Soziales

Ein Stück Geborgenheit

Redaktion am 14.04.2025

2025 04 11 pb alb sonneninsel1 Foto: Susanne Schmidt
Die Sonneninsel bietet Familien ein Zuhause auf Zeit. Hier können Eltern und Kinder wieder zu Kräften kommen, durchatmen, Erholung finden.

Die Sonneninsel ist ein außergewöhnlicher Ort. Hier können sich Familien mit krebskranken Kindern zurückziehen, um wieder Kraft zu schöpfen. Auch viele Familien aus dem Bistum Passau haben dieses Angebot schon dankbar angenommen.

Wenn ein Kind mit der Dia­gno­se Krebs kon­fron­tiert wird, ver­än­dert sich alles. Die Krank­heit stellt das Leben der Fami­lie auf den Kopf. Plötz­lich dreht es sich um Kran­ken­haus­auf­ent­hal­te, The­ra­pien und medi­zi­ni­sche Ent­schei­dun­gen. Die Dia­gno­se bringt Ängs­te, Unsi­cher­hei­ten und eine oft uner­mess­li­che emo­tio­na­le Belas­tung mit sich. Die Krank­heit dik­tiert den All­tag und alles rich­tet sich dar­auf aus, dem Kind die mög­lichst bes­ten Hei­lungs­chan­cen zu ermög­li­chen. Durch­hal­ten und Funk­tio­nie­ren – die­se Dis­zi­pli­nen bestim­men den All­tag der Fami­li­en. Eine Pau­se machen, zur Ruhe kom­men, durch­at­men, ein nor­ma­ler Fami­li­en­all­tag – dar­an ist kaum zu den­ken. In die­ser belas­ten­den Zeit braucht es Orte der Erho­lung und der Nor­ma­li­tät – genau hier setzt die Son­nen­in­sel“ an, ein ein­zig­ar­ti­ges Zen­trum für krebs­kran­ke Kin­der und ihre Fami­li­en in See­kir­chen am Wal­ler­see. Die Son­nen­in­sel ist ein psy­cho­so­zia­les Nach­sor­ge­zen­trum für an Krebs oder ande­ren schwe­ren Krank­hei­ten erkrank­te Kin­der und Jugend­li­che“, erklärt Mar­ti­na Weber, kli­ni­sche Psy­cho­lo­gin und seit Janu­ar 2025 Geschäfts­füh­re­rin der Ein­rich­tung. Zu uns kom­men Kin­der und Jugend­li­che mit ihren Fami­li­en – in den meis­ten Fäl­len in der Zeit nach einer Behand­lung bzw. immer wie­der zwi­schen den Behandlungszeiten.“

Bereits bei der Ankunft nimmt man wahr, dass die Son­nen­in­sel ein beson­de­rer Ort ist. Abseits des Kli­nik-
all­tags fin­den hier betrof­fe­ne Fami­li­en eine geschütz­te Umge­bung, in der sie gemein­sam Kraft schöp­fen kön­nen. Dabei bie­tet das Zen­trum nicht nur eine medi­zi­ni­sche Betreu­ung, son­dern einen Ort fern­ab des Kli­nik­all­ta­ges zur Erho­lung und Ver­ar­bei­tung – jen­seits von star­ren Vor­ga­ben: Wir sind spen­den­fi­nan­ziert. Das gibt uns die Frei­heit, Fami­li­en auf­zu­neh­men, die anders­wo kei­ne Hil­fe fin­den wür­den. Wir sagen nicht: Ihr passt nicht ins Sche­ma‘, son­dern wir fra­gen: Was braucht ihr?‘“, berich­tet Dani­el
Kren, der seit 2011 für die Son­nen­in­sel arbei­tet und sich um Mar­ke­ting und Fund­rai­sing küm­mert. Der Krebs kennt kei­ne Gren­zen – dar­um ken­nen wir auch keine.“

2025 04 11 pb alb sonneninsel2 Foto: Susanne Schmidt
Für Martina Weber, klinische Psychologin und seit Januar 2025 Geschäftsführerin der Einrichtung, und Daniel Kren (l.), der sich um Marketing und Fundraising kümmert, ist die Sonneninsel ein Herzensprojekt.

