Bruder Berthold weiß, dass die Figuren aus der Hand von Bruder Mennas stammen, der in Bad Mergentheim das Küferhandwerk erlernte, 1930 in den Kapuzinerorden eintrat und in verschiedenen Klöstern eingesetzt wurde, wo er als Gärtner und Koch tätig war. 1940 musste er zum Grenzschutz und an der französisch-spanischen Grenze Dienst tun. Nach dem Krieg wurde Br. Mennas in Spanien interniert und blieb bis 1948 dort bei den Kapuzinern in Bilbao und Santander als Gärtner und Schreiner. Vermutlich hat er in dieser Zeit die Figuren geschnitzt, beeindruckt von den spanischen Mitbrüdern.
Als Br. Mennas dann nach Deutschland zurückkam, vollendete er wohl die sieben Figuren, meint Br. Berthold. Sie stellen allesamt Kapuziner dar: vier Brüder, zwei Diakone und einen Priester, versammelt um die Krippe mit dem Jesuskind – ihm zu Füßen das Wort Gottes (Evangelium) und am Kopfende Hostie und Kelch als Symbole des lebendigen Gottes. Da Bruder Mennas auch einige Jahre dem Konvent in Karlsruhe angehörte, hatte die Gruppe Kapuziner zunächst in der Weihnachtskrippe in St. Franziskus Dammerstock (Karlsruhe-Rüppurr) ihren Platz. Kapuzinerpater Bruder Norbert, der aus dieser Pfarrei stammt, kann sich noch daran erinnern, dass er als Kind und Ministrant in den Jahren 1960 – 1970 die Figuren an der Weihnachtskrippe gesehen hatte.
Bruder Berthold fand sie im Jahre 1990 auf dem Speicher im Kapuzinerkloster Ehrenbreitstein – mit Staub bedeckt und mit von Motten zersetzter Kleidung. In den folgenden Jahren begleiteten sie ihn. Er suchte nach einer Möglichkeit, die Kapuziner neu einkleiden zu können. Einen ersten Anlauf gab es in Dieburg 2012. Doch unvollendet zogen „die sieben Kapuziner“ weiter. Im Jahr 2015 wurden sie erstmals in Altötting zur Weihnachtszeit in einer Nische aufgestellt. Die Reise ging weiter nach Zell am Harmersbach im Schwarzwald, wo die Figuren im Jahr 2021 in der Wallfahrtskirche zu Weihnachten vor dem Kreuzaltar öffentlich aufgestellt waren. Da jedoch die Kleider beziehungsweise Habits endgültig zu zerfallen drohten, knüpfte Br. Berthold Kontakt zu den Schwestern der heiligen Klara (Klarissen-Kapuzinerinnen) in Gengenbach. Diese besaßen sowohl die Fertigkeit als auch den Stoff, um die Kapuzinerfiguren neu einzukleiden – sind doch die Habite der Schwestern denen der Kapuziner ähnlich.
Mit Erlaubnis von Mutter Oberin Eva-Maria Burger hat schließlich Sr. Ancilla Fischer (81) den „sieben Kapuzinern“ zu neuen Habiten verholfen. Erstmals wurden die Figuren in neuem Glanz zur Weihnachtszeit im Jahr 2022 in der Wallfahrtskirche Zell am Harmersbach, präsentiert. Nun sind sie im Bruder-Konrad-Kloster in der Pfortenzelle von Bruder Konrad zu sehen.
Biblische Erzählungen miterleben
Bruder Berthold Oehler fertigte „Egli-Figuren“
Der Umgang mit biblischen Texten lässt sich vertiefen durch den Einsatz „Biblischer Erzählfiguren“, die Doris Egli aus Baar bei Zug in der Schweiz federführend mitentwickelt hat. Die Figuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie biegbar sind. Man kann also mit ihnen das, was wir Körpersprache nennen, wiedergeben, erklärt der Altöttinger Kapuzinerbruder Berthold Oehler. Darum lasse sich manches auf diese Weise „sprechender“ ausdrücken als mit Worten allein. In Deutschland vermittelte zuerst Ida Marty gemeinsam mit Pfarrer Werner Knoch im Stift Urach in zahlreichen Werkkursen die Herstellung und den Umgang mit diesen Figuren. Sie können das Wort Gottes vergegenwärtigen, da wir doch Menschen mit dem Einsatz aller unserer Sinne und Gaben wahrnehmen, erklärt Br. Berthold. Die Figuren verfügen dabei allenfalls über angedeutete Gesichtsausdrücke, damit der Betrachter darin selbst die gedachte biblische Figur oder sogar sich selbst sehen kann.
Bruder Berthold erzählt, dass er diese Art von Bibelarbeit in Exerzitien 1989 kennengelernt hat und danach in Wochenendkursen selbst solch bewegliche und vielseitige Figuren hergestellt hat – die ersten 1990, wofür er einige Kenntnisse im Basteln und Nähen benötigt habe. Die Biblischen Figuren konnte man bis vor wenigen Jahren nicht kaufen, sondern nur in lizenzierten Kursen basteln. Inzwischen sind sie bzw. das Material zur Herstellung aber auf dem Markt und im Internet zu bekommen. Br. Berthold betont jedoch, dass die Figuren durch eigene Arbeit eine persönliche Note erhalten und die dargestellten Szenen ihn in besonderer Weise in das gesprochene Wort hineinfühlen und ihn davon berühren lassen.
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter