Passaus Bischof Stefan Oster SDB ist sich sicher: „Ich glaube, die Kirche wird umso katholischer je synodaler sie wird“, sagte er bei einem Vortrag mit anschließender Diskussion zum Thema „Für eine synodale Kirche – Einblicke aus erster Hand“ am 16. Januar im „Haus der Begegnung Heilig Geist“ in Burghausen. Doch wie diese Kirche aussehen wird und was der von Papst Franziskus angestoßene Prozess praktisch bedeutet in den Pfarreien vor Ort, werde sich erst noch zeigen müssen.
Von Burghausen bis nach Rom sind es dann doch ein paar Kilometer und dort angekommen, ist es nicht ganz so einfach, mal kurz in den Vatikan zum Papst zu spazieren, um mit ihm über die synodale Kirche zu plaudern. Wer weiß, vielleicht würde Franziskus so ein spontanes Gespräch sogar Freude bereiten. Zumindest war es ihm für die Weltsynode ein großes Anliegen, die Stimmen der „einfachen Gläubigen“ zu sammeln. Neu war ja u.a. auch die Beteiligung von Laien, wie Bischof Oster ausführt, der bei der dritten Etappe der Weltsynode im Oktober 2023 als einer von fünf deutschen Bischöfen in Rom mit dabei war. Und jetzt ist es eben seine Aufgabe, die Ergebnisse des Treffens wieder mit nach Hause zu bringen – in einem Fachvortrag, den er gut gelaunt mit ein paar Anekdoten anreichert: „Okay, das Bistum Passau ist nicht der Nabel der Welt“, schildert er seine Gedanken nach einem Gespräch mit dem Bischof der 15 Cookinseln, die sich immerhin über eine Wasserfläche von rund 2,3 Millionen Quadratkilometer verteilen. Man merkt ihm an, dass er gerne über „das große Erlebnis Weltkirche“ erzählt. Allerdings gibt er auch zu: Wie die synodale Kirche nun konkret vor Ort in den Pfarreien umgesetzt werden könne, sei noch nicht so ganz klar. Das Thema ist halt groß – so wie eben auch die Weltkirche. Und die Synode ist noch lange nicht vorbei: im Oktober dieses Jahres wird eine zweite Versammlung folgen und erst 2025 ist mit einem Abschlussdokument des Papstes zu rechnen. Bischof Oster ist es wichtig, hierbei wirklich „in die Tiefe zu kommen – und nicht nur die eigene Meinung rauszuhauen“.
Doch allmählich bilden sich Mittel und Wege, wie große Entfernungen – ob geografisch, kulturell oder inhaltlich – überwunden werden können. Auch das zeigt dieser Abend. Denn neu ist ja vor allem die Methode, wie die Fragen und Anliegen der Gläubigen an die Kirche diskutiert werden: ungezwungen und ohne strenge Hierarchie an Tischen in kleinen Gruppen mit zwölf Teilnehmern, die immer wieder wechseln – mit kurzen dreiminütigen Statements – mit Schweigeminuten dazwischen – und ganz wichtig: durch Zuhören. Eine Methode, die auch die Bischöfe erst einmal in Exerzitien vor der Versammlung in Rom hätten einüben müssen, wie Bischof Oster erzählt. „Der Protagonist der Synode ist der Heilige Geist“, betont er und erklärt: Gerade das Hören auf den Anderen sei anstrengend. „Ein Fortschritt ist auf jeden Fall, dass noch auf keiner Synode zuvor so offen über Konfliktthemen gesprochen worden ist“, resümiert der Bischof.
Auch das Publikum in Burghausen übt an diesem Abend, der mit einem Gebet beginnt und auch endet, die synodale Kirche: Nach dem Vortrag lädt die Referentin im Haus der Begegnung, Brigitta Neckermann-Lipp, erst einmal zu drei Schweigeminuten ein. Erst dann leitet sie über zur Frage- und Diskussionsrunde:
- Wo bleibt die Transparenz, wenn die Synodenteilnehmer hinter verschlossenen Türen diskutieren? – Es habe durchaus Pressepodien gegeben, auf denen allgemein über das Treffen berichtet worden sei, antwortet Bischof Oster. Dies aber nach bestimmten Regeln, etwa ohne Namen zu nennen. Gerade dieser „geschützte Raum“ sei Voraussetzung gewesen für die offenen Gespräche, die geführt worden seien. Vor allem habe dieser vor einer Politisierung und dem daraus resultierenden medialen Echo geschützt.
