Bistum

Ein Dorf krempelt die Ärmel hoch

Redaktion am 26.08.2024

2024 08 25 pb alb renovierung obergrafendorf1 Foto: Angelika Gabor
Renovierung der Filialkirche St. Stephanus in Obergrafendorf: Nachdem die Kirche ausgeräumt worden war, haben ehrenamtliche Helfer den Putz entfernt, die „Kirchenmädel“ kümmerten sich um sakrale Güter und die Kirchenwäsche.

Bei der Renovierung der Filialkirche Obergrafendorf helfen alle zusammen. Inzwischen fehlt in St. Stephanus schon der Putz an den Wänden.

Ich bin ganz geflasht von der Hilfs­be­reit­schaft“, sagt Kir­chen­pfle­ger Franz Pichl­mai­er, denn ohne ehren­amt­li­che Arbeits­leis­tun­gen wäre die Innen­re­no­vie­rung der Fili­al­kir­che St. Ste­pha­nus nicht umzu­set­zen. Auf rund 220.000 Euro wer­den sich die Kos­ten laut Schät­zun­gen des Diö­ze­san­bau­amts Pas­sau belau­fen. 50 Pro­zent muss die Fili­al­kir­chen­stif­tung auf­brin­gen – ohne die Hand- und Spann­diens­te und Spen­den wäre eine Rea­li­sie­rung nicht möglich.

Gera­de erst ist der Abschluss der Reno­vie­rungs­ar­bei­ten in der Pfarr­kir­che Münchs­dorf im Bei­sein von Bischof Ste­fan Oster gefei­ert wor­den. Nun wird Kir­chen­ma­ler Andre­as Gru­ber nur ein paar Kilo­me­ter ent­fernt sei­ne fei­nen Pin­sel­stri­che voll­füh­ren. Wäh­rend die Münchs­dor­fer in der Reno­vie­rungs­pha­se ihre Got­tes­diens­te in der Fili­al­kir­che fei­er­ten, ist es selbst­ver­ständ­lich, dass in St. Micha­el nun die Ober­gra­fen­dor­fer eine reli­giö­se Hei­mat haben. Doch unse­re Kir­che ist doch viel mehr, als ein Got­tes­haus. Es ist ein unver­zicht­ba­res Kul­tur­gut, ein Spie­gel der Geschich­te unse­rer Hei­mat, vor allem aber ein prä­gen­des Bau­werk der Gemein­schaft“, betont Kir­chen­pfle­ger Pichl­mai­er, der unsag­bar glück­lich ist, dass sich die Beharr­lich­keit der Fili­al­kir­chen­stif­tung aus­be­zahlt hat.

Von meh­re­ren Ableh­nun­gen der Innen­re­no­vie­rung – schon zu Pfar­rer Hans Heindls Zei­ten – lie­ßen sich die Ober­gra­fen­dor­fer nicht abschre­cken. Ein wie­der­hol­ter Antrag war letzt­lich von Erfolg gekrönt. Vor allem die Unter­stüt­zung von Ver­wal­tungs­lei­ter Mar­tin Kie­s­wim­mer war wohl das Züng­lein an der Waa­ge und viel­leicht auch, weil wir glaub­haft machen konn­ten, dass Ober­gra­fen­dorf zwar ein klei­nes Dorf ist, aber die Mehr­heit der 200-See­len-Dorf­ge­mein­schaft bereit ist, sich ein­zu­brin­gen“, kon­sta­tiert Pichlmaier.

Die Kir­che ist ein Juwel“, schwärmt indes Mar­tin Kie­s­wim­mer und ver­weist auf die ori­gi­na­le Aus­stat­tung des Got­tes­hau­ses, das im 15. Jahr­hun­dert erbaut und um 1863 erhöht und ver­län­gert wur­de. Das ist dem ehe­ma­li­gen Pfar­rer Andre­as Bur­ger zu ver­dan­ken“, weiß Franz Pichl­mai­er. Denn als nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil vie­le Pries­ter dar­auf dräng­ten, dass dem Prunk weni­ger und dem Herr­gott mehr Auf­merk­sam­keit geschenkt wer­den soll­te, bestand eben jener Pfar­rer Bur­ger dar­auf, das sakra­le Gut zu erhal­ten. Ganz pathe­tisch soll er immer wie­der gesagt haben, dass sei­ne Kir­che nur über sei­ne Lei­che aus­ge­räumt wird. Die­sem lei­den­schaft­li­chen Ein­satz ist es zu ver­dan­ken, dass unse­re Kir­che bei­spiels­wei­se noch die bei­den Sei­ten­al­tä­re mit Dar­stel­lun­gen des hei­li­gen Johan­nes und des hei­li­gen Leon­hard hat“, sagt Pichlmaier.

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Renovierung der Filialkirche St. Stephanus in Obergrafendorf: Die Kirche wird ausgeräumt.