Das Pro­gramm des Auf­ent­halts ist auf die Bedürf­nis­se der jewei­li­gen Fami­lie und des betrof­fe­nen Kin­des abge­stimmt. Es ist uns sehr wich­tig, dass wir den Kin­dern und Jugend­li­chen und auch den Ange­hö­ri­gen und Geschwis­tern gerecht wer­den“, berich­tet Mar­ti­na Weber. Es gibt kei­ne fes­ten Vor­ga­ben für das Pro­gramm – es muss nicht auf eine bestimm­te Wei­se ablau­fen. Wir füh­ren im Vor­aus per­sön­li­che Gesprä­che, um die Pro­gram­me indi­vi­du­ell und bedürf­nis­ori­en­tiert zu gestalten.“

Die Auf­ent­hal­te sind daher so kon­zi­piert, dass jede Fami­lie die Zeit auf der Son­nen­in­sel nach ihren eige­nen Bedürf­nis­sen gestal­ten kann – sei es als Pau­se zwi­schen den Behand­lungs­zy­klen oder als bewuss­te Aus­zeit, um ein Stück Nor­ma­li­tät zurück­zu­ge­win­nen. Es geht dar­um, die Scheu­klap­pen‘ von der Behand­lungs­zeit zu öff­nen, den Blick zu wei­ten und wie­der zu sehen, was das Leben noch alles zu bie­ten hat. Den Fokus wie­der auf das Leben rich­ten“, das sei wich­tig, so Kren. Es geht nicht dar­um, ein vor­ge­fer­tig­tes Pro­gramm abzu­spu­len, son­dern den Men­schen einen Raum zu bie­ten, in dem sie sich selbst und ihre Bedürf­nis­se in den Vor­der­grund stel­len kön­nen“, berich­tet Weber. Die klei­nen Gäs­te kön­nen dabei krea­tiv wer­den, sich beim Tur­nen aus­to­ben oder die Natur rund um den Wal­ler­see erle­ben. Und auch für die Fami­li­en und Ange­hö­ri­gen ist eini­ges gebo­ten: Ob krea­ti­ve Work­shops, erhol­sa­me Aus­flü­ge oder the­ra­peu­ti­sche Beglei­tung – hier fin­den die Fami­li­en die Mög­lich­keit, Kraft zu tan­ken und ein­fach wie­der Fami­lie zu sein. Dazu gibt es ein viel­fäl­ti­ges The­ra­pie­an­ge­bot, das als Bau­stein im Rah­men des Gesamt­an­ge­bots ver­stan­den wird: Es gibt die Mög­lich­keit für psy­cho­lo­gi­sche Gesprä­che, Ergo­the­ra­pie, Phy­sio­the­ra­pie – also für alles, was spe­zi­ell ange­schaut oder bear­bei­tet wer­den muss“, so Weber.

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Die Sonneninsel bietet Familien ein Zuhause auf Zeit. Die Gäste sind dankbar.

Dabei zeigt sich das Team der Son­nen­in­sel ideen­reich und bie­tet unter ande­rem Mas­sa­gen für Ange­hö­ri­ge an. In die­ser Zeit redu­ziert man sich oft nur auf Funk­tio­nie­ren‘ und Über­le­ben‘“, berich­tet Maria Weber. Wenn die Ange­hö­ri­gen zur Ruhe kom­men, bricht oft etwas auf, was sie die Zeit zuvor unter­drückt haben. Daher befin­det sich der Mas­sa­ge­raum direkt neben einem Gesprächs­zim­mer, sodass sie anschlie­ßend mit einer Psy­cho­lo­gin spre­chen können.“

Beson­ders wich­tig sei, dass auch Geschwis­ter­kin­der, Groß­el­tern und wei­te­re Ange­hö­ri­ge mit­kom­men könn­ten. Denn eine schwe­re Krank­heit betref­fe nicht nur den Pati­en­ten, son­dern das gesam­te sozia­le Umfeld. Oft ste­hen die Geschwis­ter im Schat­ten der Erkran­kung. Alles kon­zen­triert sich auf das erkrank­te Geschwis­ter­kind“, berich­tet Mar­ti­na Weber. Ger­ne erin­ner­te sie sich an Momen­te, wenn Geschwis­ter­kin­der das ers­te Mal sehr offen und ehr­lich über ihre Per­spek­ti­ve spre­chen: Es ist so natür­lich, wie sie das tun. End­lich dür­fen sie mal dar­über spre­chen, weil es oft nicht ange­spro­chen wird. Das ist sehr berührend.“

