Bistum

„Dieser Keil tut weh!“

Redaktion am 27.01.2025

2025 01 24 pb alb podiumsdiskussion niederalteich Foto: Diana Millgramm
In der Landvolkshochschule (LVHS) Niederalteich fand eine weitere Podiumsdiskussion zur globalen Landnutzung statt.

Die Kirche von Passau bleibt im Dialog mit der Landwirtschaft: Vor Kurzem fand deshalb auch in der Landvolkshochschule (LVHS) Niederalteich eine Podiumsdiskussion zur globalen Landnutzung statt.

Die Kir­che bleibt im Dia­log mit der Land­wirt­schaft: Vor Kur­zem fand des­halb auch in der Land­volks­hoch­schu­le (LVHS) Nie­der­al­t­eich eine Podi­ums­dis­kus­si­on zur glo­ba­len Land­nut­zung statt. Anlass war die Ver­öf­fent­li­chung der Stu­die Ernäh­rungs­si­cher­heit, Kli­ma­schutz und Bio­di­ver­si­tät: Ethi­sche Per­spek­ti­ven für die glo­ba­le Land­nut­zung“, die von der Kom­mis­si­on Welt­kir­che der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz vor­ge­stellt wur­de und seit­her für vie­le Dis­kus­sio­nen gesorgt hat. Dr. Ste­fan Ein­sie­del, wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter der Sach­ver­stän­di­gen­grup­pe Welt­wirt­schaft und Sozi­al­ethik“, prä­sen­tier­te die zen­tra­len Erkennt­nis­se der Stu­die. Im Anschluss dis­ku­tier­ten Exper­ten aus Kir­che, Land­wirt­schaft und Wis­sen­schaft über ethi­sche Her­aus­for­de­run­gen und Lösungsansätze.

Die unge­wöhn­li­che Sitz­ord­nung an die­sem Tag erklär­te Land­volks­hoch­schul­di­rek­to­rin Bar­ba­ra Schmidt in ihrer Begrü­ßung. Als Fish­bowl bezeich­ne man die run­de Anord­nung der Plät­ze, in der jeder gleich sei und jeder mit­dis­ku­tie­ren kön­ne. Jeder trägt bei dem The­ma dazu bei, ist gleich betrof­fen und wir wol­len mit­ein­an­der reden – gegen­ein­an­der bringt näm­lich nichts“, stell­te sie klar. 

Wohl­wol­lend an das The­ma her­an­zu­ge­hen, dafür warb Vere­na Holz­bau­er, Lei­tung der Stabs­stel­le Umwelt und Gemein­wohl­ori­en­tie­rung beim Bis­tum Pas­sau. Vie­le kann­ten den Inhalt gar nicht, haben viel gehört – wir wol­len nicht spal­ten, wir haben alles das glei­che Ziel: ein gutes Leben für alle Menschen.“

Vie­le in der Land­wirt­schaft sei­en beim Erschei­nen der Stu­die geschockt gewe­sen, fass­te Ein­sie­del noch ein­mal das Pro­blem zusam­men. Für sie fühl­te sich die Stu­die wie eine Schuld­zu­wei­sung durch die Kir­che an.“ Dabei sei das Ziel gewe­sen, sie wohl­wol­lend und lösungs­ori­en­tiert zu for­mu­lie­ren. Seit Wochen sei er nun unter­wegs, die sehr kri­ti­sche Mei­nung dar­über wie­der ein­zu­fan­gen, wie er sag­te. Er stell­te eini­ge Hin­der­nis­se für gelun­ge­ne Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se vor: Da es oft Men­schen gäbe, die vom bestehen­den Sys­tem pro­fi­tie­ren, wür­de die damit einer­ge­hen­den Pro­ble­me aber auch häu­fig nicht hin­ter­fragt oder besei­tigt. Der Bau­ern­ver­band sei belei­digt gewe­sen, dass man die Stu­die über die Köp­fe der Land­wirt­schaft hin­weg erstell­te habe. Dabei ist sie im Inter­es­se der Land­wirt­schaft geschrie­ben – aber lei­der nicht in der rich­ti­gen Spra­che“, gab er zu, dass es schon Pas­sa­gen gäbe, die miss­zu­ver­ste­hen seien.

Darf sich die Kir­che ein­mi­schen? War­um nicht?”

