Eschatologie – die Lehre von den letzten Dingen, von Tod und Auferstehung, Unsterblichkeit der Seele, Himmel, Fegefeuer und Hölle, und wie der Theologe Professor Dr. Joseph Ratzinger diese Dinge sieht. Ein nicht gerade einfaches Thema, das sich der Theologische Leiter des Geburtshauses von Papst Benedikt XVI., Dr. Franz Haringer ausgesucht hat zur letzten Matinee vor der Winterschließungszeit.
Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Welche Hoffnung besteht aus der Sicht des Glaubens? Diesen Urfragen eines jeden Menschen geht man im Geburtshaus von Anfang an auf den Grund und sucht nach Antworten, vor allem in der Theologie Joseph Ratzingers. Wenn Menschen fragen, was nach dem Tod kommt, tauchen bei nicht wenigen Bilder aus dem Mittelalter auf, wo man Himmel, Fegefeuer und Hölle wirkmächtig dargestellt hat, allen voran die Qualen im Fegefeuer und die ewige Verdammnis der Hölle.
Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts beschäftigte sich Ratzinger sehr intensiv, wie er selber sagt, mit diesem Thema und verfasste am Ende seiner akademischen Laufbahn ein Lehrbuch über die Eschatologie, das bis heute ein theologischer Klassiker ist. Es gelang Dr. Haringer, den Zuhörern die doch recht komplizierte Materie herunterzubrechen auf eine verständliche Ebene, in verständlicher Sprache und durch passende Beispiele ergänzt.
„Alle Menschen wollen eine Spur hinterlassen, die bleibt. Aber was bleibt? Das Geld nicht. Auch die Gebäude bleiben nicht; ebenso wenig die Bücher. Nach einer gewissen, mehr oder weniger langen Zeit verschwinden alle diese Dinge. Das einzige, was ewig bleibt, ist die menschliche Seele, der von Gott für die Ewigkeit erschaffene Mensch. Die Frucht, die bleibt, ist daher das, was wir in die menschlichen Seelen gesät haben – die Liebe, die Erkenntnis; die Geste, die das Herz zu berühren vermag; das Wort, das die Seele der Freude des Herrn öffnet. Brechen wir also auf und bitten den Herrn, er möge uns helfen, Frucht zu bringen, eine Frucht, die bleibt. Nur so wird die Erde vom Tal der Tränen in einen Garten Gottes verwandelt.”
Wenn Ratzinger vom Himmel spricht, ist weder ein Ort gemeint, noch ein einzelnes Ereignis. Himmel ist da, wo Menschen in Beziehung treten mit einem personalen Gott, wo sie im Leben und im Sterben sich ganz einlassen können auf ihn. Himmel ist dort, wo wir mit Menschen, denen wir ein Leben lang verbunden sind und waren, über den Tod hinaus in Beziehung bleiben. Himmel ist demnach die von Gott geschenkte Gemeinschaft mit ihm und allen anderen Menschen, die endgültige Geborgenheit. Himmel ist da, wo wir auch mit dem Kosmos in guter Art und Weise in Einklang sind.
Und weil das in den seltensten Fällen gelingt, braucht es eine Reinigung durch die Kraft des Herrn, ein Reparieren dieser mangelhaften Beziehungen, einen Vorgang, der das verschlossene Herz freibrennt und umschmilzt. Die Bibel spricht sinnbildlich von Fegefeuer, vom Purgatorium, einem Reinigungsort, wenn man den Begriff richtig übersetzt. Mit Hölle ist demnach die totale Beziehungslosigkeit gemeint, die bewusste Entfernung von Gott und den Menschen, eine selbstgewählte Einsamkeit und Verlassenheit, fern vom Miteinander und fern vom Kosmos. Eine falsche Beziehung zu Gott, zur Schöpfung und zu den Menschen kann die Hölle sein.
„Ich stehe vor der letzten Wegstrecke meines Lebens und weiß nicht, was mir verhängt sein wird. Aber ich weiß, dass das Licht Gottes da ist, dass er auferstanden ist, dass sein Licht stärker ist als alles Dunkel; dass Gottes Güte stärker ist als alles Böse dieser Welt. Und das lässt mich in Gewissheit weitergehen.”
Ein weiterer Gedanke im Vortrag bezog sich auf die Beziehung der Lebenden zu den Toten und umgekehrt. In der Theologie Ratzingers gilt es als selbstverständlich, dass man in Beziehung mit ihnen steht, dass die Lebenden für die Toten beten sollen und dass umgekehrt die, die bereits am Ziel sind, ein gutes Wort für uns Irdische einlegen. „Das geht über die Schwelle von diesseits und jenseits hinaus, der Tod ist nicht die entscheidende Grenze“, sagte Dr. Haringer.
Schließlich beleuchtete er noch das Thema Seele und Leib: Was existiert weiter? Ist der Mensch ganz weg oder kommt er als Ganzes in den Himmel? Nach der Lehre Ratzingers ist die Seele unsterblich – nicht aus eigener Kraft, sondern weil der Schöpfer mit jedem Menschen einen Dialog beginnen möchte, der auch im Tod nicht aufhört. Die Seele, die so in den Himmel gelangt, hofft zugleich darauf, einen verwandelten Leib zu erhalten.
Als Zusammenfassung, gleichsam als Quintessenz fügte der Papsthausleiter noch zwei denkwürdige Zitate von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. an.
Text: Monika Kleiner