Bistum

„Spüren, wo Gott mich ruft“

Redaktion am 19.08.2024

2024 08 19 pb alb abschied salvatorianerinnen Foto: Susanne Schmidt / pbp
Nach knapp 100 Jahren verlassen die Salvatorianerinnen Passau. Bischof Stefan Oster verabschiedete sich im Juni bei den sechs Schwestern und feierte die heilige Messe.

So vieles hat sich verändert in den letzten knapp 100 Jahren: die Tätigkeiten, die Gemeinschaft, das Alter der Schwestern. Jetzt haben die Salvatorianerinnen entschieden, den Passauer Donauhof zu verlassen. Eine schwere Entscheidung.

Es ist kein leich­ter Abschied. Schwes­ter Lid­wi­na, gebo­ren in Röhrn­bach, muss mit ihren 96 Jah­ren noch ein­mal die Kof­fer packen. Sie und Sr. Mar­ga­re­te (84) sind bereits in das Klos­ter Neu­werk in Mön­chen­glad­bach umge­zo­gen. Dort­hin fol­gen in den kom­men­den Wochen Sr. Fabio­la (89), Sr. Gise­la (93) und Sr. Mar­cel­la (79). Die Obe­rin des Hau­ses, Sr. Hele­ne, hat als ein­zi­ge Schwes­ter einen ande­ren Ort als ihre neue Hei­mat: Bad Wurz­ach. Bad Wurz­ach ist land­schaft­lich ein Traum. Ich bin nur ein‑, zwei­mal da gewe­sen, ein­fach mal ganz kurz über Nacht und jetzt mal zwei, drei Tage im Herbst. Das ist schon schön. Ich hof­fe ein­fach, dass es dort gut wird. Der Ort ist sehr sal­va­to­ria­nisch geprägt.“

Ursprüng­lich wäre es auch für sie nach Neu­werk gegan­gen: Nach Mön­chen­glad­bach wäre ich ger­ne gegan­gen, weil ich ein­fach schon jah­re­lang über die his­to­ri­sche For­schung über unse­re Grün­de­rin, ihre Tex­te und ihr Leben arbei­te. Aber ich wuss­te, wenn ich dort­hin gehe, bekom­me ich wie­der kei­ne Zeit dazu, das zu Ende zu führen.“

Die Geschich­te des Ordens in der Drei­flüs­se­stadt beginnt am 2. Juni 1926, als auf Gut Donau­hof ein Für­sor­ge­heim für Mäd­chen errich­tet wird. Die Armut und die schwie­ri­gen Jah­re im Natio­nal­so­zia­lis­mus for­der­ten die Schwes­tern anfangs sehr her­aus: Ich erin­ne­re mich, dass eine Schwes­ter sag­te, sie sei­en froh gewe­sen, wenn sie den Mäd­chen mor­gens wenigs­tens eine Kar­tof­fel in die Hand geben konn­ten“, berich­te­te Sr. Hele­ne. Doch die Schwes­tern setz­ten sich trotz der Armut wei­ter für die Mäd­chen aus dem Baye­ri­schen Wald ein, die damals als schwie­rig gal­ten. Die Schwes­tern haben schon damals unwahr­schein­lich viel auf sich genom­men. Nach der Kriegs­zeit haben sie dann gemerkt, dass vie­le jun­ge Frau­en im Baye­ri­schen Wald kei­ne Aus­bil­dung hat­ten. Sie konn­ten nur irgend­wo auf einem Bau­ern­hof oder ähn­li­chem arbei­ten. Die Schwes­tern sahen, dass eine Haus­hal­tungs­schu­le not­wen­dig war, und gaben den Mäd­chen hier wirk­lich eine Grund­hil­fe. Meh­re­re Jahr­gän­ge lern­ten hier Haus­halts­füh­rung, Nähen, Schnei­dern, Waschen und sogar Ste­no­gra­fie, Schreib­ma­schi­ne und Eng­lisch.“ So folg­ten die Grün­dung einer Haus­wirt­schafts­schu­le und die Auf­nah­me des Schul­be­triebs als­bald. Bei allen Ent­wick­lun­gen habe sich der Schwer­punkt jedoch nie ver­än­dert: Es blieb immer ein Mäd­chen­heim und es war immer Für­sor­ge­er­zie­hung. Kin­der, die zu Hau­se nicht blei­ben konn­ten, Mäd­chen, die Schlim­mes erlebt hat­ten, und Fami­li­en, die Hil­fe brauch­ten, fan­den hier Unter­stüt­zung. Es hat mich schon immer berührt, dass hier immer ver­sucht wur­de, mit allen Mit­teln nach dem neu­es­ten Stand der Erzie­hungs­me­tho­den zu arbei­ten und den Mäd­chen so gut wie mög­lich zu hel­fen und sie auszubilden.“