Josef Schmid, Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft

So spre­che man vom Boden als Gemein­gut, gehe dabei aber nicht von einer Ent­eig­nung aus, son­dern von der Pfle­ge und Bewirt­schaf­tung im Sin­ne des Gemein­wohls. Er zähl­te viel­fäl­ti­ge Nut­zungs­kon­flik­te rund um das knap­pe Gut Boden auf, die sich aber nicht alle lösen las­sen. So kön­ne man zum Bei­spiel nicht alle Höfe auf Bio umstel­len, da so die Ernäh­rungs­si­cher­heit für alle nicht mehr sicher­ge­stellt wer­den kön­ne. Hier brau­chen wir eine Mehr­ge­winn­stra­te­gie: Mit einem Stück Land müs­sen wir meh­re­re Nut­zun­gen ver­bin­den.“ Fal­sche Leit­bil­der und Vor­stel­lun­gen wür­den häu­fig für nicht zukunfts­fä­hi­ge Stra­te­gien sor­gen. Wenn man die­se über­win­det, kann man mehr errei­chen.“ Kri­tisch sahen eini­ge Anwe­sen­de das Argu­ment, dass man beson­ders im Hin­blick auf die Land­schafts­pfle­ge durch­aus auch Ver­staat­li­chung nicht aus­schlie­ßen soll­te, wie man es im Stra­ßen­bau auch mache.

Im Anschluss stell­ten die anwe­sen­den Exper­ten kurz ihre Mei­nung vor, bevor dann alle Anwe­sen­den mit­dis­ku­tie­ren konn­ten. Gene­ral­vi­kar Josef Ede­rer hin­ter­frag­te, wie glo­ba­le Land­nut­zung so gehen kön­ne, dass alle Men­schen gut davon leben kön­nen. Denn es geht ja dabei nicht nur um uns.“ Gemein­wohl­ori­en­tiert und gerecht müs­se gehan­delt wer­den. Was in der Stu­die steht, betrifft nicht jeden – es gibt vie­le, die gut mit ihrem Land umge­hen.“ Und die Men­schen, müss­ten gut ent­lohnt wer­den, stell­te er klar.

Peter Huber, Direk­tor vom Baye­ri­schen Bau­ern­ver­band Niederbayern/​Oberpfalz, kri­ti­sier­te genau den Punkt eben­falls: Nicht über­all auf der Welt sei die Situa­ti­on gleich. Und eini­ge Punk­te sind in der Stu­die genannt, die mir Angst machen, wenn sie umge­setzt wer­den.“ Jeder Bau­er in Bay­ern habe sowie­so größ­tes Inter­es­se dar­an, sein Land so zu bewirt­schaf­ten, dass auch die nächs­te Gene­ra­ti­on den Hof über­neh­men und davon leben kön­ne. Vie­le neue Steu­ern und Abga­ben, die vor­ge­schla­gen wer­den, und damit deut­lich mehr Büro­kra­tie sei­en für ihn der fal­sche Weg. Kein Pflan­zen­schutz und Dün­ger und damit weni­ger Pro­duk­ti­on oder die Kopp­lung an Umwelt­schutz­be­din­gun­gen wür­den nur dafür sor­gen, dass noch weni­ger im Geld­beu­tel der Land­wir­te ankomme.

Josef Schmid, Lan­des­vor­sit­zen­der der Arbeits­ge­mein­schaft bäu­er­li­che Land­wirt­schaft lob­te dage­gen, dass durch die Stu­die die Dis­kus­si­on in Gang gekom­men sei. Darf sich die Kir­che ein­mi­schen? War­um nicht?“, stell­te er einen der Haupt­kri­tik­punk­te aus sei­ner Sicht dar. Er befür­wor­te­te die Kopp­lung von För­de­rung an posi­ti­ves Enga­ge­ment für das Gemein­wohl. Wenn in Brüs­sel schon Mil­li­ar­den aus­ge­ge­ben wer­den, war­um dann immer an die größ­ten Höfe und nicht lie­ber an die, die sich enga­gie­ren?“ Nur weil man Besitz habe, hie­ße es ja nicht, dass man machen kön­ne, was man wol­le. Zwar hand­le es sich um eine glo­ba­le Stu­die und in Bay­ern sei vie­les deut­lich bes­ser. Aber gera­de des­halb ist es doch in unse­rem Inter­es­se, dass es dis­ku­tiert wird.“

Maria Mag­da­le­na Maidl, Land­wir­tin aus der Regi­on und Mit­glied in der KLB Pas­sau, blick­te vor allem in die Zukunft: Wir wer­den unse­ren Kin­dern sagen müs­sen, dass wir die Pro­ble­me und die Lösun­gen gekannt, aber zu wenig getan haben“, fass­te sie kri­tisch zusam­men. Sie lob­te die inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­set­zung des Exper­ten­gre­mi­ums. Ver­är­gert habe sie, wie man die Stu­die auf­ge­nom­men habe: Durch die vie­len Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen ver­su­che man einen Keil zwi­schen Kir­che und Land­wirt­schaft zu trei­ben. Und die­ser Keil tut weh, denn im länd­li­chen Raum ist bei­des oft sehr eng ver­bun­den – meist sind es die­sel­ben Men­schen, die sich für bei­des engagieren.“

Text: Dia­na Millgramm

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