- Ob es bald keine römisch-katholische, sondern eine synodal-katholische Kirche geben werde und ob die dann überhaupt noch katholisch sei, ist eine besorgte Frage aus dem Publikum. – Hier antwortet Bischof Oster sehr resolut und überzeugt: Synode und Kirche seien keine Gegensätze, sondern gehörten grundsätzlich zusammen. Während wir Menschen Vorurteile hätten, sei Jesus die „absichtslose Liebe“, zu der er auch uns befreien wolle. Bei der Synode gehe es um Begegnung und: „Gerade wir Christen müssten doch eigentlich die großen Beziehungs-Spezialisten sein“, betont der Bischof. Sonst bleibe alles wie gewohnt: „Wir lösen die Tradition nicht auf in einer erneuerten Kirche“, stellt Bischof Oster klar.
- Schafft die Synode die katholische Hierarchie ab? – „Das größte Problem, das wir in der Kirche haben, ist der Machtmissbrauch“, antwortet Bischof Stefan Oster. Und dies sei vor allem ein spirituelles Problem. Die Synode könne gerade aufgrund ihrer Methode helfen, dass wir „wirklich Hörende und dadurch heiler und heiliger werden“.
Die grundsätzliche Verfasstheit der Kirche aber bleibt, das hat der Bischof bereits zuvor in seinem Vortrag erklärt. Zwar sei noch offen, wie Synodalität und Teilhabe rechtssicher integriert würden, fest aber steht: Am Ende der Synode entscheidet der Papst was im Abschlussdokument stehen wird. - „Das Zusammensitzen an Tischen – hat das bei Ihnen etwas ausgelöst?“ – „Ja, natürlich“, antwortet Bischof Oster. Gerade diese Art des Kommunizierens auf Augenhöhe sei wichtig auch in Bezug auf die Frage nach Macht und Autorität: „Will ich selber glänzen und andere kleinhalten – oder will ich andere neben und mit mir wachsen lassen?“ Letzteres sei das Entscheidende und eben dies fördere die Synode.
Zur Methode des Zuhörens erläutert der Bischof auch: Diese hänge viel mit dem Gebet zusammen. „Haben wir gelernt in die Stille zu gehen? Gott zu hören? Wer nicht zuhören kann, der kann auch nicht im tiefen Sinne beten“, so Bischof Oster. - In Afrika etwa wächst die Kirche: Liege das nicht vielleicht daran, weil dort die Realpräsenz Jesu in der Feier der Eucharistie noch wirklich geglaubt und gelebt werde? – Hier seien die Unterschiede zu Deutschland vor allem kultureller Art, antwortet Bischof Oster. Die „junge Kirche“ in Afrika etwa sei sehr viel lebendiger als die „alte Kirche“ in Europa und sie sei gerade erst dabei die ethisch-moralischen „Segnungen der Kirche“ zu implementieren – Stichwort „Polygamie“.
- Wieso die Ablehnung der Beschlüsse des deutschen Synodalen Wegs in Frankfurt in Bezug auf die Einrichtung eines Synodalen Ausschusses, der einen Synodalen Rat vorbereiten soll, in dem Bischöfe und katholische Laien gemeinsam über mögliche Reformen beraten? – Hierzu wiederholt Bischof Oster seine bereits öffentlich geäußerten „starken inhaltlichen Bedenken“, ebenso seine Kritik, dass der geplante Rat in weiten Strecken nicht mit dem weltweiten Synodalen Weg mitgehe; außerdem sei seine Ablehnung ein „Akt des Gehorsams“ gegenüber dem Papst, der diese Einrichtung ebenfalls ablehne.
- Stichwort „Verarmung der Seelsorge vor Ort“ – wie kann der Synodale Weg hier Hoffnung geben? – An dieser Stelle kritisiert Bischof Oster eine zu starke Fixierung der Leute auf die Priester und Hauptamtlichen der Kirche. Gerade die sogenannten „einfachen Gläubigen“ hätten kaum gelernt über ihren eigenen Glauben zu sprechen. Dabei sei dies eigentlich sehr einfach: „Gott liebt uns und hat einen Plan für jeden Einzelnen – dann kam die Sünde dazwischen – Jesus will uns zum Vater zurückführen – bitte geh hinaus und sag das den Anderen …“
„Was mich trägt, ist der Glaube: Jesus ist da und Jesus bleibt da“, betont Bischof Oster am Ende der Diskussion.
Das letzte Wort des Abends zur Zukunft der Kirche aber hat ein Zuhörer aus dem Publikum: „Solange zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind …“ werde die Kirche weiterleben – da mache er sich überhaupt keine Sorgen. Ein Schlusswort, dem auch Bischof Oster unkommentiert und offensichtlich gerne zuhört.
Michael Glaß
Readkteur