PASSAU. Gut, dass sich Martin Göth, heute Leiter von Shalom-Passau, in seiner Zeit bei den Regensburger Domspatzen nicht hat abschrecken lassen. Mit seiner 1975 gegründeten Band „Tank“ rockte er beim Sommerfest ab und gestaltete Internatsgottesdienste mit „Rhythmischen Messen“, was der damalige Domkapellmeister Georg Ratzinger mit den Worten quittierte: „Oh mei, der Göth mit seiner Kaffeehausmusik.“
Der aus dem oberbayerischen Brannenburg gebürtige Martin Göth machte weiter – als Musiker, Komponist und Liedermacher. Was ihm aber in den siebziger Jahren nicht nur Beifall einbrachte. Manche sahen in ihm einen „Rebellen“, zum Beispiel als er mit den „Musikszenen Ave Eva“ in Oberbayern unterwegs war. Bei der Aufführung demonstrierten 400 Leute gegen den „Gotteslästerer Göth“ mit einem Sühnealtar vor dem Aufführungsort. Und als er während seines Theologiestudiums in Passau mit der „Klosterberger Band“ sein erstes Musical „Die Entscheidung“ aufführte, lieh er sich von einem Bestattungsunternehmen als Requisit einen Sarg aus. Prompt kursierte gleich darauf in der Pfarrei Passau-St. Peter das Gerücht, der Pfarrer sei verstorben, der sich aber bester Gesundheit erfreute.
Wer bin ich? Was ist der Sinn des Lebens? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Gibt es einen Gott? Wie ist dieser Gott? Welche Religion ist die Richtige? Fragen über Fragen, die Martin Göth schon früh beschäftigten. Aufgewachsen ist er in einem guten katholischen Elternhaus. Kein Wunder, dass der Bub „gerne Pfarrer spielte“. Er hatte einen kleinen Kelch und eine beige Decke als Priestermessgewand. Ihn interessierten die biblischen Geschichten, vor allem die Jesus-Geschichten. Später blieben leidenschaftliche Diskussionen mit den Eltern nicht aus. In der Rückschau spricht Martin Göth seinerseits von einer „radikalen Einstellung, ich war besserwisserisch, belehrend, ein wenig fanatisch unterwegs. Ich glaubte, das ‚richtige‘ Christentum zu leben.“
Im März 1981 dann die Geburtsstunde der „Musikgruppe Shalom“. Martin Göth: „Man kann sagen, dass der Bandname ‚Shalom‘ für uns nicht nur Frieden, sondern Programm war und ist.“ Denn: „In diesem Begriff steckt das von Jesus angekündigte Leben in Fülle.“ So spielte die Gruppe in den vergangenen 40 Jahren viele Konzerte für Frieden und soziale Gerechtigkeit, gegen Rassismus und Rechte Gewalt und gegen Antisemitismus.
Dass Musik auch in die Gesellschaft hinein wirkt, steht für den Liedermacher außer Frage: „Shalom war maßgeblich daran beteiligt, dass das sogenannte ‚Neue Geistliche Lied‘ in der Diözese Passau trotz massiver Widerstände Fuß fassen konnte und heute eine nicht mehr wegzudenkende Selbstverständlichkeit ist.“
„Shalom“ besteht seit 1981 in wechselnden Besetzungen, geblieben ist der Anspruch, den der Leiter so skizziert: „Mit unserer Musik, unseren Texten und Auftritten wollen wir Menschen berühren, zum Nachdenken anregen und Lebensfreude schenken.“ Und dann kommt ein Satz, der sich wie ein roter Faden durch den Weg der Passauer Musikgruppe zieht:
„Uns ist die Verkündigung durch unsere Lieder und Texte von einem liebenden, gütigen, barmherzigen Gott wichtig, der für uns Menschen das Heil will; der uns ein Leben in Fülle schenkt, hier auf dieser irdischen Welt, aber auch danach.”
1991 waren die Anfragen so groß, dass eine Entscheidung getroffen werden musste: Große Musicals, Konzerte und Liederabende für Jugendliche und Erwachsene oder Kindermusik? Martin Göth entschied sich für die „Kindermusikschiene“. Ohne Umschweife gibt er zu: „Da ich kein guter Texter bin, bin ich froh und dankbar, dass ich Texter gefunden habe, die mit mir zusammenarbeiten.“ Hier nennt er die Namen Helmut Degenhart, Rolf Krenzer und Paul Weininger. Beim Komponieren ist das anders: „Ich finde in einem Buch, Kalender, einer Zeitung, auf einer Karte, in der Bibel, bei den herkömmlichen Messtexten eine Stelle, die mich anspricht. Einige Male war sofort beim Lesen eine Melodie im Kopf, die zu hundert Prozent zu dem vorliegenden Text passt. Es gibt aber auch Tage, da verlasse ich frustriert und ohne Ergebnis das Klavier. Dann muss man Geduld haben, bis einen die Muse küsst.“
Für einen Ruheständler schaue er noch jung aus, sagen Leute, die Martin Göth kennen. 37 Jahre stand er im Dienst der Kirche von Passau als Pastoralreferent. Stationen: Passau-St. Anton, Jandelsbrunn und Dekanatsassistent im Stadtdekanat Passau mit halber Stelle – und die andere halbe Stelle als Referent für Religions- und Weltanschauungsfragen der Diözese. Hier hatte er mit dem interreligiösen Dialog und etlichen Sekten zu tun.
Auch wenn er sich aktuell im vorgezogenen Ruhestand befindet: Religion und Spiritualität gehören zu seinem Lebenskreislauf. Das schlägt sich auch in seinen Liedern und Auftritten nieder: „Es macht mir große Freude, zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen zu musizieren.“ Dabei trägt ihn ein Grundgedanke: „Gott um seiner selbst willen loben und lieben.“
Auf seinem Sterbebild, erzählt Martin Göth im Gespräch mit dem Passauer Bistumsblatt und zitiert dabei Psalm 104,33, solle einmal stehen: „Ich will dem Herrn singen solange ich lebe, ich will dem Herrn spielen solange ich bin.“
Zukunft in Corona-Zeiten
80 Kinderkonzerte und 30 Seminare ausgefallen
Eigentlich wollte Martin Göth in der beruflichen Freistellungsphase „musikalisch voll durchstarten“. Doch die Corona-Pandemie machte ihm – wie vielen – einen Strich durch die Rechnung. Dadurch sind im vergangenen Jahr 80 Kinderkonzerte und über 30 Seminare und Fortbildungen ausgefallen.
Doch der Musiker, Komponist und Liedermacher schaut nach vorne. Vieles ist in Vorbereitung:
- „Zeit zum Ernten – Zeit zum Danken“ – ein Materialbuch zur herbstlichen Erntezeit.
- „Felizitas feiert Erntedank“ – Ein Bilderbuch.
- „Viva Giovanni – ein Familienmusical“ – Materialbuch.
- „Samy, das schwarze Schaf – ein tierisches Weihnachtsspiel.“
- „Mit Jesus auf(er)stehen“ – Materialbuch zur österlichen Zeit (2022).