2024 08 19 pb alb abschied salvatorianerinnen sr helene Foto: Susanne Schmidt / pbp
Nach knapp 100 Jahren verlassen die Salvatorianerinnen Passau. „Es ist kein einfacher Abschied“, sagt Oberin Sr. Helene (Bild). „Ich denke, dass wir gewohnt waren, uns nicht festzusetzen irgendwo, dass wir bereit sind, zu gehen. Aber wenn es dann plötzlich so weit ist und wir alles hier zurücklassen müssen, das ist anders.“

Auf­grund feh­len­den Nach­wuch­ses der Schwes­tern ging 1988 das Gebäu­de selbst auf die Cari­tas über, wäh­rend die Schu­le geschlos­sen wur­de und die Schwes­tern den Schwer­punkt ihrer Tätig­kei­ten ver­la­ger­ten. Das sei ein har­ter Schnitt gewe­sen, so die Obe­rin. Sie enga­gier­ten sich nun etwa im Mis­si­ons­bü­ro der Sal­va­to­ria­ner auf dem Klos­ter­berg, in der Alten­seel­sor­ge, durch geist­li­che Beglei­tung und den Betrieb einer Kran­ken­pfle­ge­sta­ti­on für Mit­schwes­tern. Am wich­tigs­ten war ihnen jedoch die Ver­net­zung mit der Nachbarschaft.

Es ist kein ein­fa­cher Abschied“, so Sr. Hele­ne. Ich den­ke, dass wir gewohnt waren, uns nicht fest­zu­set­zen irgend­wo, dass wir bereit sind, zu gehen. Aber wenn es dann plötz­lich so weit ist und wir alles hier zurück­las­sen müs­sen, das ist anders.“ Jedoch erin­ne­re sie sich immer dar­an, was ihre Pro­fess bedeu­tet: Wir dür­fen aber auch schau­en, was uns ent­ge­gen­wächst. Das ist es jeden­falls für mich: immer spü­ren, wo mich Gott ruft. Es bedeu­tet, bereit zu sein, die­se Hin­ga­be, die wir eben mit der Pro­fess gemacht haben, zu leben und zu geben. Und jetzt ist die Situa­ti­on, dass wir in dem Alter sind, wo wir hier nicht mehr kön­nen. Gott kommt uns auch auf neue Wei­se ent­ge­gen. Auch in die­sem Klos­ter wird Neu­es ent­ste­hen.“ Was mit dem Donau­hof geschieht, kön­nen sie zum jet­zi­gen Zeit­punkt noch nicht sagen. Am liebs­ten wäre uns natür­lich wie­der eine Auf­ga­be, wo für Men­schen etwas geschieht. Ob es jetzt Kin­der sind oder älte­re Men­schen. Ich wür­de mir wün­schen, es blie­be ein Ort, wo Men­schen ein­fach leben dür­fen und wo dafür gesorgt wird, dass Men­schen leben kön­nen“, so der Wunsch der Oberin.

Bei sei­nem Abschieds­be­such erin­ner­te Bischof Ste­fan Oster dar­an, was aus sei­ner Sicht eine Ordens­be­ru­fung zuerst bedeu­tet: Wir dür­fen beim Vater sein und er zieht uns an sein Herz – durch Jesus. Wir dür­fen am Herz des Vaters ruhen. Dann ist alles ande­re zweit­ran­gig. Ob wir in Pas­sau sind oder anders­wo – wir sind schon daheim und sind schon geret­tet und gehö­ren zum Vater.“ Auch bedeu­te die Lebens­form, dass sie schon alles ver­las­sen hät­ten – um des Her­ren wil­len. Ihr habt doch schon alles ver­las­sen – und gleich­zei­tig sind wir Men­schen und los­las­sen ist nicht leicht.“ Und er schloss mit einem Dank und dem Wunsch: Ich wün­sche Ihnen, dass Sie aus die­ser Erfah­rung leben dür­fen, weil wir in gewis­ser Wei­se schon alles ver­las­sen haben – und obwohl es ein Abschied ist, ist es ein gro­ßer Trost unse­res Glau­bens, dass wir alle zusam­men Leib Chris­ti sind und mit­ein­an­der auf dem Weg sind und bleiben.“

Schmidt Susanne

Susanne Schmidt

Bischöfliche Pressesprecherin

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