„Über siebzig wilde Pferde mit Fohlen auf den Bergwiesen hoch über der Stadt sehen.“ „Franziskanerinnen besuchen und mit ihnen über ihr Leben reden.“ „Jeden Abend miteinander Musik machen.“ – Die Antworten auf die Frage, was das schönste Erlebnis in Assisi war, fällt ganz unterschiedlich aus. Studierende waren eine Woche lang mit dem Schulreferat des Bistums und dem Department für Theologie der Universität Passau auf den Spuren des heiligen Franziskus unterwegs.
Am Pfingstmontag um 4.30 Uhr steht der Bus vor der Universität Passau und fünfundreißig angehende Religionslehrerinnen und ‑lehrer machen sich auf die Reise nach Italien. „Es ist uns wichtig, dass es mehr als eine touristische Reise und mehr als eine Studienexkursion ist“, sind sich die Organisatoren der Fahrt, Andreas Paul vom Schulreferat sowie Prof. Hans Mendl und Rudolf Sitzberger vom Lehrstuhl für Religionspädagogik, einig. Deswegen dürfen die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle selbst die Fahrt mitgestalten.
Jeder übernimmt dazu einmal die Rolle des Reiseleiters und erklärt den Mitreisenden einen der besuchten Orte und seine Bedeutung: Die Kathedrale San Franceso mit dem Grab von Franziskus, das Kloster San Damiano, das eng mit dem Leben der heiligen Klara verbunden ist, oder die Legende des Heiligen mit dem Wolf von Gubbio. Auf diese kurzen Vorträge sind alle gut vorbereitet, weil sie bereits daheim eine schriftliche Studienarbeit dazu verfasst haben.
Für Prof. Hans Mendl lohnt sich der Aufwand, für ihn steht fest: „Eine solche Exkursion ist zwar äußerst aufwändig, aber gleichzeitig sehr ertragreich: Die Studierenden tauchen eine Woche intensiv in die Lebens- und Glaubensfragen des Franz von Assisi ein.“ Für Rudolf Sitzberger, der ebenfalls seitens der Universität die Fahrt begleitet, ist es ein großer Unterschied, ob die Studierenden in den Vorlesungen etwas über den heiligen Franz hören „oder ob sie die Gelegenheit bekommen, ihm im Erleben vor Ort nachzuspüren. Man entdeckt vieles ganz neu, wenn man genau dort ist, wo Franziskus gewirkt hat.“
Damit es nicht nur eine Reise in die Vergangenheit ist, wird auch immer wieder die Frage gestellt, ob und wie das Leben des heiligen Franz und der heiligen Klara heute noch wirken. Um dieser Frage nachzugehen, gibt es ein Treffen mit den Franziskanerinnen von Sießen, die vor Ort im „Haus des Friedens“ (casa della pace) leben und junge Menschen zum Mitleben einladen. „Für mich war Franziskus immer nur eine Figur aus der Vergangenheit. Dass heute noch Frauen und Männer nach seinen Idealen ganz ohne eigenen Besitz leben, war mir nicht klar“, meint eine Studierende nach dem Besuch bei den Schwestern – „und dass sie dabei offensichtlich so viel Lebensfreude haben, damit habe ich nie gerechnet“, ergänzt eine Zweite.
Nach dem Besuch bei den Schwestern geht es zurück in die Unterkunft, es ist eine einfache Bleibe direkt auf dem Weg von der Stadt Assisi zur Einsiedelei von Carceri, in die sich Franziskus zurückzog, wenn er Stille suchte. Weil die Unterkunft früher ein Hospiz für Pilger war, verfügt das heutige Gästehaus über eine eigene Kapelle und diese wird von der Gruppe fleißig genutzt. Jeder Tag wird gemeinsam in der Kapelle begonnen und beendet. Es soll eben mehr sein als eine Studienexkursion, es soll Platz sein für Stille, für gemeinsames Gebet und Gottesdienst.
„Das ist die schönste Seite vom Studium, man lernt das, was man später als Religionslehrer brauchen kann, und es macht Spaß“, meint eine Studierende, mehr Zeit für ein Interview bleibt nicht, denn die anderen warten nach einem erlebnisreichen Tag schon im Gruppenraum zum gemeinsamen Musik machen. Die Leitung bucht einstweilen die Unterkunft für die nächste Fahrt in zwei Jahren, auf die sich die nächsten Studierenden freuen werden.
Text: Andreas Paul