An Maria Lichtmess, wenn Weihnachten schon 40 Tage vorbei ist, wird „das Krippal obbrocha“. Diese Redewendung ist bekannt – doch woher kommt sie? Benno Hofbrückl sammelt seit über zehn Jahren Papierkrippen und kennt diesen Ausspruch gut. Er entstammt einer Zeit, in der in vielen Häusern noch Papierkrippen üblich waren. „Früher war es Brauch, Papierkrippen ins Fenster zu stellen. Das waren meist Winterfenster, das heißt, sie waren doppelt ausgeführt, damit die Kälte nicht so leicht ins Haus drang“, erzählt Benno Hofbrückl. „Erst hat die Krippe zur Familie hineingeschaut. Und ab dem zweiten Weihnachtsfeiertag hat man sie umgedreht. Im Dorf gab es dann Krippengänge. Die Leute gingen durch den Ort und begutachteten die verschiedenen Krippen in den Fenstern. An Lichtmess wurden die Krippen wieder weggeräumt. Damit war der Spruch verbunden: „Mia brech ma s‘Krippal ob.“
Der Brauch der Papierkrippen ist bereits für das Italien des 16. Jahrhunderts belegt. Mit der Erfindung des Steindrucks verbreitete er sich in den folgenden beiden Jahrhunderten auch nördlich der Alpen. „Das waren vor allem Arme-Leute-Krippen. Familien, die sich keine geschnitzte Krippe aus Holz leisten konnten, sind auf solche Krippen ausgewichen“, weiß Hofbrückl.
Die Sammlung des 81-jährigen Vilshofeners beinhaltet vor allem Krippen aus Böhmen. Dort lebt dieses Brauchtum sehr stark weiter. In vielen Städten und Dörfern entstehen jedes Jahr neue Papierkrippen. Das fasziniert Hofbrückl sehr: „Es is ausm Leben außa! Ausgerechnet in einem sehr säkularisierten Land wie Tschechien zeige sich hier ein tiefer Volksglaube. „Vieles ging dort während der sozialistischen Zeit verloren. Diese Krippen aber sind immer noch da. Und sie beziehen alles mit ein: Da, wo die Leute leben, entsteht eine Krippe. Da lebt der Glaube. Da lebt Christus. Da ist Weihnachten.“ Diese Lebenswelt findet sich in den Krippen wieder: bunte Häuser, bekannte Plätze und Gesichter und aktuelle Themen werden dargestellt. Aus Hofbrückls Sicht ist Weihnachten nicht nur ein Ereignis vor 2000 Jahren, sondern auch heute Realität. „Daher muss man das Verständnis für Weihnachten jedes Jahr aktualisieren, um das Fest wirklich zu verstehen.“
Benno Hofbrückl besitzt bereits mehr als 100 Papierkrippen. Jedes Jahr kommen zur Sammlung einige Krippen hinzu. Er bezieht sie meist von bewährten Bezugsadressen in den Ortschaften, aber auch aus normalen Buchhandlungen im Böhmischen.
Auch wenn bei Familie Hofbrückl daheim nicht das ganze Jahr Lichterketten und Festdekoration die Fenster schmücken, ist Weihnachten damit doch im ganzen Jahr präsent. „Unterm Jahr schneide ich Krippen aus und dabei mache ich mir schon Gedanken: Was steckt eigentlich dahinter? Daher begleiten sie mich vom Glauben her das gesamte Jahr.“ Kurz vor dem ersten Advent werden die Krippen aufgebaut. „Seit meiner Kindheit begleitet mich das. Wir hatten eine ganz große Krippe zuhause, die schon über 100 Jahre alt war. Und eines der faszinierendsten Dinge war, im Advent das Kripperl aufzubauen.“
Diesen Brauch setzt Hofbrückl mit seinen Enkelkindern fort. „Von daher war und ist die Krippe ein Teil der Vorbereitungen auf Weihnachten. Und das ist auch bei uns in der Familie so, dass die Krippe der Mittelpunkt von Weihnachten ist.“
Hofbrückl nutzt die Krippen, um neu zum Nachdenken über Weihnachten anzuregen. Im vergangenen Jahr lieh er einige seiner Papierkrippen einer Religionslehrerin der Mittelschule. Gemeinsam habe man die Krippen aufgebaut – und dabei seien viele Gespräche über Weihnachten entstanden. Das ist dem Sammler ein wichtiges Anliegen: „Eigentlich möchte man genau das erreichen: Die spielerische Wiederbeschäftigung mit dem Thema Christi Geburt.“
Auch in diesem Jahr stellt Benno Hofbrückl viele seiner Krippen aus. Seit 25. November können sie im Kulturhaus Spital in Hengersberg samstags, sonntags und an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden.
Susanne Schmidt
Bischöfliche Pressesprecherin