Die Kirche geht durch stürmische Zeiten, und zwar nicht nur, weil sich einzelne Kirchenmänner schwerer Vergehen schuldig gemacht haben. Es ist vielmehr so, dass der Glaube als solches mehr und mehr erodiert – die Botschaft Jesu hat es nicht leicht in unserer modernen Welt. „Umso schöner, dass es trotzdem nach wie vor Menschen gibt, die sich ansprechen lassen, die sich angezogen fühlen“, so Bischof Dr. Stefan Oster SDB bei der Zulassungsfeier für erwachsene Taufbewerber im Passauer Dom. Fünf Menschen haben sich in diesem Jahr entschlossen, den Bischof zu bitten, ihnen die Erlaubnis zu erteilen, sich an Ostern taufen zu lassen. Ein kleiner, intimer Kreis. Kein Wunder, hat die Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen es den Menschen doch nicht leicht gemacht, ihren Weg in eine Gemeinschaft zu finden, für die das persönliche Miteinander zu den elementarsten Grundlagen gehört. Und doch: Fünf Frauen und Männer haben den Ruf Jesu vernommen und sich gerade in dieser unsicheren, belasteten Zeit entschieden, ihm auch zu folgen. Sie alle verbindet nicht nur diese Entscheidung, sondern darüber hinaus auch, dass sie sich schon lang zum Glauben hingezogen fühlen. Sie sind über viele Jahre in die Gemeinschaft hineingewachsen – mit ihrem „Ja“ zur Taufe wollen sie ihre Zugehörigkeit nun auch offiziell bestätigen.
Die Gründe, warum die Katechumenen nicht schon früher getauft worden sind, sind vielfältig. Einige wuchsen unter politischen Regimen auf, die eine Taufe praktisch unmöglich machten; andere kommen aus fremden Kulturen, wurden in der Kindheit in anderen Religionen sozialisiert. Auch die eigene Familiengeschichte und das Verhältnis der Eltern zum Glauben spielte für einige eine Rolle.
Sie alle haben aber schon früh gespürt, dass der Glaube sie fasziniert und dass sie Jesus nahe sein möchten. Über einen längeren Zeitraum hinweg haben sie sich eingelesen, sich mit den Ortsgeistlichen und Pastoralreferenten ausgetauscht, Fragen gestellt, Erfahrungen gesammelt. Sie haben ihre Pfarrgemeinde kennengelernt, sich Jesus angenähert. Aufgrund der aktuellen Situation fand in einigen Pfarreien die Vorbereitung digital statt, andernorts traf man sich persönlich mit Maske und Abstand. Doch unabhängig davon, wie sich die Vorbereitung technisch gestaltete: Es war eine intensive Zeit, die den Glauben der Katechumenen wachsen und reifen ließ. Nun sind sie bereit für die Taufe – die Erlaubnis dazu hat Bischof Oster ihnen gern erteilt. Er selbst wird zwei der Bewerberinnen in der Osternacht im Dom taufen, die anderen werden den besonderen Anlass in ihren Heimatpfarreien begehen.
Saki Yoshidas und Hibiki Tsujis spirituelle Heimat ist seit mehreren Jahren Altötting. Die beiden aus Japan stammenden Musiker haben erst in Deutschland zum christlichen Glauben gefunden. In Japan haben sie zwar in Kirchen musiziert – doch diese waren eben nur der Rahmen für die eigene Tätigkeit. Darüber nachgedacht, wo er sich befindet, hat Hibiki Tsuji nicht, wie er erzählt. Doch in Altötting sind beide mit Menschen in Berührung gekommen, die selbst tief verwurzelt sind im Glauben. Sie haben sie eingeladen, mitgenommen, begeistert. Und so entstand der Wunsch, auch selbst Teil dieser Gemeinschaft zu werden. Vanessa Czura ist die jüngste der fünf Taufbewerberinnen. „Meine Mutter ist katholisch, doch sie wollte, dass ich einmal selbst entscheide, welchen Glauben ich annehme“, erzählt sie. Schon als Kind war sie im Religionsunterricht, fühlte sich durchaus vom christlichen Glauben angezogen. Doch erst später, in der Zeit des Studiums, hat sie sich eingelesen, auseinandergesetzt, eingelassen. Und für sich entschieden, dass es der richtige Ort für sie ist. Nela Träger ist in Tschechien aufgewachsen – die meisten aus ihrer Familie sind katholisch, doch eine Taufe kam zum Zeitpunkt ihrer Geburt aus politischen Gründen nicht in Frage. So ist sie zwar mit christlichen Werten aufgewachsen, ganz dazuzugehören blieb aber lange ein unerfüllter Herzenswunsch. Franziska Schmal kam nach der Wende nach Bayern. Ihr Mann ist Katholik, die Kinder getauft und auch sie wusste schon lange, dass sie sich im katholischen Glauben zuhause fühlt. Erst ein dramatisches Ereignis – kurz nach der Geburt schwebte ihr kleines Mädchen in Lebensgefahr – ließ sie jedoch wirklich fühlen, welchen Halt ihr der Glaube gibt. Das Wunder, das sie erlebt hat, besiegelte ihren Wunsch, sich taufen zu lassen.
Bischof Oster dankte allen Bewerberinnen und Bewerbern dafür, dass sie ein offenes Ohr hatten für die Botschaft Jesu, dass sie bereit sind, sich von ihm leiten zu lassen. Große, schöne Momente, betonte er in seiner Predigt, zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine große Anziehung ausüben, das Gefühl vermitteln, für das, was geschieht, ganz persönlich erwählt zu sein und dass sie den Wunsch auslösen, das Unbegreifliche, das man selbst erlebt hat, auch an andere weiterzugeben. Er wünschte den Katechumenen, dass ihr Weg zur Taufe von allen drei Elementen geprägt sein möge. Gerhard Eckmüller, der als Referent für Sakramentenpastoral seit vielen Jahren die Vorbereitungsfeier gestaltet, ging auf den Ort ein, an dem die Feier stattfand. „Der Dom ist im Moment ja leider eine Baustelle“ – fast entschuldigend wies er auf die deckenhohen Gerüste, „aber er ist damit auch ein Symbol dafür, dass in der Kirche viel in Bewegung ist. Die Kirche verändert sich, erneuert sich, auch durch Menschen wie Sie, die sich ihr anschließen.“ Der Bischof dankte Eckmüller, für den es die letzte Vorbereitungsfeier vor seiner Pensionierung war, für sein Engagement und dafür, wie viele Menschen er auf ihrem Weg in den Glauben begleitet hat.