Bistum

Untergang und Neuanfang

Redaktion am 10.02.2025

2025 02 07 pb alb wk II roehrnbach Foto: Marktarchiv Röhrnbach
„Nichts ist mit dem Frieden verloren, aber alles kann mit dem Krieg verloren sein.“ Die Zerstörungen in Röhrnbach in den letzten Kriegstagen sind ein bitterer Beleg dafür, wie recht Papst Pius XII. mit seiner Aussage kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatte.

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg und die Herrschaft der Nationalsozialisten. Die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) im Landkreis Freyung-Grafenau hat aus diesem Anlass eine Veranstaltungsreihe mit Zeitzeugen-Dokumenten ins Leben gerufen. KEB-Geschäftsführer Michael Winichner erklärt, was es damit auf sich hat.

Herr Winich­ner, was war denn aus­schlag­ge­bend, dass die KEB Frey­ung-Gra­fen­au die­se Rei­he ver­an­stal­tet?
Winich­ner:
Zum einen sind 80 Jah­re ein Zeit­raum, wo man gesagt hat: Es ist ein­fach wich­tig, da noch­mal dran zu erin­nern. Vor allem, weil bei uns im Land­kreis Frey­ung-Gra­fen­au das Kriegs­en­de wirk­lich mit teil­wei­se erheb­li­chen Schä­den ein­her­ge­gan­gen ist. Und es geht auch dar­um, das The­ma Krieg noch ein­mal ins Bewusst­sein zu rufen. Wir haben ja lei­der Got­tes auch momen­tan eini­ge Kriegs­er­eig­nis­se auf der Welt. Es geht dar­um, den Blick dar­auf zu wer­fen, wie sinn­los Krieg eigent­lich ist, weil Krieg nie eine Lösung ist. Pius XII. hat kurz vor Aus­bruch des Zwei­ten Welt­kriegs noch gesagt: Nichts ist mit dem Frie­den ver­lo­ren, aber alles kann mit dem Krieg ver­lo­ren sein.“ Wie recht er gehabt hat, haben wir ja spä­tes­tens 1945 gese­hen: Wie viel Leid der Krieg ver­ur­sacht hat – mensch­li­ches Leid –, aber auch, was für eine Rui­nen­land­schaft dann hin­ter­las­sen wurde.

Wor­auf stützt sich die Vor­trags­rei­he?
Winich­ner:
Das Bis­tum Pas­sau und alle ande­ren baye­ri­schen Bis­tü­mer haben kurz nach Kriegs­en­de, bereits im Mai und dann im Juli noch­mal, die Orts­pfar­rer auf­ge­for­dert, mit einem Fra­gen­ka­ta­log einen detail­lier­ten Bericht abzu­ge­ben. Über die letz­ten Jah­re wäh­rend des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Regimes und dann vor allem die letz­ten Kriegs­ta­ge: Was ist da vor­ge­fal­len? Was ist pas­siert? Wel­che Bege­ben­hei­ten gab es noch? Dadurch haben die Diö­ze­sen einen gro­ßen Schatz an Zeit­zeu­gen­be­rich­ten oder Augen­zeu­gen­be­rich­ten. Und wir haben gesagt: Wenn wir schon so etwas haben, wol­len wir das auf­grei­fen und in eine Vor­trags­rei­he packen. Wenn man von die­sem Kriegs­en­de vor 80 Jah­ren hört, ist es immer so etwas Abs­trak­tes. Man kann in die Geschichts­bü­cher schau­en und erfährt, wie es in Deutsch­land zuge­gan­gen ist. Aber wie ist die­ses Kriegs­en­de wirk­lich bei mir vor Ort abge­lau­fen? Was ist in mei­ner Stadt pas­siert, in mei­ner Gemein­de? Für die­se Fra­gen sind die­se Zeit­zeu­gen­be­rich­te der Orts­pfar­rer wirk­lich unschätz­bar wert­voll. Und da haben wir gesagt: Das ist es wert, eine Vor­trags­rei­he dar­über zu machen.

Das Inter­es­san­te ist ja: Es gibt ansons­ten nur weni­ge Auf­zeich­nun­gen oder Augen­zeu­gen­be­rich­te?
Winich­ner:
Es gibt viel über die gro­ßen Ereig­nis­se. Aber wenn es um den loka­len Aspekt geht, da gibt’s kaum Zeit­zeu­gen­be­rich­te. Natür­lich haben immer wie­der Leu­te Erin­ne­run­gen auf­ge­schrie­ben, aber so detail­liert und ganz genau beschrie­ben, wie das hier in die­sem Umfang der Fall ist – das hat man sonst kaum.