Die Sei­ten­al­tä­re sowie der Haupt­al­tar mit Kreu­zi­gungs­re­li­ef sind bereits in wei­ßer Folie ver­packt, denn mitt­ler­wei­le ist das Lang­haus von St. Ste­pha­nus eine Bau­stel­le. Das Mau­er­werk war das Sor­gen­kind von Franz Pichl­mai­er, denn die dunk­len Stel­len, die schon fast manns­hoch auf der lin­ken Wand­hälf­te zu sehen waren, deu­te­ten auf Schim­mel­be­fall hin. Wir haben sogar schon vor eini­ger Zeit die Wei­ber­sei­te’ unter­su­chen las­sen, um gesund­heit­li­che Gefah­ren aus­zu­schlie­ßen“, sagt Franz Pichl­mai­er und ent­schul­digt sich umge­hend, dass er die­sen alten Aus­druck der Sei­ten­be­zeich­nung ver­wen­det hat. Denn frü­her gab es eine strik­te Sitz­ord­nung – Frau­en links und Män­ner rechts –, doch bei allem Tra­di­ti­ons­be­wusst­sein, gibt es auch in Ober­gra­fen­dorf nur mehr die Bezeich­nung, nicht aber eine kirch­li­che Geschlech­ter­tren­nung in der Kir­chen­bank. Aber eben die­se Wei­ber­sei­te“ ließ Befürch­tun­gen zu, dass Feuch­tig­keit dem Schim­mel Tür und Tor geöff­net hat. Tat­säch­lich waren aber Sal­ze im Gemäu­er die Ursa­che für die Ver­fär­bung. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen, denn der Putz ist bereits von den Wän­den geschlagen.

Die­se Mis­si­on wur­de zur Gemein­schafts­sa­che erklärt, ein Trupp nahm teils schwe­res Gerät in die Hand, nach­dem die Kir­chen­bän­ke unter aller Ein­hal­tung der Denk­mal­schutz­vor­ga­ben sicher ein­ge­la­gert wor­den waren. Weit mehr Hel­fer als erhofft haben sich gemel­det und ihre Hil­fe ange­bo­ten“, betont Pichl­mai­er erfreut. Die Kir­chen­mä­dels“ haben der­wei­len die klei­nen Schät­ze des Got­tes­hau­ses und sakra­le Uten­si­li­en der Sakris­tei vor Schmutz und Staub in Sicher­heit gebracht. Die Kir­chen­mä­dels ist auch so ein Ober­gra­fen­dor­fer Ding. Bei uns gibt es kei­ne bezahl­ten Mes­ner, Putz­kräf­te oder Gärt­ner. Aber dafür Frau­en aller Gene­ra­tio­nen, die – über eine Whats­App-Grup­pe orga­ni­siert – alle Auf­ga­ben für Got­tes Lohn über­neh­men. Das fängt bei den Mes­ner­diens­ten an, geht über die Pfle­ge der Kir­chen­wä­sche, die regel­mä­ßi­gen Rei­ni­gungs­ar­bei­ten in der Kir­che bis hin zum Blu­men­schmuck im Got­tes­haus und gärt­ne­ri­schen Auf­ga­ben am Park­platz und Kir­chen­um­feld“, erklärt der Kirchenpfleger. 

Nun, da der Putz ab ist, steht alles bereit, dass als Nächs­tes Gerüst­bau­er Vogl ein­rüs­tet, par­al­lel wird der orts­an­säs­si­ge Elek­tri­ker Abstrei­ter Lei­tungs­ar­bei­ten ver­rich­ten, Ris­se im Gemäu­er wer­den besei­tigt und der Hydro­m­ent­putz, der künf­tig Schim­mel­bil­dung vor­beu­gen soll, auf­ge­tra­gen. Und dann steht alles bereit, dass Kir­chen­ma­ler Andre­as Gru­ber Lang­haus und Altar­raum den neu­en alten Glanz zurück­gibt. Auch die Orgel wird auf Vor­der­mann gebracht, damit am Ende der Reno­vie­rung nicht nur die Augen strah­len, son­dern auch tonal gebüh­rend mit­ge­ju­belt wer­den kann.

Ziel wäre es, dass St. Ste­pha­nus zum Patro­zi­ni­um am 26. Dezem­bers­ei­ne Wie­der­eröff­nung fei­ern kann. Aller­dings wis­sen wir, dass es ein sport­li­ches Ziel ist, das kei­ne bau­li­chen Über­ra­schun­gen zulässt“, macht Ver­wal­tungs­lei­ter Kie­s­wim­mer deut­lich. Wich­ti­ger denn je sei aller­dings, dass an Ern­te­dank auch heu­er wie­der Spen­den ein­ge­hen, auch wenn außer­halb der Fili­al­kir­che der Fest­tag gefei­ert wer­den muss. Tat­säch­lich sind wir auf Spen­den ange­wie­sen, denn in einer Fili­al­kir­che ist das Kir­chen­stif­tungs­kon­to nun mal nicht sehr üppig bestückt“, aber es sei ihm nicht ban­ge, da er nun weiß, dass ein Groß­teil der Dorf­ge­mein­schaft hin­ter der Reno­vie­rung ihrer Kir­che steht, die das Orts­bild prägt.

Text und Foto: Ange­li­ka Gabor

Über Spen­den freut sich die Fili­al­kir­chen­stif­tung. Kon­to­ver­bin­dung: DE81 743 514 30 0000151 209, Spar­kas­se Rottal-Inn.

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