarbeiten an den Klostergebäuden erst möglich gemacht hätten.
Ihre Klosteranlage als außergewöhnliches, denkmalgeschütztes Baudenkmal zu erhalten, bleibt für die Thyrnauer Klosterfrauen, die im Jahr 2020 unter der Leitung von Äbtissin Dr. M. Mechthild Bernart derzeit zehn Schwestern zählen, auch in Zukunft eine Daueraufgabe, getreu der benediktinischen Regel: „ora et labora“ (bete und arbeite).
Bericht und Fotos: Franz Stangl