
Warum zwei junge Männer viel Freizeit für die Mechanische Krippe Altötting geopfert haben? Das hat viel mit Technik zu tun – aber nicht nur ...
Bei dem einen denkt man mit seinen langen Haaren eher an einen technikfixierten Computerbastler und nicht an einen jungen Mann, der in der Salzburger Bibelwelt eine Krippenausstellung besucht. Bei dem anderen wundert man sich bei der kräftigen Statur mit Vollbart weniger, dass er in seiner Freizeit an echten Lokomotiven herumschraubt, als dass er filigrane Platinen und Modellbauteile entwirft. Paul Sänger und Frank Kölbl – beide 21 Jahre alt – sind grundsympathische, bodenständige junge Männer mit dem Herz am rechten Fleck. Das durfte auch Konrad Brandstetter erfahren, als er für das Projekt der Mechanischen Krippe Altötting Ausschau nach helfenden Expertenhänden hielt, um einige anspruchsvolle technische Ideen zu verwirklichen. So sollte vor allem die Beleuchtung modernisiert und mit der vorhandenen Tonspur synchronisiert werden.
Nach dreijährigen Restaurierungsarbeiten ist die Mechanische Krippe am Freitag, 14. Oktober erstmals seit fast zehn Jahren wieder der Öffentlichkeit präsentiert worden. Eine zur Einweihung mit Segnung durch den Regensburger Diözesanbischof Rudolf Voderholzer erschienene Festschrift zeichnet ausführlich die Entstehungsgeschichte der Mechanischen Krippe, vor allem aber die zahlreichen Schritte zu ihrer Restaurierung nach. Von Anfang an dabei und wortwörtlich mittendrin war Konrad Brandstetter, der in jeden noch so engen Winkel schlüpfte, um die ausgeklügelte historische Mechanik des fast 100 Jahre alten Meisterwerks am neuen Standort wieder zu installieren. Einmal zum Laufen gebracht, ging es Brandstetter aber auch um eine zeitgemäße Präsentation.

Und damit begann die Zusammenarbeit mit Frank Kölbl und Paul Sänger. „Der Ursprung war, wir brauchten Licht da drinnen. Und zwar ein möglichst intelligentes und modernes System, mit dem die Beleuchtung an der Tonspur – eine Beschreibung der Krippe durch den bekannten Synchronsprecher Niels Clausnitzer – entlang gesteuert wird. Die Idee war, wenn Clausnitzer grad bei den Heiligen Drei Königen ist, oder bei der Schmiede, dass dann dort entsprechend das Licht angeht“, berichtet Brandstetter. Dafür ist er vor gut einem Jahr auf die Firma Zeiler (Bühnentechnik, Elektroakustik und mehr) im Nachbarort Neuötting zugegangen. Diese habe ein sehr faires Angebot gemacht für die benötigten Materialien – und ein Lehrlingsprojekt daraus gemacht, womit Frank und Paul dann im Boot waren. Beide befanden sich damals in der Endphase ihrer Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik und freuten sich auf die Gelegenheit, das Projekt weitgehend eigenständig umzusetzen: „Da hat der Chef schon die richtigen erwischt“, beantwortet Paul die Frage nach der Motivation.
Denn die Krippe treffe genau ihren Interessensbereich: Modellbau, Mechanik, Elektronik und die Verbindung davon zum Beispiel über das Programmieren. „Es ist für uns im Grunde ein großer Spielplatz, auf dem wir Dinge ausprobieren können, für die wir sonst keine Zeit, kein Geld oder keinen Platz hätten“, ergänzt Frank.

Doch die Aufgabe war alles andere als Spielerei. Bei der ersten Besichtigung sei die Krippe noch in einem relativ desolaten Zustand gewesen, so sein Kollege Sänger: „Anschließend haben wir in der Firma angefangen, das Ganze im Detail zu planen: die Ansteuerung der Hauptbeleuchtung und der Einzelscheinwerfer, ein Konzept für die Computersteuerung entwerfen. Da haben wir auch eigene Lösungen mit einigem Programmieraufwand entwickelt. Nach und nach haben wir dann alles eingebaut und mit der Tonspur synchronisiert.“ Es seien viele Systeme, die zusammenkommen und zusammen funktionieren müssten.
Frank Kölbl gibt ein Beispiel: „Die Bewegungserkennung werten wir mit einem unserer Steuersysteme aus. Da mussten wir Abhängigkeiten berücksichtigen, etwa dass während der Show das Licht nicht an- und ausgehen darf wenn weitere Besucher den Raum betreten.“ Für das Schmiedefeuer haben die jungen Männer in ihrer Freizeit sogar eine ganz neue Lösung entwickelt: eine eigene Platine mit zehn LEDs, die je drei Farben anzeigen können. Kölbl hat mit seinem 3‑D-Drucker die „Kohlen“ gedruckt, leicht durchsichtig und darunter die Platine platziert: „Die LEDs werden zufällig angesteuert und ergeben dann das flackernde Kohlenfeuer. Hin und wieder wird es heller, als wenn jemand Luft reinpustet, dann wabert es, und dann wird es wieder dunkler.“ Früher habe es nur eine einfache rote Glühbirne gegeben. Nun wirke das Feuer viel lebendiger.

