Kirche vor Ort

Lieben lernen – mit Leib und Seele

Redaktion am 16.08.2024

2024 08 16 pb alb mariae himmelfahrt altoetting9 Foto: Roswitha Dorfner
Festmesse zu Mariä Himmelfahrt in Altötting: Bischof Stefan Oster SDB während seiner Predigt in der St. Anna-Basilika.

Wer wie die Gottesmutter in den Himmel aufgenommen werden möchte, der müsse lieben lernen – mit Leib und Seele. Das betonte Bischof Stefan Oster SDB in seiner Predigt während der Festmesse zu Mariä Himmelfahrt am 15. August in Altötting. Knapp 2000 Besucher kamen anlässlich des Patroziniums der Gnadenkapelle zur Vorabendmesse und noch etwas mehr zur Pontifikalmesse in die St. Anna-Basilika.

Bischof Oster nahm das Hoch­fest der leib­li­chen Auf­nah­me Mari­ens in den Him­mel“ zum Anlass, um über Leib­lich­keit“ zu spre­chen – mit all ihren Licht- und Schat­ten­sei­ten; und vor allem mit dem Aus­blick, dass Men­schen nach ihrem Tod dem christ­li­chen Glau­ben nach nicht als leib­lo­ser Zustand“ und geis­ti­ge Idee“ im Him­mel enden wer­den, son­dern: Wir wer­den dann tie­fer wir selbst sein als wir es jetzt sind“, beton­te Bischof Oster, weil wir dann tie­fer inte­griert sind in unse­ren Leib und weil die­ser dann ganz ein Instru­ment unse­rer Lie­bes­fä­hig­keit ist – zu Gott, zu ande­ren Men­schen und zu uns selbst.“ Jesus sei immer noch Mensch im Him­mel beim Vater“; und auch die Mut­ter­got­tes sei ganz Mensch aus Leib und See­le beim Vater, beim Sohn und im Hei­li­gen Geist“.

Hochfest Mariä Himmelfahrt in Altötting – Impressionen

Fotos: Ros­wi­tha Dorfner

Caro car­do salu­tis – das Fleisch ist der Angel­punkt des Heils“, zitier­te Bischof Oster ein­gangs sei­ner Pre­digt eine Art Glau­ben­s­axi­om seit Anfang der frü­hen Väter­zeit“, das bis heu­te das Glau­bens­ver­ständ­nis prä­ge. In das christ­li­che Men­schen­bild gehö­re zutiefst hin­ein, dass wir ins rech­te Ver­hält­nis zu unse­rer Leib­lich­keit fin­den“. Die­ses sei seit dem Sün­den­fall von Grund auf gestört“, erklär­te Bischof Oster. Seit­dem hät­ten Men­schen mit ihrer Sterb­lich­keit, mit Krank­heit und Alter zu kämp­fen, und ganz all­ge­mein immer wie­der mit die­sem Ker­le, den wir da mit uns her­um­tra­gen“. Man­che Leib­ver­nei­nen­de phi­lo­so­phi­sche Denk­tra­di­ti­on in Ost und West habe auch in das christ­li­che Den­ken Ein­gang gefun­den, doch sei in letz­te­rer die Fra­ge nach unse­rem Leib durch ein unfass­li­ches Ereig­nis“ in ein neu­es Licht gerückt wor­den: Das Wort ist Fleisch gewor­den“ (Joh 1,14), zitier­te Bischof Oster das Johan­nes-Evan­ge­li­um; Chris­tus ist Mensch gewor­den“ und habe eine leib­li­che Ver­fas­sung ange­nom­men und alles bejaht, was an uns da ist“. Daher soll­ten vor allem Chris­ten auch die posi­ti­ven Sei­ten der Leib­lich­keit im Blick haben: Was gut schmeckt, wun­der­schön anzu­se­hen ist, …“. Gera­de Chris­ten soll­ten akzep­tie­ren: Lie­ben kön­nen wir nur im Hier und Jetzt durch unse­re Leib­lich­keit“, wie es Bischof Oster for­mu­lier­te und dabei die Hän­de als Bei­spiel nann­te: Hän­de kön­nen jeman­den fest­hal­ten, der Halt braucht, jeman­den los­las­sen, der Frei­heit will, jeman­den umar­men, der kör­per­li­che Nähe braucht, zärt­lich sein, wenn jemand die Erfah­rung braucht, geliebt zu sein.“ Mensch­li­che Begeg­nung gehe nie unmit­tel­bar von See­le zu See­le“, son­dern nur ver­mit­telt durch den Leib“. Bischof Oster beton­te: Wirk­lich zu lie­ben, das ler­nen wir nur durch tie­fe Selbst­an­nah­me.“ Dazu gehö­re es auch, die eige­ne Gebrech­lich­keit und Sterb­lich­keit zu akzep­tie­ren – dies alles in dem Glau­ben, wir schon jeman­den ken­nen, der die­se Sterb­lich­keit über­wun­den hat, der Mensch gewor­den ist und uns erlöst hat, indem er sei­nen gan­zen Leib ver­schenkt hat und in den Tod gege­ben hat“. Dadurch sei Jesus zum Sie­ger über den Tod“ gewor­den. Bischof Oster resü­mier­te: Wir sind als Chris­ten dazu beru­fen in die Annah­me unse­rer Leib­lich­keit zu fin­den und zu ler­nen, uns sel­ber zu einem Instru­ment der Lie­be Got­tes zu machen.“ Er nann­te hier­bei zwei Vor­bil­der: Die hei­li­ge Edith Stein, die sich im Todes­wag­gon nach Ausch­witz in gro­ßem Frie­den“ um Kin­der küm­mer­te, und den hei­li­gen Maxi­mi­li­an Kol­be, der im KZ Ausch­witz für einen pol­ni­schen Fami­li­en­va­ter in den Hun­ger­bun­ker gegan­gen ist, wo er schließ­lich auch starb.

