Der Heilige Geist sorgt für Bewegung, heißt es – in Altötting lässt sich das ganz gut beobachten, wenn zu Pfingsten Tausende Wallfahrer über den Kapellplatz einziehen. Eine der beiden größten Gruppen mit über 4000 Fußpilgern aus Regensburg kam heuer mit einem großen Friedenskreuz. Über 4000 Teilnehmer zählte auch die Pfingstwallfahrt aus München/Freising.
Auch dieses Jahr waren es wieder rund 30 angemeldete Pilgergruppen, die in den Wallfahrtsort strömten, die Kirchen füllten, Gottesdienste feierten, das Gnadenbild besuchten – oder sich dank der sonnigen Tage am Pfingstwochenende auf den Wiesen am Kapellplatz ausruhten. Abends nahmen zahlreiche Pilger an der großen Lichterprozession teil. Die Wallfahrer waren zuvor ein oder sogar mehrere Tage unterwegs gewesen und sichtlich froh, endlich am Ziel angekommen zu sein. Auch wenn die meisten der Gruppen nicht mehr ganz die Stärke hatten wie vor Corona – es waren viele, darunter auch jüngere Teilnehmer, die eine langjährige Wallfahrtstradition fortführten und so am Leben erhalten.
Mit einem großen Friedenskreuz, auf dem unzählige Teilnehmer unterschrieben hatten, kamen am Pfingstsamstag die Regensburger nach Altötting. „So viele Anliegen und Bitten haben uns eingeholt“, stellte Diözesanbischof Rudolf Voderholzer in seiner Predigt in der St. Anna-Basilika fest – und darunter sei die Bitte um Frieden in der Welt „unser größtes Anliegen“; insbesondere der Frieden in der Ukraine, „wo das Volk überfallen wurde und sich nun verteidigen muss“; aber auch „dort, wo die Kameras nicht so oft hinschauen“. „Wir brauchen Versöhnung, wir brauchen die Kraft zum Frieden“, betonte der Bischof. Das Friedenskreuz stand während der Messe vor dem Altar. Auch einen Rucksack mit zahllosen persönlichen Anliegen der Pilger hatte die Wallfahrtsleitung wieder mitgenommen.
Motto der 194. Regensburger Fußwallfahrt war heuer ein Wort aus dem Lukasevangelium: „Fürchte dich nicht! Der Herr ist mit dir!“ (Lk 1,28−30). Dazu sagte Bischof Voderholzer in seiner Predigt: 365 Mal finde sich in der Bibel der Zuspruch, dass sich niemand fürchten müsse; viermal werde uns auch während jeder Messe zugerufen: „Der Herr sei mit euch.“ Es sei dies eine der wichtigsten Bestärkungen im christlichen Glauben, gerade auch im alltäglichen Leben. Ausdrücklich dankte der Bischof, dass das Motto auch während der dreitägigen Wallfahrt immer wieder „für den Alltag ausbuchstabiert“ worden sei.
111 Kilometer Wegstrecke hatte ein Großteil der Wallfahrer heuer wieder absolviert. Bischof Voderholzer war auf der ersten und letzten Etappe mit dabei und „froh und dankbar, dass ich es geschafft und derschnauft habe“. Vor dem Gottesdienst waren die Wallfahrer betend und singend über den Kapellplatz an der Gnadenkapelle vorbei gezogen, wo sie Stadtpfarrer und Wallfahrtsrektor Prälat Klaus Metzl mit dem Gnadenbild begrüßte, während Bischof Voderholzer den Segen spendete. In der Basilika begrüßte der stellvertretende Wallfahrtsrektor Kapuzinerbruder Marinus Parzinger die Pilger und spielte sie u.a. auch mit der Blockflöte herein.
„Nicht der Weg ist das Ziel, sondern unser Pilgerweg hat ein Ziel – die Muttergottes in Altötting“, betonte Pfarrer Hannes Lorenz, der auch dieses Jahr gemeinsam mit Pfarrer Norbert Götz die geistliche Begleitung übernommen hatte. Pilgerleiter Bernhard Meiler freute sich, dass erneut „alle sicher angekommen sind“. Ein herzliches „Vergelt’s Gott“ richtete er an Polizei, BRK und fünf mitpilgernde Ärzte, an die Feuerwehr, Herbergsleute, Lautsprecher-TrägerInnen, an das Funk-Team, an mitpilgernde Beichtväter, an den Ordnungsdienst, an die geistlichen Beiräte und an das gesamte Organisationsteam, das in insgesamt 26 Ressorts diese große Fallfahrt über Monate hinweg geplant und organisiert hatte.
Impressionen vom Einzug der Regensburger Fußwallfahrer in Altötting
Fotos: Roswitha Dorfner
Einen neuen Namen und eine neue Vereinsstruktur hat seit diesem Jahr die „Pfingstwallfahrt“ aus München/Freising, die bislang unter dem Namen „Legio Mariae“ firmierte. Geändert hat sich sonst aber nicht viel, wie Gesamtpilgerleiter Florian Robida aus Ebersberg versicherte. „Der Inhalt hat sich nicht geändert, wir kommen immer noch nach Altötting und wir freuen uns über jeden, der mitgeht.“ Die „Legio Mariae“ sei nach wie vor Teil des Vereins „Pfingstwallfahrt“. Wie sonst auch kam der Großteil der Pilger aus München und Umgebung, viele weitere aus Freising, schließlich auch eine größere Gruppe aus Rosenheim und eine kleinere aus Salzburg. Und wie sonst auch waren die meisten Wallfahrer rund 100 Kilometer an drei Tagen nach Altötting marschiert. Am Pfingstmontag trafen sie sich in Heiligenstatt, gingen gemeinsam nach Altötting und zogen mit vielen Holzkreuzen und Legio Mariae-Fahnen an der Gnadenkapelle vorbei über den Kapellplatz – zusammen mit den Abholern waren es über 4000, ähnlich viele wie zwei Tage zuvor die Regensburger. Pilgerleiter Robida ist es wichtig, dass gerade eine Wallfahrt die Menschen zusammenführe – „Jung und Alt, konservativ und progressiv“. „Wir sind alle zusammen eine Wallfahrt“, betonte er.
Impressionen vom Einzug der Pfingstwallfahrt aus München/Freising in Altötting
Fotos: Roswitha Dorfner
Ähnlich äußerte dies auch Weihbischof Wolfgang Bischof in seiner Predigt in der Basilika: „Wir haben nicht alle das gleiche Kirchenbild und Verständnis davon, wie Kirche sein soll – aber eint uns nicht der Glaube an den einen Gott? In aller Verschiedenheit sind wir unterwegs für diesen einen Gott.“ So lange dieses gemeinsame Bekenntnis da sei, so lange sei auch die Kirche lebendig. Diese Wallfahrt sei ein Beispiel, dass „wir nicht alleine unterwegs sind mit unserem Glauben“.
Bischof rief dazu auf, den christlichen Glauben zu verkünden, ähnlich wie dies auch die junge Kirche nach dem Pfingstereignis getan habe. Zur christlichen Berufung gehöre auch, für das einzutreten, was Jesus zu Beginn gesagt habe: „Der Friede sei mit euch“. Der Weihbischof betonte: „Wir treten ein für Friede in der Welt, der so bedroht ist wie lange nicht mehr.“ Trotz aller Missstände und Krisen in der Welt wie auch in der Kirche, äußerte er sich hoffnungsvoll: „Gottes Geist wird weiter lebendig sein.“
Michael Glaß
Readkteur