Dieses Jahr findet das letzte Propädeutikum in Passau statt. Künftig werden die Seminaristen diesen Abschnitt in Regensburg absolvieren. Bleibt die Frage: Was wird aus dem Priesterseminar St. Stephan? Erste Überlegungen hat Generalvikar Josef Ederer im Bistumsrat vorgestellt.
Seit 1828 bildet St. Stephan am Passauer Domplatz das Herzstück der Priesterausbildung für das Bistum Passau. Einen großen Einschnitt gab es zu Beginn des Jahres 2007 mit dem Beschluss, die Theologische Fakultät der Universität Passau mangels Studenten ruhen zu lassen. Seitdem leben und studieren die Passauer Priesteramtskandidaten in Regensburg. Das Priesterseminar St. Stephan bekam den Zuschlag für das Propädeutikum. Am 22. September 2008 zogen zum ersten Mal 26 Seminaristen aus den vier südbayerischen Diözesen Passau, Regensburg, München-Freising und Augsburg im Priesterseminar in Passau ein. Sie werden dort intensiv auf das Theologiestudium vorbereitet. Auch eine fünfwöchige Bibelschule in Israel umfasst diese Ausbildung. Doch damit ist es nun in Passau vorbei.
„Das ist keine Entwicklung von heute auf morgen“, erklärt Regens Martin Dengler. Nachdem München aus dem gemeinsamen Beschluss ausgestiegen war und seine Propädeutiker aus Passau abgezogen hatte, sank die Zahl der Seminaristen stark. Von anfangs rund 25 jungen Männern auf rund 10 und nun im letzten Jahrgang auf 4. Hier drückt sich freilich auch aus, dass immer weniger Männer Priester werden wollen. Letztlich erfolglos blieben auch Gespräche über eine verstärkte Kooperation bei der Priesterausbildung mit dem Bistum Linz.
Für Martin Dengler ist deshalb der Fortbestand des Passauer Priesterseminars in Regensburg folgerichtig. Und auch Generavikar Josef Ederer ist überzeugt: „Regensburg liegt als Standort für die komplette Priesterausbildung nahe, da es dort bereits ein gemeinsames neues Modell für die Studienphase gibt und sich die Partnerschaft bewährt hat.“ Auf nationaler Ebene werde zudem ausgelotet, ob die Bistümer die Priesterausbildung lokal konzentrieren könnten: Im Gespräch sind Bamberg und Freiburg als Propädeutikums-Seminare und Mainz, München und Münster als Studienorte.
Die Studenten aus dem Bistum Passau werden auch in Regensburg einen Ansprechpartner aus Passau haben: Der bisherige Subregens Christoph Leuchtner, übrigens selbst Absolvent des ersten Propädeutiker-Jahrgangs in Passau, wird Nachfolger von Martin Dengler und damit der erste Passauer Regens in Regensburg. Das neue Ausbildungsmodell trage dazu bei, dass der Bezug zum Heimatbistum erhalten und sogar intensiviert werde. Vor allem auf die Praxisvertiefung in der Studienphase setzt Regens Dengler große Hoffnungen: Die Studenten werden in jedem Studienjahr zwei mal je vier Wochen in einem Ausbildungspfarrverband die Praxis vor Ort kennenlernen. „Der Bezug zum Heimatbistum und zu den Teams vor Ort wird damit stärker als je zuvor“, ist Martin Dengler überzeugt. „Das gleicht in jedem Fall den Wegfall von Passau als Studienort aus.“
Praxis in Pfarreien stärkt Bezug zum Heimatbistum
In Passau wird indes nach Möglichkeiten gesucht, das Seminargebäude weiterhin intensiv und lebendig als geistliches Haus zu nutzen. In der bisherigen Funktion kann das Haus jedoch nicht fortgeführt werden. Bisher wurden noch keine konkreten Entscheidungen getroffen. Es gibt Interesse eines karmelitischen Säkularinstituts (Notre-Dame de Vie), dort einen „Karmel in der Welt“ zu gründen: Drei bis vier Frauen würden mit der Verpflichtung, täglich zwei Stunden stilles Gebet zu halten und ansonsten normaler Arbeit nachzugehen, einziehen. Eine weitere Idee ist, die Räume des Neubaus als Wohnheim für geistlich interessierte Studentinnen und Studenten bzw. Auszubildende einzurichten. Das Katholische Wohnbauwerk rechnet diese Option bereits durch. Gegebenenfalls könnte auch ein Priester im Haus eine Wohnung beziehen, um dort nebenamtlich ein geistiges Angebot bereitzustellen. Zuletzt wurde auch von Seiten der Caritas Interesse angemeldet, im Seminargebäude Räume für ihre Bildungsarbeit zu nutzen. Eine Arbeitsgemeinschaft soll nun sämtliche Optionen ausloten.
Bischof Stefan Oster ist es sehr wichtig, dass das Haus auch einen geistlichen und kirchlichen Charakter behält. Doch er macht keinen Hehl daraus, dass ihn die Entwicklung schmerzt: „Ein Priesterseminar zu haben, das de facto keine Priesteramtskandidaten mehr beherbergt, ist tatsächlich bitter. Aber es hat sich seit Jahren abgezeichnet.“ Allerdings sei es nirgendwo in Deutschland gelungen, den dramatischen Rückgang der Zahlen bei den Seminaristen zu stoppen. „Natürlich hoffen und beten wir für eine Kehrtwende. Aber das wird wohl noch einige Zeit dauern.“
Besonders wichtig: Es wird keine Kündigungen geben. Gespräche über eine anderweitige Beschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter laufen derzeit. Als Hausname soll bis auf Weiteres Priesterseminar St. Stephan beibehalten werden.
Text: Wolfgang Krinninger
Einen historischen Rückblick zur über tausendjährigen Geschichte und Tradition der Priesterausbildung im Bistum Passau lesen Sie in unserer Printzeitung.