Bischof Oster stell­te jedoch auch fest: Wir leben in einer Kul­tur, in der das Men­schen­bild in Fra­ge steht, das wir heu­te fei­ern: Dass die Mut­ter­got­tes mit Leib und See­le als gan­zer Mensch in den Him­mel auf­ge­nom­men wor­den ist.“ Vehe­ment wand­te er sich gegen Angrif­fe auf unser christ­li­ches Men­schen­bild“: Hier­bei nann­te er die Ermög­li­chung des assis­tier­ten Sui­zids, ideo­lo­gi­sche Strö­mun­gen, die Abtrei­bung zu einem Men­schen­recht erklä­ren wol­len“ und ideo­lo­gi­sche Strö­mun­gen“, die den Wech­sel des bio­lo­gi­schen Geschlechts bereits in jun­gen Jah­ren für eine ech­te Opti­on hal­ten“. Dage­gen beton­te Bischof Oster die Bedeu­tung des christ­li­chen Men­schen­bilds: Wir sind beru­fen, die Annah­me des­sen zu ler­nen, was Gott uns geschenkt hat in unse­rer Leib­lich­keit und was Gott bejaht hat, trotz­dem wir krank wer­den und sterb­lich sind.“ Bischof Oster appel­lier­te am Ende sei­ner Pre­digt: Las­sen wir uns fest­hal­ten an unse­rem Men­schen­bild: Dass wir Leib und See­le sind und dass wir beru­fen sind, mit­ten in unse­rer Sterb­lich­keit und Leib­lich­keit Lie­ben­de zu wer­den – Lie­ben­de Got­tes, der Men­schen, die uns nahe sind, und Lie­ben­de unser selbst.“

2024 08 16 pb alb mariae himmelfahrt altoetting1 Foto: Roswitha Dorfner
Mariä Himmelfahrt 2024 in Altötting: Wallfahrtsrektor Prälat Klaus Metzl am Vorabend mit dem Gnadenbild.

Dass die Got­tes­mut­ter Maria Him­mel und Erde ver­bin­de, beton­te Wall­fahrts­rek­tor Prä­lat Klaus Metzl in sei­ner Pre­digt am Vor­abend­got­tes­dienst in der Basi­li­ka. Dar­in besteht ihre Wür­de als neue Eva“, erklär­te er und füg­te hin­zu: Denn durch ihr Ja-Wort hat Maria für den Sohn Got­tes eine Brü­cke zwi­schen Him­mel und Erde geschla­gen und uns das neue Leben der Got­tes-Kind­schaft ermög­licht. So wur­de uns der Weg zu unse­rer ursprüng­li­chen von Gott gewoll­ten Hei­lig­keit wie­der neu geöff­net.“ Außer­dem beton­te Prä­lat Metzl: Das Mit-Wir­ken Mari­ens am Erlö­sungs-Werk Got­tes ist also so bedeut­sam, dass Gott sie dafür gewür­digt hat, mit Leib und See­le in den Him­mel auf­ge­nom­men zu wer­den. Dort hat Gott sie zur Köni­gin des Him­mels gekrönt und ihr eine Wür­de ver­lie­hen, die alles übertrifft.“