Kön­nen Sie uns einen klei­nen Ein­blick in die­se Vor­trags­rei­he geben?
Winich­ner:
Unser Refe­rent ist bei allen vier Vor­trä­gen Dr. Her­bert Wurs­ter, der frü­he­re Archiv­di­rek­tor des Bis­tums Pas­sau. Er nimmt die­se Kriegs­end­be­rich­te als Basis für die Vor­trä­ge. Er ergänzt sie mit ande­ren Recher­chen, die er gemacht hat, spe­zi­ell für den Ort, wo er refe­riert. Wir neh­men als Bei­spiel die drei Städ­te im Land­kreis Frey­ung-Gra­fen­au – also Frey­ung, Gra­fen­au und Wald­kir­chen – und haben dazu noch Röhrn­bach mit aus­ge­wählt, weil spe­zi­ell dort in den letz­ten Kriegs­ta­gen noch sehr, sehr star­ke Zer­stö­run­gen pas­siert sind. Die Ter­mi­ne, wann die Vor­trä­ge genau statt­fin­den, kön­nen Sie jeder­zeit auf unse­rer Web­sei­te nach­schau­en, da ist alles genau auf­ge­lis­tet. Am 9. April gibt es dann auch noch einen Gedenk­got­tes­dienst für Diet­rich Bon­hoef­fer. Bon­hoef­fer war ja, kurz bevor er nach Flos­sen­bürg gebracht wur­de – wo er dann am 9. April hin­ge­rich­tet wur­de –, noch in Schön­berg in der Schu­le inter­niert mit Mit­häft­lin­gen. Das ist jetzt genau 80 Jah­re her. Da haben wir gesagt: Das ist eine gute Gele­gen­heit, an Diet­rich Bon­hoef­fer zu erin­nern, an eini­ge Schrif­ten von ihm – und gemein­sam ein öku­me­ni­sches Geden­ken zu machen, wo sowohl die evan­ge­li­schen Geist­li­chen als auch unse­re mit dabei sind.

Fin­den auch noch wei­te­re Ver­an­stal­tun­gen im Zusam­men­hang mit dem Geden­ken zum 80. Jah­res­tag des Kriegs­en­des im Land­kreis Frey­ung-Gra­fen­au statt?
Winich­ner:
Ja, näm­lich im April in Schön­berg. Schön­berg des­we­gen, weil Diet­rich Bon­hoef­fer eben dort inter­niert war. Schön­berg hat auch einen sehr akti­ven Kul­tur­ver­ein mit Herrn Bach­hu­ber an der Spit­ze, der unglaub­lich viel Auf­ar­bei­tungs­ar­beit leis­tet. Dort schuf man eine Erin­ne­rungs­kul­tur, um im Gedächt­nis zu hal­ten, was Bon­hoef­fer für eine gro­ße Per­son war, aber auch, um an die Zivil­cou­ra­ge der Leu­te immer wie­der zu erin­nern. Die Schön­ber­ger haben sich da wirk­lich her­vor­ge­tan und haben die­se Häft­lin­ge unter­stützt – mit Lebens­mit­teln und ande­rem. Sie haben nicht weg­ge­schaut, son­dern Mit­ge­fühl gezeigt und ver­sucht, den Häft­lin­gen so gut, wie es damals ging, zu helfen.

So weit der Blick in den Land­kreis Frey­ung-Gra­fen­au und dar­über hin­aus. Fin­det das The­ma auch bei den ande­ren KEBs im Bis­tum Pas­sau statt?
Winich­ner:
Ja, u.a. haben die KEBs in Rot­tal-Inn und in Deg­gen­dorf ähn­li­che Ver­an­stal­tungs­rei­hen. Infor­ma­tio­nen fin­den Sie auf den jewei­li­gen Webseiten.

Thomas Koenig

Thomas König

Fachadministrator Medienportal Bistum Passau

80 Jahre Kriegsende – Erinnerungen aus erster Hand

Eine gan­ze Ver­an­stal­tungs­rei­he wid­met sich dem Kriegs­en­de 1945 im Land­kreis Frey­ung-Gra­fen­au. Wie haben sich die letz­ten Kriegs­ta­ge in der eige­nen Hei­mat abge­spielt? Die­ser loka­len Betrach­tung des Kriegs­en­des wid­met sich die Vor­trags­rei­he. Ein­ge­la­den ist dazu Dr. Her­bert Wurs­ter (Archiv­di­rek­tor a.D.), der auf Berich­te der dama­li­gen Orts­pfar­rer über die letz­ten Kriegs­ta­ge zurück­grei­fen wird. Wei­te­re Ver­an­stal­tun­gen zum The­ma sind in Schön­berg geplant.

