Meine beiden sind mir vor kurzem zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder in die Hände gefallen.
Das Blättern darin wird zum Eintauchen in die Vergangenheit. Es ist ein Spaß und macht nachdenklich. Meine beste Freundin Daniela hat am 26. Oktober 1978 reingeschrieben: „Wenn Menschen dich verlassen, das Glück wie Glas zerbricht, so musst du Gott umfassen, denn er vergisst dich nicht!“ Daniela hat mich nicht verlassen, wir sind immer noch in gutem Kontakt, Gott sei Dank! Unser früherer Mitschüler Karl-Heinz ist dagegen schon seit Jahren tot. Am 16. Oktober 1981 hat er in mein Album geschrieben: „Wenn du einst nach langen Jahren nimmst dein Album in die Hand, denk daran, wie froh wir waren auf der kleinen Schülerbank.“ Als hätte er es geahnt, wie kostbar und zerbrechlich das Glück ist, wie kurz das Leben sein kann.
Sehr viel Mühe haben sich meist die Lehrer mit ihren Einträgen gegeben. Mein Religionslehrer aus der 1. Klasse (!) in Hohenau hat ein farbenfrohes Bild mit leuchtenden Narzissen zu seinem Eintrag vom März 1977 geklebt. Er schrieb ein Zitat von Hermann von Bezzel: „Wer die Liebe zu Gott hat, der hat den Frühling, der in alle Ewigkeit fortgrünt.“
Sofort taucht vor mir das Bild des jungen Pädagogen mit dem dunklen Vollbart auf, der uns staunenden Abc-Schützen mit der Gitarre temperamentvoll von Gott erzählte. Der mitreißende Pastoralpraktikant und angehende Priester von damals ist heute Pfarrer im Pfarrverband Iggensbach: Anton Pius Vollath.
Zwei Seiten weiter steht der Pfarrer, bei dem ich in der 3. Klasse zur Erstkommunion ging: Adolf Fritscher, jetzt Seelsorger in Stammham. „Wenn man die Menschen liebt, lernt man Gott lieben.“ – Dieses Zitat von Charles de Foucauld hat er in mein Album eingetragen. Und zwei Fotos dazugeklebt, in denen es um Nächstenliebe geht. Bilder meiner Erstkommunion laufen ab: die Vorbereitung mit Pfarrer Fritscher, die Aufregung am großen Tag, der Stolz auf das Kleid, das meine Mama selbst genäht hatte. Das Fest war richtig schön, weil sich der Tamtam nebenher in Grenzen hielt. Anders, als das heute oft der Fall ist.
Beim Blättern stoße ich auf den Eintrag von Pfarrer Konrad Prinz, meinem Religionslehrer am Freyunger Gymnasium. Er ist schon verstorben, aber ich erinnere mich gern daran, wie er in der 12. Klasse mit Enthusiasmus unsere Abiturfahrt nach Rom begleitete. Er hat uns Schülern nicht nur das Innenleben zahlreicher Kirchen erläutert, sondern auch vermittelt, wie schön es ist, gemeinsam unterwegs zu sein.
Nun ist beim Blättern in den Poesiealben mein Schülerleben vorbeigezogen. Wie ich feststelle, sind viele Tipps fürs Leben und gut gemeinte Wünsche Wirklichkeit geworden. Die Prophezeiung, die meine Schulfreundin Annemarie am 7. März 1977 ins Album geschrieben hat, ist jedoch zum Glück nicht eingetreten: „Liebe Ursula, sei so schlau, werde niemals eine Frau. Vor der Hochzeit pflückst du Rosen, nach der Hochzeit stopfst du Hosen!“