Dass das Haus exis­tiert, ver­dankt sich aus­schließ­lich Spen­den, denn öffent­li­che Gel­der sind der Ein­rich­tung bis­her nicht zuge­kom­men. Auch der Bau des Hau­ses, der zwi­schen 2010 und 2013 ins­ge­samt sechs Mil­lio­nen Euro kos­te­te, wur­de aus­schließ­lich durch groß­zü­gi­ge Spen­den ermög­licht. Die Finan­zie­rung bleibt für das Team der Son­nen­in­sel eine ste­ti­ge Her­aus­for­de­rung, da auch vie­le ande­re kari­ta­ti­ve Orga­ni­sa­tio­nen um Unter­stüt­zung wer­ben. Doch das Team setzt alles dar­an, die Mit­tel zu sichern: durch Fund­rai­sing, pri­va­te Spen­der­kon­tak­te und Koope­ra­tio­nen mit den Kin­der­krebs­hil­fe­or­ga­ni­sa­tio­nen aus Öster­reich, Bay­ern und Süd­ti­rol. Ehren­amt­li­che Hel­fe­rin­nen und Hel­fer, die sich um das Haus und das Gelän­de küm­mern, und enga­gier­te Prak­ti­kan­tin­nen und Prak­ti­kan­ten aus ver­schie­de­nen Stu­di­en­rich­tun­gen wie Päd­ago­gik, Psy­cho­lo­gie oder Sozi­al­ar­beit brin­gen Zeit, neue Per­spek­ti­ven und fri­sche Ideen ein. Es ist eine Her­aus­for­de­rung, sicht­bar zu blei­ben“, sagt Dani­el Kren. Aber wenn wir sehen, was für einen Unter­schied wir für die Fami­li­en machen, dann wis­sen wir: Jeder Ein­satz lohnt sich.“

2025 04 11 pb alb sonneninsel4 Foto: Susanne Schmidt
Die Sonneninsel bietet Familien ein Zuhause auf Zeit. Die Gäste sind dankbar.

Was die Son­nen­in­sel so beson­ders macht, sind nicht zuletzt die Men­schen, die hier arbei­ten. Mar­ti­na Weber beschreibt es fol­gen­der­ma­ßen: Es ist eigent­lich zweit­ran­gig, wel­che Pro­fes­si­on jemand hat. Was zählt, ist ein war­mes Herz, Mit­ge­fühl und die Fähig­keit, den Fami­li­en eine siche­re Umge­bung zu bie­ten.“ Vie­le Mit­ar­bei­ter bräch­ten bereits Erfah­run­gen mit schwe­ren The­men wie Krank­heit und Ver­lust mit. Es sei jedoch ent­schei­dend, eine Balan­ce zwi­schen Empa­thie und pro­fes­sio­nel­lem Abstand zu fin­den – und bei alle­dem ein gutes Herz, betont Weber: Nur so kön­nen wir das bie­ten, was die Fami­li­en wirk­lich brau­chen: einen Ort, an dem sie sich ver­stan­den und getra­gen fühlen.“

Geht man durch die Gän­ge der Son­nen­in­sel, hört man Bob­by­cars und Rol­ler fah­ren, Kin­der lachen und man sieht Eltern, die sich unter­hal­ten – und man ver­gisst für einen Moment, an was für einem Ort man gera­de ist – und dass alle klei­nen Gäs­te eine Geschich­te und ihr Gepäck“ zu tra­gen haben. Denn letz­ten Endes läuft das Leben wei­ter, wäh­rend man in einer par­al­le­len Welt lebt – die The­ra­pie­zei­ten, der Zeit­plan sind völ­lig anders“, so Mar­ti­na Weber. Auch sind Kin­der mit Krebs­er­kran­kun­gen oft ver­än­dert, fin­det Dani­el Kren: Die­se Kin­der, die eine Krebs­er­kran­kung über­lebt haben, haben eine Tie­fe, die man nor­ma­ler­wei­se nicht bei einem Kind sieht. Die haben Erfah­run­gen gemacht, die einen tief prä­gen. Sie muss­ten in die­ser Zeit schnell erwach­sen wer­den und viel über­sprin­gen, was eigent­lich nicht sein sollte.“

Aber gera­de hier setzt das Zen­trum an: Es bie­tet ein Zuhau­se auf Zeit, dass den Fami­li­en etwas Nor­ma­li­tät zurück­gibt und die Kin­der in die­sen Tagen ein­fach Kin­der sein lässt. Wer drau­ßen“ vor allem als
Pati­ent, Kran­ker und Schwa­cher wahr­ge­nom­men wird, ist hier ein­fach ein lachen­des, spie­len­des Kind, das für ein paar Momen­te alles ande­re ver­ges­sen darf.

Schmidt Susanne

Susanne Schmidt

Bischöfliche Pressesprecherin

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