Die Termine im Einzelnen:

  • Frei­tag, 7. März, 19 Uhr: Vor­trag Pfarr­saal Grafenau
  • Don­ners­tag, 20. März, 19 Uhr: Vor­trag Pfarr­saal Röhrnbach 
  • Mitt­woch, 9. April, 18.30 Uhr: Evan­ge­li­sche Kir­che Schön­berg, Geden­ken für Diet­rich Bon­hoef­fer zum 80. Todes­tag, anschlie­ßend öku­me­ni­scher Got­tes­dienst in der Katho­li­schen Pfarrkirche 
  • Sams­tag, 26. April, 18 Uhr: Stadt­pfarr­kir­che Frey­ung, Vor­abend­mes­se und anschlie­ßen­de Dank­pro­zes­si­on für die fried­li­che Über­ga­be Frey­ungs an die ame­ri­ka­ni­schen Trup­pen. Der Vor­trag fin­det im Anschluss im Pfarr­saal statt. 
  • Don­ners­tag, 8. Mai, 19 Uhr: Gedenk­got­tes­dienst zum Kriegs­en­de in der Stadt­pfarr­kir­che Wald­kir­chen, anschlie­ßend um 19.30 Uhr Vor­trag im Pfarrsaal
  • Mon­tag, 7. April, 19 Uhr: im KuK Schön­berg Vor­trag von Bernd Bach­hu­ber (Kul­tur­be­auf­trag­ter Markt Schön­berg): Muti­ge Taten in schwe­ren Zei­ten – wie Schön­ber­ger Bür­ger den Sip­pen- und Son­der­häft­lin­gen im April 1945 gehol­fen haben“. Im Anschluss Vor­füh­rung des Fern­seh­films Wir Gei­seln der SS“ (Teil 2), in dem die dra­ma­ti­sche Befrei­ung der Gei­seln in Nie­der­dorf mit Inter­view-Ein­blen­dun­gen von damals Betrof­fe­nen geschil­dert wird. 
  • Diens­tag, 8. April, 19 Uhr: im KuK Schön­berg Vor­stel­lung der deut­schen Erst­aus­ga­be des neu­en Buches Acht Tage im April“ durch den Autor Dr. John McCa­be aus Eng­land mit anschlie­ßen­der Diskussion. 
  • Frei­tag, 11. April, 19.30 Uhr: in der ev. Bon­hoef­fer-Kir­che Vor­trag von Pfr. Mar­tin Dub­ber­ke (Gar­misch-Par­ten­kir­chen): Diet­rich Bon­hoef­fer: Kol­le­ge, Hei­li­ger, Mär­ty­rer, Zeit­ge­nos­se. Pfr. Dub­ber­ke war Geschäfts­füh­rer der Ber­li­ner Erin­ne­rungs- und Begeg­nungs­stät­te Bonhoeffer-Haus. 
  • Sams­tag, 26. April, 19 Uhr: im KuK Schön­berg Vor­stel­lung des neu­en Schön­ber­ger Hei­mat­bu­ches von Bernd Bachhuber.

Weitere Nachrichten

2025 02 17 pb alb bundestagswahl
17.02.2025

Gwiss wiss ma

In einem gemeinsamen Appell zur Bundestagswahl treten die Vorsitzenden der christlichen Kirchen in…

2025 02 17 pb alb aufmacher ausgabe 8 2025
Bistum
17.02.2025

Festakt zur Segnung von Renovierungsbau

Im Rahmen eines feierlichen Festakts hat Bischof Stefan Oster SDB die neu renovierten Räume der…

2025 02 17 pb alb rainer schiessler und robert drexler
Bistum
17.02.2025

„Ich setze auf die Liebe“

Für seine markigen Worte und eine unkonventionelle Seelsorge ist der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler…

2025 02 17 pb alb kkv jahresprogramm
Bistum
17.02.2025

Über den Tellerrand schauen

Kirche weiter denken – so heißt das Motto des Verbandes „Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung“ (KKV). Die…