Wie geräucherter Speck mit der Konsistenz von Leberkäse schmeckt der Räuchertofu zum Kartoffelstampf und zum Sauerkraut (mit Karotten und Apfel). Da sind wir uns einig. Ich habe für drei Gäste ein veganes Vier-Gänge-Menü zubereitet und bei der Hauptspeise vermisst keiner von uns das Fleisch. Auch wenn’s nicht so schmeckt wie man’s kennt. Irgendwie schmeckt’s halt doch. Mit vier von fünf möglichen Punkten goutieren meine drei Gäste diesen abgewandelten bayerischen Klassiker. Damit ist er der Höhepunkt des Menüs. Ganz anders die Nachspeise: Kaiserschmarrn ohne Eier ist wirklich ein Schmarrn. Aber dazu später mehr.
Alle drei Gäste achten auf ihre Ernährung. Sie essen aber gerne auch Fleisch; so wie ich. Nur dass ich das zumindest für einige Wochen ändern will. Denn vor rund fünfeinhalb Jahren habe ich mich schon einmal einige Monate lang hauptsächlich vegan und teils vegetarisch ernährt – und mehrere Kilo abgenommen. Leider ist es mal wieder Zeit, das zu wiederholen. Nur bitteschön so, dass ich das auch langfristig durchhalte – vegetarisch und vegan zumindest an fünf Tagen der Woche. Weil es sich gut angefühlt hat damals – körperlich fitter und mit dem Empfinden, etwas „Richtiges“ zu tun. Letzteres klingt freilich ziemlich diffus. Und vermutlich ist das auch der Grund, wieso ich diese Art der Ernährung eben nicht beibehalten konnte.
Impressionen
Julia bringt es auf den Punkt: „Jedes Jahr im Januar haben Leute gute Vorsätze, unterstützt von Trends und Kampagnen – viele machen da mit, aber kaum einer zieht das durch.“ Da hat sie mich ertappt. Ich habe mich der Kampagne „Veganuary“ (Veganer Januar) angeschlossen, voller guter Vorsätze und mit vielen Rezeptideen in der Hand.
Weitere Kritikpunkte sprechen meine Gäste an: „Mich stört die Ideologie hinter solchen Kampagnen: also wenn Leute anderen ihre Lebensweise aufzwingen wollen“, sagt Chloe. „Dieses Missionieren muss wirklich nicht sein“, stimmt Julia zu. Chloe ergänzt: „Bei veganen Ersatzprodukten sind mir oft viel zu viele ungesunde Zusatzstoffe enthalten.“ Daniel meint: „Vegetarisch finde ich absolut ok, das kapiere ich, insbesondere wegen des Tierwohls. Aber vegan geht mir zu weit, da fehlt mir die Logik – warum sollte die Welt ohne Milch eine bessere sein? Ich habe Kühe in Indien gesehen – die machten sicher keinen glücklicheren Eindruck als unsere Kühe auf dem bayerischen Land.“
Das Menü
Kann ich meine kritischen Gäste wenigstens mit dem Menü überzeugen? „Dieses Fake-Hack ist besser als gedacht“, urteilt Chloe über den Starter: Mett-Brötchen mit selbstgemachtem veganen Hack aus Reiswaffeln. 3 von 5 Punkte kriege ich insgesamt dafür. Auch die Vorspeise (3,85 Punkte) finden alle gut: Gemüse-Senf-Suppe mit Apfel und Kräutern, dazu Gurkensalat mit Soja-Joghurt; Chloe und Julia: „Schmeckt fast so gut wie richtiger Joghurt.“ Die Nachspeise, der Kaiserschmarrn mit Hafermilch, aber ohne Eier, misslingt völlig. Das sehen auch meine Gäste so: zu „teigig, batzig“. Daniel: „Kaiserschmarrn gehört nicht in die vegane Küche!“ Julia: „Die vegane Küche muss nicht immer zwanghaft alles nachmachen wollen!“
Insgesamt war es ein gelungenes Menü. Reicht das aus für meine geplanten Wochen und darüber hinaus?
Also der Aufwand ist schon enorm, beim Einkaufen – doppelt so lange wie sonst – und vor allem beim Kochen – Kräuter zupfen, Gemüse raspeln/schneiden, etc. Käse in der Küche hatte ich vor fünfeinhalb Jahren schon sehr vermisst, ebenso Honig.
Gesund ist vegane Ernährung, klar. Nachhaltig und umweltfreundlich ist sie, auch klar. Beides war aber auch schon die letzten fünfeinhalb Jahre der Fall. Biblisch kann ein Prophet (Jesaja 11, 6 – 9) Pate stehen für vegane Ernährung, das 1. Buch Mose (Genesis 9,3) dagegen für omnivore (mit Fleisch). Aktuell mahnt Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ (Punkt 130) Tiere nicht „nutzlos leiden zu lassen und zu töten“ – deshalb muss man aber nicht gleich jeden Tag auf Fleisch verzichten. Da ist und bleibt viel Freiraum.
Was sich gut angefühlt hat, war das Kochen für Gäste. Was wird in einem Jahr sein? Da bleibe ich gespannt – und vorsichtig optimistisch, weil g’schmeckt hat’s schon! Das meiste jedenfalls.
Fotos: Daniel J.
Michael Glaß
Readkteur