Die Kirche von Passau bleibt im Dialog mit der Landwirtschaft: Vor Kurzem fand deshalb auch in der Landvolkshochschule (LVHS) Niederalteich eine Podiumsdiskussion zur globalen Landnutzung statt.
Die Kirche bleibt im Dialog mit der Landwirtschaft: Vor Kurzem fand deshalb auch in der Landvolkshochschule (LVHS) Niederalteich eine Podiumsdiskussion zur globalen Landnutzung statt. Anlass war die Veröffentlichung der Studie „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“, die von der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellt wurde und seither für viele Diskussionen gesorgt hat. Dr. Stefan Einsiedel, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“, präsentierte die zentralen Erkenntnisse der Studie. Im Anschluss diskutierten Experten aus Kirche, Landwirtschaft und Wissenschaft über ethische Herausforderungen und Lösungsansätze.
Die ungewöhnliche Sitzordnung an diesem Tag erklärte Landvolkshochschuldirektorin Barbara Schmidt in ihrer Begrüßung. Als Fishbowl bezeichne man die runde Anordnung der Plätze, in der jeder gleich sei und jeder mitdiskutieren könne. „Jeder trägt bei dem Thema dazu bei, ist gleich betroffen und wir wollen miteinander reden – gegeneinander bringt nämlich nichts“, stellte sie klar.
Wohlwollend an das Thema heranzugehen, dafür warb Verena Holzbauer, Leitung der Stabsstelle Umwelt und Gemeinwohlorientierung beim Bistum Passau. „Viele kannten den Inhalt gar nicht, haben viel gehört – wir wollen nicht spalten, wir haben alles das gleiche Ziel: ein gutes Leben für alle Menschen.“
Viele in der Landwirtschaft seien beim Erscheinen der Studie geschockt gewesen, fasste Einsiedel noch einmal das Problem zusammen. „Für sie fühlte sich die Studie wie eine Schuldzuweisung durch die Kirche an.“ Dabei sei das Ziel gewesen, sie wohlwollend und lösungsorientiert zu formulieren. Seit Wochen sei er nun unterwegs, die sehr kritische Meinung darüber wieder einzufangen, wie er sagte. Er stellte einige Hindernisse für gelungene Transformationsprozesse vor: Da es oft Menschen gäbe, die vom bestehenden System profitieren, würde die damit einergehenden Probleme aber auch häufig nicht hinterfragt oder beseitigt. Der Bauernverband sei beleidigt gewesen, dass man die Studie über die Köpfe der Landwirtschaft hinweg erstellte habe. „Dabei ist sie im Interesse der Landwirtschaft geschrieben – aber leider nicht in der richtigen Sprache“, gab er zu, dass es schon Passagen gäbe, die misszuverstehen seien.
„Darf sich die Kirche einmischen? Warum nicht?”
So spreche man vom Boden als Gemeingut, gehe dabei aber nicht von einer Enteignung aus, sondern von der Pflege und Bewirtschaftung im Sinne des Gemeinwohls. Er zählte vielfältige Nutzungskonflikte rund um das knappe Gut Boden auf, die sich aber nicht alle lösen lassen. So könne man zum Beispiel nicht alle Höfe auf Bio umstellen, da so die Ernährungssicherheit für alle nicht mehr sichergestellt werden könne. „Hier brauchen wir eine Mehrgewinnstrategie: Mit einem Stück Land müssen wir mehrere Nutzungen verbinden.“ Falsche Leitbilder und Vorstellungen würden häufig für nicht zukunftsfähige Strategien sorgen. „Wenn man diese überwindet, kann man mehr erreichen.“ Kritisch sahen einige Anwesende das Argument, dass man besonders im Hinblick auf die Landschaftspflege durchaus auch Verstaatlichung nicht ausschließen sollte, wie man es im Straßenbau auch mache.
Im Anschluss stellten die anwesenden Experten kurz ihre Meinung vor, bevor dann alle Anwesenden mitdiskutieren konnten. Generalvikar Josef Ederer hinterfragte, wie globale Landnutzung so gehen könne, dass alle Menschen gut davon leben können. „Denn es geht ja dabei nicht nur um uns.“ Gemeinwohlorientiert und gerecht müsse gehandelt werden. „Was in der Studie steht, betrifft nicht jeden – es gibt viele, die gut mit ihrem Land umgehen.“ Und die Menschen, müssten gut entlohnt werden, stellte er klar.
Peter Huber, Direktor vom Bayerischen Bauernverband Niederbayern/Oberpfalz, kritisierte genau den Punkt ebenfalls: Nicht überall auf der Welt sei die Situation gleich. „Und einige Punkte sind in der Studie genannt, die mir Angst machen, wenn sie umgesetzt werden.“ Jeder Bauer in Bayern habe sowieso größtes Interesse daran, sein Land so zu bewirtschaften, dass auch die nächste Generation den Hof übernehmen und davon leben könne. Viele neue Steuern und Abgaben, die vorgeschlagen werden, und damit deutlich mehr Bürokratie seien für ihn der falsche Weg. Kein Pflanzenschutz und Dünger und damit weniger Produktion oder die Kopplung an Umweltschutzbedingungen würden nur dafür sorgen, dass noch weniger im Geldbeutel der Landwirte ankomme.
Josef Schmid, Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft lobte dagegen, dass durch die Studie die Diskussion in Gang gekommen sei. „Darf sich die Kirche einmischen? Warum nicht?“, stellte er einen der Hauptkritikpunkte aus seiner Sicht dar. Er befürwortete die Kopplung von Förderung an positives Engagement für das Gemeinwohl. „Wenn in Brüssel schon Milliarden ausgegeben werden, warum dann immer an die größten Höfe und nicht lieber an die, die sich engagieren?“ Nur weil man Besitz habe, hieße es ja nicht, dass man machen könne, was man wolle. Zwar handle es sich um eine globale Studie und in Bayern sei vieles deutlich besser. „Aber gerade deshalb ist es doch in unserem Interesse, dass es diskutiert wird.“
Maria Magdalena Maidl, Landwirtin aus der Region und Mitglied in der KLB Passau, blickte vor allem in die Zukunft: „Wir werden unseren Kindern sagen müssen, dass wir die Probleme und die Lösungen gekannt, aber zu wenig getan haben“, fasste sie kritisch zusammen. Sie lobte die interdisziplinäre Zusammensetzung des Expertengremiums. Verärgert habe sie, wie man die Studie aufgenommen habe: Durch die vielen Fehlinterpretationen versuche man einen Keil zwischen Kirche und Landwirtschaft zu treiben. „Und dieser Keil tut weh, denn im ländlichen Raum ist beides oft sehr eng verbunden – meist sind es dieselben Menschen, die sich für beides engagieren.“
Text: Diana Millgramm