„Ich bin ganz geflasht von der Hilfsbereitschaft“, sagt Kirchenpfleger Franz Pichlmaier, denn ohne ehrenamtliche Arbeitsleistungen wäre die Innenrenovierung der Filialkirche St. Stephanus nicht umzusetzen. Auf rund 220.000 Euro werden sich die Kosten laut Schätzungen des Diözesanbauamts Passau belaufen. 50 Prozent muss die Filialkirchenstiftung aufbringen – ohne die Hand- und Spanndienste und Spenden wäre eine Realisierung nicht möglich.
Gerade erst ist der Abschluss der Renovierungsarbeiten in der Pfarrkirche Münchsdorf im Beisein von Bischof Stefan Oster gefeiert worden. Nun wird Kirchenmaler Andreas Gruber nur ein paar Kilometer entfernt seine feinen Pinselstriche vollführen. Während die Münchsdorfer in der Renovierungsphase ihre Gottesdienste in der Filialkirche feierten, ist es selbstverständlich, dass in St. Michael nun die Obergrafendorfer eine religiöse Heimat haben. „Doch unsere Kirche ist doch viel mehr, als ein Gotteshaus. Es ist ein unverzichtbares Kulturgut, ein Spiegel der Geschichte unserer Heimat, vor allem aber ein prägendes Bauwerk der Gemeinschaft“, betont Kirchenpfleger Pichlmaier, der unsagbar glücklich ist, dass sich die Beharrlichkeit der Filialkirchenstiftung ausbezahlt hat.
Von mehreren Ablehnungen der Innenrenovierung – schon zu Pfarrer Hans Heindls Zeiten – ließen sich die Obergrafendorfer nicht abschrecken. Ein wiederholter Antrag war letztlich von Erfolg gekrönt. „Vor allem die Unterstützung von Verwaltungsleiter Martin Kieswimmer war wohl das Zünglein an der Waage und vielleicht auch, weil wir glaubhaft machen konnten, dass Obergrafendorf zwar ein kleines Dorf ist, aber die Mehrheit der 200-Seelen-Dorfgemeinschaft bereit ist, sich einzubringen“, konstatiert Pichlmaier.
„Die Kirche ist ein Juwel“, schwärmt indes Martin Kieswimmer und verweist auf die originale Ausstattung des Gotteshauses, das im 15. Jahrhundert erbaut und um 1863 erhöht und verlängert wurde. „Das ist dem ehemaligen Pfarrer Andreas Burger zu verdanken“, weiß Franz Pichlmaier. Denn als nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil viele Priester darauf drängten, dass dem Prunk weniger und dem Herrgott mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, bestand eben jener Pfarrer Burger darauf, das sakrale Gut zu erhalten. „Ganz pathetisch soll er immer wieder gesagt haben, dass seine Kirche nur über seine Leiche ausgeräumt wird. Diesem leidenschaftlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass unsere Kirche beispielsweise noch die beiden Seitenaltäre mit Darstellungen des heiligen Johannes und des heiligen Leonhard hat“, sagt Pichlmaier.
Die Seitenaltäre sowie der Hauptaltar mit Kreuzigungsrelief sind bereits in weißer Folie verpackt, denn mittlerweile ist das Langhaus von St. Stephanus eine Baustelle. Das Mauerwerk war das Sorgenkind von Franz Pichlmaier, denn die dunklen Stellen, die schon fast mannshoch auf der linken Wandhälfte zu sehen waren, deuteten auf Schimmelbefall hin. „Wir haben sogar schon vor einiger Zeit die ‚Weiberseite’ untersuchen lassen, um gesundheitliche Gefahren auszuschließen“, sagt Franz Pichlmaier und entschuldigt sich umgehend, dass er diesen alten Ausdruck der Seitenbezeichnung verwendet hat. Denn früher gab es eine strikte Sitzordnung – Frauen links und Männer rechts –, doch bei allem Traditionsbewusstsein, gibt es auch in Obergrafendorf nur mehr die Bezeichnung, nicht aber eine kirchliche Geschlechtertrennung in der Kirchenbank. Aber eben diese „Weiberseite“ ließ Befürchtungen zu, dass Feuchtigkeit dem Schimmel Tür und Tor geöffnet hat. Tatsächlich waren aber Salze im Gemäuer die Ursache für die Verfärbung. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen, denn der Putz ist bereits von den Wänden geschlagen.
Diese Mission wurde zur Gemeinschaftssache erklärt, ein Trupp nahm teils schweres Gerät in die Hand, nachdem die Kirchenbänke unter aller Einhaltung der Denkmalschutzvorgaben sicher eingelagert worden waren. „Weit mehr Helfer als erhofft haben sich gemeldet und ihre Hilfe angeboten“, betont Pichlmaier erfreut. Die „Kirchenmädels“ haben derweilen die kleinen Schätze des Gotteshauses und sakrale Utensilien der Sakristei vor Schmutz und Staub in Sicherheit gebracht. „Die Kirchenmädels ist auch so ein Obergrafendorfer Ding. Bei uns gibt es keine bezahlten Mesner, Putzkräfte oder Gärtner. Aber dafür Frauen aller Generationen, die – über eine WhatsApp-Gruppe organisiert – alle Aufgaben für Gottes Lohn übernehmen. Das fängt bei den Mesnerdiensten an, geht über die Pflege der Kirchenwäsche, die regelmäßigen Reinigungsarbeiten in der Kirche bis hin zum Blumenschmuck im Gotteshaus und gärtnerischen Aufgaben am Parkplatz und Kirchenumfeld“, erklärt der Kirchenpfleger.
Nun, da der Putz ab ist, steht alles bereit, dass als Nächstes Gerüstbauer Vogl einrüstet, parallel wird der ortsansässige Elektriker Abstreiter Leitungsarbeiten verrichten, Risse im Gemäuer werden beseitigt und der Hydromentputz, der künftig Schimmelbildung vorbeugen soll, aufgetragen. Und dann steht alles bereit, dass Kirchenmaler Andreas Gruber Langhaus und Altarraum den neuen alten Glanz zurückgibt. Auch die Orgel wird auf Vordermann gebracht, damit am Ende der Renovierung nicht nur die Augen strahlen, sondern auch tonal gebührend mitgejubelt werden kann.
Ziel wäre es, dass St. Stephanus zum Patrozinium am 26. Dezemberseine Wiedereröffnung feiern kann. „Allerdings wissen wir, dass es ein sportliches Ziel ist, das keine baulichen Überraschungen zulässt“, macht Verwaltungsleiter Kieswimmer deutlich. Wichtiger denn je sei allerdings, dass an Erntedank auch heuer wieder Spenden eingehen, auch wenn außerhalb der Filialkirche der Festtag gefeiert werden muss. „Tatsächlich sind wir auf Spenden angewiesen, denn in einer Filialkirche ist das Kirchenstiftungskonto nun mal nicht sehr üppig bestückt“, aber es sei ihm nicht bange, da er nun weiß, dass ein Großteil der Dorfgemeinschaft hinter der Renovierung ihrer Kirche steht, die das Ortsbild prägt.
Text und Foto: Angelika Gabor
Über Spenden freut sich die Filialkirchenstiftung. Kontoverbindung: DE81 743 514 30 0000151 209, Sparkasse Rottal-Inn.