Wie aber steht es mit der kirchlichen Prägung der jungen Männer? Schließlich haben sie unzählige Stunden ehrenamtlich in ein religiöses Projekt gesteckt. „Ich habe da keinen großen Bezug“, gibt Frank unumwunden zu: „Für mich war einfach die berufliche beziehungsweise technische Herausforderung spannend, für dieses besondere Objekt Lösungen zu entwickeln, zu probieren und umzusetzen. Wenn dann alle glücklich sind am Ende, ist das natürlich super.“ Paul hatte ebenfalls die technische Herausforderung gereizt. Von der Mechanischen Krippe hatte er davor noch nie gehört. Krippen an sich interessieren ihn aber durchaus: „Ich habe vergangenes Jahr in Salzburg eine Ausstellung besucht mit Krippen aus verschiedenen Ländern. Das fand ich sehr spannend.“
Aber muss man sich nicht mit dem biblischen Hintergrund beschäftigen, um so ein Projekt ansprechend umsetzen zu können? Völlig unbewandert sei er ja auch nicht auf dem Gebiet, betont Frank Kölbl: „Ich weiß, warum gewisse Leute gewisse Sachen machen bei der Krippe – und das reicht dann eigentlich.“ Wichtig sei natürlich auch die Kommunikation mit den Experten, ergänzt er mit Blick auf Konrad Brandstetter.
Mechanische Krippe Altötting – Impressionen
Perfekt ausgeleuchtet: Die ausgefeilte Lichtsteuerung von Frank Kölbl (letztes Bild) und Paul Sänger sorgt dafür, dass die einzelnen Szenen der Mechanischen Krippe Altötting nicht nur stimmungsvoll, sondern auch passend zur begleitenden Erzählung auf dem Tonband angestrahlt werden.
Fotos: Roswitha Dorfner

Paul Sänger hebt einen wichtigen Aspekt hervor. Er glaubt, dass der Zugang bei der Mechanischen Krippe für viele und auf vielen Ebenen möglich ist: „Für jemanden, für den Religion eine große Rolle spielt, ist eine Krippe an sich schon etwas Sehenswertes – und die Mechanische Krippe erst recht, weil sie etwas Besonderes ist.“ Zudem stehe sie in Altötting, also an einem besonderen Ort. Aber auch aus der rein technischen und lichttechnischen Sicht sei die Krippe interessant. Die Mechanische Krippe spreche also ein relativ breites Publikum an – und könne damit vielleicht sogar denjenigen wieder einen neuen Zugang ermöglichen, für die Religion keine oder nicht mehr so eine große Rolle spiele.
Stolz sind sie schon, die beiden jungen Männer. Zu Recht, wie Konrad Brandstetter anmerkt: „Die meisten Besucher sind stark beeindruckt!“ Es ist eben kein Projekt im stillen Kämmerlein, sondern das Ergebnis wird von vielen Menschen angeschaut. Paul Sänger will den eigenen Anteil am Erfolg der Mechanischen Krippe dennoch nicht zu hoch hängen. Die neue Technik diene der Krippe, die ja ansonsten noch komplett im Originalzustand sei. Wie viel Aufwand, auf Stunden bezogen, denn in dem Projekt stecke? Paul Sänger: „Ich glaub ich will’s gar nicht wissen“ (lacht).
Ihr Mentor Brandstetter jedenfalls hat zwei neue Krippenfreunde gewonnen. Denn Frank und Paul sind auch nach der offiziellen Wiedereröffnung weiter an Bord. „Das ist Modellbau, das ist nie fertig“, bekräftigt Frank Kölbl. „Du schaust es dir an und sagst: ‚Das ist schon schön – aber das wäre auch noch toll‘“.

Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter
Mechanische Krippe Altötting
Mechanische Krippe Altötting, Neuöttinger Str. 2 (rückwärtiges Gebäude am Zuccalliplatz). Öffnungszeiten: Januar/Februar geschlossen, März bis Oktober täglich 10:00 — 17:00 Uhr, November/Dezember: Sa/So/Feiertag 11:00 — 15:00 Uhr.