Wenn es einen Ort im Bistum Passau gibt, auf den der Begriff „Ausnahmezustand“ zutrifft, dann ist es das Passauer Frauenhaus. Denn das Leben der betroffenen Frauen und ihrer Kinder ist aus den Fugen geraten. Nach oft furchtbaren Gewaltexzessen müssen sie mühsam verarbeiten, was sie erlebt haben, ihr Leben neu sortieren, wieder Vertrauen gewinnen. Das ist schwierig genug. Und in Corona-Zeiten kommen noch andere Probleme dazu.
„Ja, es gibt eine große Steigerung an Gewalt. Wenn zu Hause alle so dicht ‚aufeinandersitzen‘, eskalieren die Konflikte. Wir haben Fälle, da stehen einem wirklich die Haare zu Berge. Unglaublich, wie brutal Frauen von ihren Männern geschlagen werden – und auch die Kinder. Zum Beispiel wurde uns eine Frau mit fünf Kindern zwischen 2 und 12 Jahren aus einer anderen Stadt gebracht. Der Mann hat die Frau eingesperrt, sie und die Kinder geschlagen und der Frau gedroht, sie umzubringen. Katastrophe.”
Als die Frau mit den Kindern ins Passauer Frauenhaus kam, habe man gemerkt, wie fertig alle waren. „Zu allem Übel musste die Frau aber dann wegen des Sorgerechts noch einmal zurück in ihren früheren Wohnort, um dort mit den Kindern persönlich bei der Richterin vorzusprechen. Man habe der zuständigen Richterin verschiedene Alternativen vorgeschlagen, aber es sei zwecklos gewesen: „Es ist der Frau nichts anderes übriggeblieben, als in Corona-Zeiten mit fünf Kindern die siebenstündige Zugfahrt inklusive dreimal Umsteigen anzutreten. Und am nächsten Tag wieder zurück.“ Hildegard Stolper: „Ich hab‘ mich so aufgeregt, konnte selbst nicht mehr schlafen. Der Ehemann war ja schon ein paarmal durchgedreht, hatte die Frau krankenhausreif geprügelt und gedroht, sie umzubringen.“ Hildegard Stolper hat schon viel erlebt, aber solche Schicksale gehen ihr immer noch an die Substanz: „Das sind so Sachen, die beschäftigen mich so, dass ich nächtelang nicht mehr schlafen kann.“
Auch ganz viele Kinder sind momentan im Frauenhaus: „Wir haben zusätzlich zu den neun Frauen zurzeit 17 Kinder von einem halben Jahr bis 14 Jahren. Und die alle zu beschäftigen, da sind unsere Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen schon sehr engagiert und auch die Ehrenamtlichen.“ Um vor Corona-Fällen verschont zu bleiben, werde ständig mit Schnelltests auf Nummer Sicher gegangen, zum Beispiel bei Ehrenamtlichen, die ins Haus kommen oder wenn die Bewohnerinnen einen Termin hatten. Es müsse ständig getestet werden – spezielle Hürden in Corona-Zeiten, die die Situation zusätzlich erschweren.
Lichtblicke gebe es im Moment dagegen wenige. Denn Hildegard Stolper treibt jetzt noch ein anderes Problem um: „Durch die vielen Bewohnerinnen und Kinder haben wir natürlich gestiegene Kosten. Im Gegenzug sind die Spenden aber auf ein Minimum gesunken. Denn jetzt in Corona-Zeiten kann ich ja keine Vorträge halten.“ Deshalb sind vor allem Geldspenden dringend erwünscht (siehe Kasten unten). Und die geplante Erweiterung des Frauenhauses von 9 auf dann 14 Plätze für Frauen in Not plus maximal 20 Kinder scheitert momentan laut Hildegard Stolper an der noch fehlenden Zustimmung durch die Stadt Passau. Die Vorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen kämpft aber weiter an allen Fronten für misshandelte Frauen und lässt keinen Zweifel daran: „Ich gebe nicht auf!“
Ursula Friedenberger
Dem Frauenhaus jetzt helfen!
Corona hat es in sich. Auch im Passauer Frauenhaus erschwert die Pandemie die Situation für die betroffenen Frauen, ihre Kinder und die Verantwortlichen der Einrichtung noch einmal zusätzlich. Da öffentliche Vorträge von Hildegard Stolper über das Frauenhaus jetzt nicht stattfinden können, ist auch das Spendenaufkommen drastisch gesunken. Im Gegenzug sind aber die Kosten gestiegen – allein schon durch die extreme Auslastung des Frauenhauses mit zurzeit 9 Müttern und 17 Kindern
Einrichtung ist vor allem für Geldspenden dankbar
Bakverbindung, Liga Bank Passau:
IBAN: DE89 7509 0300 0004 3125 97
BIC: GENODEF1M05
Kontaktaufnahme rund um die Uhr unter Tel. 0851/89272. E‑Mail: frauenhauspassau@t‑online.de
Ehrenamtliche Helfer zur Unterstützung werden erst wieder gesucht, wenn sich die Corona-Lage entspannt hat.