Nach der III. Vollversammlung des Synodalen Wegs im Frühjahr, bei der erstmals endgültige Texte abgestimmt wurden, die dort auch die nötigen 2/3‑Mehrheiten aller Teilnehmer und auch der Teilnehmer aus der Bischofskonferenz erhalten hatten, war man gespannt, ob sich dies auch auf der IV. Vollversammlung fortsetzen würde, an welcher Papiere diskutiert werden sollten, die bekanntermaßen unter den Bischöfen teilweise umstritten waren – wie die Grundtexte des Forums IV zur Sexualmoral „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ und des Forums III „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“. Ich bin aufgrund der Erfahrungen aus dem Frühjahr eher optimistisch gestimmt nach Frankfurt gereist.
Am Donnerstag-Nachmittag war der erste größere Punkt auf der Tagesordnung die Behandlung des Grundtextes aus dem Forum IV. Nach den Behandlungen der Vorschläge der Antragskommission wurde schließlich über den Gesamttext abgestimmt. Und zur großen Überraschung erreichte der Text zwar die deutliche Mehrheit der Teilnehmer (82,81 %) und auch der Bischöfe (61,11 %, 33 pro, 21 contra, 3 Enthaltungen) verfehlte damit jedoch die 2/3‑Mehrheit der Bischöfe, die für die Annahme des Textes notwendig war. Der Text und die Arbeit daran in den Foren und Vollversammlungen über die vergangenen Jahre hinweg ist damit endgültig verloren. Einzige Möglichkeit, wie dieser zumindest noch teilweise gerettet werden kann, ist nun über die Verwendung einzelner Passagen in den sogenannten konkreten Handlungstexten.
Nach dieser Abstimmung war bei den Mitgliedern der Vollversammlung und auch bei mir die Enttäuschung doch sehr groß. Einzelne Mitglieder verließen die Vollversammlung, weil sie sich durch die Ablehnung persönlich angegriffen fühlten, andere protestierten gegen die Entscheidung noch während der Versammlung. Besonders auf Missfallen stieß die Tatsache, dass sich viele der Bischöfe vor dem Votum nicht inhaltlich zum Text geäußert hatten und dann aber mit Nein stimmten. Dies wurde als ein „ins Messer laufen lassen“ empfunden.
Nach diesem Tiefschlag wurden an diesem Tag keine weiteren Texte mehr abgestimmt und dieser nur noch zur Aussprache genutzt. Der Folgetag begann dann mit Appellen des Präsidiums, zusammenzubleiben und weiterzuarbeiten.
In der Folge kam es zur Diskussion des Grundtextes des Forums III („Frauen“). In der Diskussion zeigten sich nun doch deutlich klarer die Positionen der ablehnenden und zustimmenden Teilnehmer insbesondere unter den Bischöfen. Dies war wohl die Folge des vorstehend beschriebenen Problems vom Vortag. Nachdem alle Änderungsanträge behandelt worden waren, wurde die Sitzung nochmals unterbrochen und die Bischöfe zogen sich nochmals zur Abstimmung zurück. Nach der Unterbrechung wurde abgestimmt und der Grundtext Frauen mit großen Mehrheiten sowohl der ganzen Vollversammlung aber auch der Bischöfe angenommen. Dies dürfte der Höhepunkt des vergangenen Wochenendes gewesen sein. Hier wird erstmals auch von einer Bischofskonferenz mehrheitlich gefordert, die Rolle der Frau in der katholischen Kirche zu überdenken – auch im Hinblick auf die Weiheämter. Der Text wird als Diskussionsvorschlag von den Bischöfen in die weltkirchliche Diskussion eingebracht und auch bei den anstehenden Ad-Limina-Besuchen in Rom vorgelegt werden.
Nach dem Tiefschlag am Donnerstag-Nachmittag wurden noch zwei Handlungstexte aus dem Forum IV („Sexualmoral“) zur „Lehramtlichen Neubewertung von Homosexualität“ und zur „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ in zweiter Lesung und damit endgültig mit den notwendigen 2/3‑Mehrheiten angenommen, ebenso wie Verstetigung der Synodalität in Deutschland durch die beschlossene Schaffung eines Synodalen Rates und vorübergehend eines synodalen Ausschusses. Letzteres war für die synodale Weiterarbeit an den noch offenen Themen sehr bedeutend.
Nach dem Tiefpunkt der Zusammenarbeit am Donnerstag-Abend und dem Hochgefühl über die getroffenen Entscheidungen am Freitag-Mittag bin ich weiter sehr zuversichtlich und gedämpft optimistisch, dass die erarbeiteten Ergebnisse des Synodalen Weges die katholische Kirche in Deutschland, aber auch universell, deutlich nach vorne bringen werden. Diese Zuversicht speist sich zum einen aus der erdrückenden und nahezu einstimmigen Überzeugung der nicht-bischöflichen Teilnehmer des Synodalen Weges zu den heute notwendigen Reformen in der Kirche und der Tatsache, dass auch immer mehr Bischöfe dies genau so sehen. Aber es bleibt weiter spannend. Wir müssen daher an der Arbeit dran bleiben …
Markus Biber
Betrieblicher Datenschutzbeauftragter