Rund 3000 Menschen haben am Vorabend zum Festtag Mariä Himmelfahrt am 15. August in Altötting an Gottesdienst und Lichterprozession teilgenommen. An die 2000 Besucher waren es auch am Festtag selbst bei der Pontifikalmesse in der St. Anna-Basilika mit Bischof Stefan Oster.
„Der Himmel beginnt am Boden“, betonte Altöttings Wallfahrtsrektor Prälat Klaus Metzl in seiner Predigt am 14. August in der Basilika. So als wollten sie diese Aussage bestätigen, waren an diesem Abend zahlreiche Gläubige gekommen – einige Hundert mehr als zuletzt vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Die große Resonanz mag am sommerlichen Wetter und somit idealen Bedingungen für die große Lichterprozession am Kapellplatz gelegen haben; sicherlich auch daran, dass nach drei Jahren wieder ganz ohne Beschränkungen gefeiert werden konnte.
Vielleicht lag die große Resonanz aber auch an der Sehnsucht nach „Ruhe und Frieden in einer Welt, die zusehens aus den Fugen gerät“, die Prälat Metzl eingangs seiner Predigt ansprach. Dabei verwies Metzl auf den Krieg in der Ukraine, auf Menschen auf der Flucht, auf die Zerstörung von „Gottes Schöpfung“, auf den (Macht-)Missbrauch in der Kirche, der „viele Menschen – gerade auch Kinder und Jugendliche – unheilbar verletzt und zerstört hat“, auf die Glaubenskrise, auf die Uneinigkeit in der Kirche, auf den Rückgang kirchlicher Berufungen… Allesamt keine Punkte, die Hoffnung geben oder gar Freude auslösen, dennoch legte Metzl in seiner Predigt auch darauf seinen Fokus: „Voller Freude haben wir uns heute Abend hier bei der Mutter, Unserer Lieben Frau von Altötting, versammelt, weil wir – wie Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch am Gnadenort gesagt hat – bei der Mutter zu Hause sind.“ Und: „Der Himmel beginnt am Boden, weil Gottes Wort in Maria Mensch geworden ist und damit Boden unter den Füßen gewonnen hat.“ Wer Jesus Christus begegne, der habe „schon den Himmel berührt“.
Ähnlich drückte es auch Passaus Bischof Oster in seiner Predigt am Festtag selbst aus: „Die Muttergottes ist in gewisser Weise der Himmel auf Erden – deshalb ist der Himmel auch nahe bei uns.“
Auch Bischof Oster sprach zunächst in seiner Predigt über schwierige Themen insbesondere für die Kirche: mit Blick auf die politische Diskussion über die Kirche sowie auf „oftmals berechtigte“ Berichte über Skandale und (Macht-)Missbrauch in der Kirche könne der Eindruck entstehen, die Kirche liege „in ihren letzten Zuckungen“. Oster kritisierte einen zunehmenden Materialismus und Individualismus, esoterische Trends und Verschwörungstheorien, vor allem aber menschliches Machtstreben, das eine „von Gott gegebene Ordnung“ außer Acht lasse. Hierbei betonte Oster ausdrücklich kirchliche Forderungen nach einem „Schutz des menschlichen Lebens vom Anfang bis zum Ende“, außerdem den Schutz der (klassischen) Familie.
Mariä Himmelfahrt in Altötting – Impressionen
Bischof Oster legte schließlich seinen Fokus auf die Freude am Glauben: „Die Freude ist das gigantische Geheimnis des Christen“, zitierte er gleich dreimal den englischen Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton (1874−1936). Zwar könne „das Endliche“, das Streben im Diesseits letztlich nicht glücklich machen, es gelte aber auch umgekehrt: „Es gibt keine Situation im Leben, die so schlimm sein könnte, dass darin nicht ein Raum für Freude sein könnte“, sagte er mit Verweis auf Paulus (Phil 4,4−6). Mit Blick auf das Tagesevangelium (Lk 1,39−56) und das darin enthaltene Loblied Mariens (Magnificat) erklärte der Bischof: „Wenn wir Zeugnis geben, was uns mit Freude erfüllt, dann ist die Kirche nie in ihren letzten Zuckungen.“
Zu Beginn des Pontifikalgottesdienstes, den Kapellchor und Orchester unter der Leitung von Stiftskapellmeister Stephan Thinnes mit Joseph Gabriel Rheinbergers Messe in C‑Dur beeindruckend gestalteten, hatte der stellvertretende Wallfahrtsrektor Kapuzinerpater Marinus Parzinger die zahlreichen Besucher begrüßt, darunter einige Wallfahrtsgruppen und Fahnenabordnungen sowie zahlreiche Priester und Diakone – unter den Konzelebranten war heuer u.a. sogar ein weiterer Bischof: Heinrich Timmerevers aus dem Bistum Dresden-Meißen. Außerdem begrüßte Br. Marinus Gäste aus der Politik, darunter Innenminister Joachim Herrmann, MdB Stephan Mayer, MdL Martin Huber, Altöttings Bürgermeister Stephan Antwerpen, 2. Bürgermeisterin Christine Burghart sowie einige Stadträte.
Die Festmesse am Vorabend war mit Orgel und von der Altöttinger Hofmusik musikalisch gestaltet worden. Zuvor hatte ein Rosenkranz am Gnadenaltar in der Stiftspfarrkirche stattgefunden, ehe das Gnadenbild feierlich in die St. Anna Basilika übertragen wurde. Nach dem Gottesdienst mit Bischof Oster am Festtag selbst wurde das Gnadenbild wieder feierlich zurück übertragen. Nachmittags fand in der Stiftspfarrkirche mit Stadtpfarrer und Wallfahrtsrektor Metzl eine Marienvesper mit anschließendem Ave am Gnadenaltar statt; für die musikalische Gestaltung sorgte die Schola Autingensis. Die beiden Festgottesdienste wurden auch für die Zuschauer und Zuhörer zuhause via K‑TV und Radio Horeb übertragen.
Fotos: Roswitha Dorfner
Michael Glaß
Readkteur