Als Köni­gin des Him­mels sei Maria nun für uns zur Pfor­te des Him­mels“ gewor­den, stell­te Prä­lat Metzl fest. Denn wenn wir ihren Glau­bens-Weg nach­ge­hen, dann führt sie uns – gleich­sam wie eine gute Mut­ter – zu ihrem Sohn Jesus Chris­tus.“ Die Got­tes­mut­ter Maria weiß – und hat sel­ber erfah­ren – von Jesus Chris­tus erhal­ten wir für unser Leben mit sei­nen je eige­nen Her­aus­for­de­run­gen, Krank­hei­ten und Lei­den, Gna­de über Gna­de“, erklär­te Metzl. Denn Jesus Chris­tus ist unser Ret­ter und Heiland.“

Zu Beginn des Pon­ti­fi­kal­got­tes­diens­tes am Fest­tag, den Kapell­chor und Orches­ter unter der Lei­tung von Stifts­ka­pell­meis­ter Ste­phan Thin­nes mit Franz Schu­berts Mes­se in G‑Dur beein­dru­ckend gestal­te­ten, hat­te der stell­ver­tre­ten­de Wall­fahrts­rek­tor Kapu­zi­ner­pa­ter Mari­nus Par­zin­ger die zahl­rei­chen Besu­cher begrüßt, u.a. meh­re­re Wall­fahrts­grup­pen, Ver­ei­ne und Fah­nen­ab­ord­nun­gen sowie zahl­rei­che Pries­ter und Dia­ko­ne, dar­un­ter Wall­fahrts­rek­tor Prä­lat Metzl und Pater Ben­ja­min Bakow­ski, Pri­or der orts­an­säs­si­gen Pau­li­ner und stell­ver­tre­ten­der Wall­fahrts­rek­tor. Außer­dem begrüß­te Br. Mari­nus Gäs­te aus dem öffent­li­chen Leben, dar­un­ter MdB Ste­phan May­er, MdL und CSU-Gene­ral­se­kre­tär Mar­tin Huber, Bezirks­rä­tin Gise­la Kriegl, Alt­öt­tings Bür­ger­meis­ter Ste­phan Ant­wer­pen, 2. Bür­ger­meis­te­rin Chris­ti­ne Burg­hart, Alt­bür­ger­meis­ter Her­bert Hof­au­er sowie Stadt­rä­te und Pfarr­ge­mein­de­rä­te und Pfarr­ge­mein­de­rats-Vor­sit­zen­de Lui­se Hell. Beim Got­tes­dienst am Vor­abend war auch der baye­ri­sche Innen­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann zu Besuch.

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Mariä Himmelfahrt 2024 in Altötting: Feierliche Prozession über den Kapellplatz.

Die Fest­mes­se am Vor­abend war mit Orgel und von der Alt­öt­tin­ger Hof­mu­sik musi­ka­lisch gestal­tet wor­den. Im Anschluss hät­te eigent­lich die gro­ße fei­er­li­che Lich­ter­pro­zes­si­on über den Kapell­platz statt­fin­den sol­len, die jedoch wegen eines hef­ti­gen Gewit­ter­schau­ers abge­sagt wer­den muss­te. Wall­fahrts­rek­tor Prä­lat Metzl kom­men­tier­te dies in Anleh­nung an einen Aus­spruch Karl Valen­tins humor­voll: Ich freue mich, wenn es reg­net, denn wenn ich mich nicht freue, reg­net es auch.“

Vor dem Got­tes­dienst am Mitt­woch­abend hat­ten ein Rosen­kranz in der Gna­den­ka­pel­le und ein wei­te­rer in der Basi­li­ka statt­ge­fun­den. Wäh­rend der Gebe­te wur­de das Gna­den­bild fei­er­lich in die St. Anna Basi­li­ka über­tra­gen. Auch zum Got­tes­dienst am Fest­tag mit Bischof Oster wur­de das Gna­den­bild in die Basi­li­ka und anschlie­ßend wie­der fei­er­lich zurück über­tra­gen. Nach­mit­tags fand in der Stift­s­pfarr­kir­che mit Stadt­pfar­rer und Wall­fahrts­rek­tor Metzl eine Mari­en­ves­per mit anschlie­ßen­dem Ave am Gna­den­al­tar statt; für die musi­ka­li­sche Gestal­tung sorg­te die Scho­la Autin­gen­sis. Die bei­den Fest­got­tes­diens­te wur­den auch für die Zuschau­er zuhau­se via K‑TV übertragen.

Michael Glass

Michael Glaß

Readkteur

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