Wenn man die unterschiedlichen sakralen Räume betrat und sich einließ auf die verschiedenen Umsetzungen und Herangehensweisen an das Thema dieser Nacht, konnte die Weite und Vielfalt von Kirche erfahrbar werden. Von moderner Kunst in der Studienkirche St. Josef über ein Gespräch mit dem bekannten Kabarettisten Christian Springer in St. Jakob und seinem Blick auf die Themen der Zeit bis zu kunsthistorisch-biblischen Betrachtungen in Maria Ach sowie Bibelpantomime und Harfenmusik in Heilig Geist waren die Sinne angesprochen. Das Zwischenmenschliche stand in der Diakonie, bei der Ehe-Familien-Lebensberatung und im Weltladen „Fair und Fein“ im Mittelpunkt. Zu Gebet und Meditation war Raum in der Kapuzinerkirche St. Anna und in der Schutzengelkirche. Einen berührenden und stimmungsvollen Abschluss bildete die „Nacht der Lichter in der Stadtpfarrkirche St. Jakob. Bei Kerzenschein, ökumenischem Gebet und Musik mit dem Chor Fidelis konnten alle zusammen die gesammelten Eindrücke Revue passieren lassen und in Gottes Hände geben.
Die Besucher in der Studienkirche St. Josef in der Altstadt konnten einem Künstlergespräch mit Ines Auerbach und dem Künstler der aktuellen Ausstellung „Drift“, Willibald Katteneder, beiwohnen. Musikalisch umrahmt wurde der Abend mit inspirierender Klaviermusik von Josef Irgmeier. Schülerinnen und Schüler der Maria Ward-Realschule zeigten pantomimisch in einer kleinen Performance, zu welchen Gedanken und Assoziationen in Bezug auf ihr eigenes Leben sie die Anordnung der Stühle angeregt hat. Überzeugend und ausdrucksstark vertieften sie so die Wirkung der Kunstinstallation und regten zum Austausch an.
In der Ehe‑, Familien- und Lebens-Beratung ging es in der Nacht der Offenen Kirchen darum, dass Segen immer nur geschenkt werden kann und zu tun hat mit Beziehung – zwischen Gott und den Menschen und zwischen den Menschen untereinander. Gott segnet die Menschen von Anfang an, nimmt sie bedingungslos an und dies wird uns zugesprochen z. B. im Taufritus. Wir können uns auch untereinander „gut sein“, segnen, einander Mut und Zuversicht zusprechen – „meinen Segen hast Du!“, hieß es dazu im Eingangsimpuls von Andreas Döberl, Dr. Heike Hötzinger und Sabine Bachmeier. In Duos bzw. Trios konnten die Teilnehmenden einander dann erzählen, wer oder was für sie ein Segen geworden ist und für wen sie selber segensreich waren – und sich schließlich die Hände auflegen, um sich mit einer Zeile aus einem irischen Segenslied den stärkenden Segen gegenseitig zuzusprechen.
Segen „von oben“ erhielten offensichtlich auch die Ministranten von St. Jakob, denn während es zuvor noch ziemlich geregnet hatte, war es pünktlich um 21 Uhr trocken, als die jungen Leute das Holz in ihrer Feuerschale am Stadtplatz anzündeten.
Wer zuvor vom regnerischen Wetter ausgekühlt war, konnte sich im Speisesaal vom „Haus der Begegnung Heilig Geist“ in der Altstadt mit warmen Suppen wieder erwärmen. In der Heilig Geist-Kirche verzauberte währenddessen Isabel Estermaier mit ihren Harfenklängen die Zuhörenden. Dazwischen präsentierte Bibelpantomime Benedikt Anzeneder ein gemischtes Programm aus Texten und pantomimischer Darstellung zum Sein in der Gegenwart. Die Besucherinnen und Besucher konnten dabei selbst in diese Erfahrung eintauchen.
Einen Ort der Ruhe, des Gebets und der Anbetung bot die stimmungsvoll erleuchtete Schutzengelkirche am Stadtplatz. Dabei ging es gerade in dieser Zeit darum, dass alle die Zuflucht suchen bei den Menschen und bei Gott Solidarität, Schutz und Segen finden dürfen. Gestaltet wurden die Impulse von der Franziskanischen Gemeinschaft und der „Kurzen Rast“, die jeden Mittwoch um 17 Uhr zum gemeinsamen Gebet in die Schutzengelkirche einlädt.
In der Kapuzinerkirche St. Anna stand der Ordensheilige Bruder Konrad im Mittelpunkt: Unter der Überschrift „Mit großem Vertrauen“ wurden zur Musik von Gemeindereferent und Jugendseelsorger Kone Raischl Bilder aus der Konradkirche in Altötting betrachtet.
Mit textlichen Impulsen und Auszügen aus Bruder Konrads Noviziatsvorsätzen und Briefen spürten die Anwesenden der Spiritualität und tiefen Gottes- und Menschenliebe des heiligen Klosterpförtners nach.
„Ist die Welt fair?“, lautete die Frage im Eine-Welt-Laden. Solidarität mit den eigenen Nachbarn sei schon nicht immer leicht. Wieviel schwieriger sei es da bei den Menschen auf der Südhalbkugel der Erde – wir kennen sie nicht, da sei das Wegschauen sehr einfach. In der Nacht der offenen Kirche hat das Weltladen-Team versucht, Aufklärungsarbeit zu leisten, Brücken zu schlagen, Augen und Herzen zu öffnen.
Doch auch vor Ort suchten die Veranstalter der überaus bunt und vielfältig gestalteten Nacht der offenen Kirchen im wahrsten Sinne des Wortes den Brückenschlag zu den österreichischen Nachbarn auf der anderen Salzach-Seite. Pfarrassistentin Elisabeth Seidlmann öffnete die Wallfahrtskirche Maria Ach, wo mit den ansprechenden Liedern von „Gloria und Achatonix“ das „Mensch(lich) sein“ besungen wurde – um nachzudenken über Solidarität, Schutz (für Menschen in Not) und Gottes Segen.
Die Worte von Elisabeth Seidlmann fassen nicht nur das Angebot in Ach zusammen, sondern die ganze Nacht der offenen Kirchen: „Es war ein wunderbarer Abend und hat uns Mut gemacht offen zu sein für grenzübergreifende Kirche.“
Text: red